Donnerstag, 18. Dezember 2014

16. Spieltag: Hamburger SV - VfB Stuttgart 0:1

Die Defensive wird langsam. Der VfB setzt seinen kleinen Positivtrend im Spiel gegen den Ball fort und bleibt zum ersten Mal seit drei Monaten ohne Gegentor.

Breitere Spitzen, Flexiblere Außen


Formationen
Ein Teil dieser Verbesserung lag im Verhalten der Doppelspitze begründet. Gegen den HSV setzte Stevens in vorderster Linie auf das Duo Maxim-Harnik, das sich schon mitverantwortlich für die gute Pressingleistung gegen Frankfurt gezeigt hatte. Die beiden staffelten sich horizontal und pendelten jeweils zwischen dem abkippenden Behrami und einem Innenverteidiger. Sie waren in der Ausführung recht intensiv und schafften es damit, mehr Druck auf den gegnerischen Spielaufbau auszuüben als in den bisherigen Partien unter Stevens. Zwar hatte Hamburg immer noch Überzahl in der ersten Linie und konnte nach Verlagerungen auch über Vorstöße der Innenverteidiger aufrücken, aber Harnik und Maxim schoben diszipliniert auf den Flügel nach und nahmen Cleber und Djourou damit die Optionen ins Zentrum. Es gab einige Szenen, in denen die Hamburger damit auf den Flügeln isoliert werden konnten.

Darüber hinaus wirkten auch einige hausgemachte Störfaktoren, die dem HSV das Aufbauspiel erschwerten. Teilweise fehlte zwischen dem tiefen Behrami und dem umtriebigen van der Vaart die Präsenz im Mittelfeld und damit die Verbindungen zum Offensivquartett. Manchmal blockierten die beiden auch Passwege in den ballfernen Halbraum, wenn sich dort der Außenspieler anbot, indem sie sich nicht öffnend genug bewegten. Die Offensivreihe konnte damit nicht richtig einbezogen werden, meist fielen die Außenspieler zurück, konnten aber einfach von den Außenverteidigern verfolgt werden, da Klein und Hlousek, wenn nötig, aufmerksam mit Marcos und Diekmeier mitgingen. Ergänzend dazu gab es auch individuelle Probleme, insbesondere Djourou hatte spielerisch einen unglücklichen Tag mit vielen Unkonzentriertheiten.

Die Rolle der Stuttgarter Außenspieler, die schon gegen Mainz verbessert gewesen war, beschränkte sich allerdings nicht auf einfache Mannorientierungen, sondern wurde noch einmal flexibler ausgelegt. Wenn der HSV direkt durch die Mitte angriff, oder wenn der Außenspieler gerade ballfern war, rückten Klein bzw. Hlousek weit ein, und positionierten sich wie Halbspieler einer 4-3-1-2-Raute. Gute Kombinationsansätze zwischen Müller, Holtby und Rudnevs konnten damit aggressiv zugeschoben werden. Das ermöglichte es Romeu (ohne klare Mannorientierung, situativ übernahm er Holtby oder Müller) wiederum, manchmal etwas weiter herauszurücken und seine Antizipationsfähigkeiten abgesicherter einzubringen. Gentner war ebenfalls besser abgesichert, und füllte seine Rolle mitunter ungewohnt flexibel aus. Grundsätzlich spielte er mannorientiert gegen van der Vaart, löste sich aber auch in passenden Momenten und fügte sich passend in die Abläufe seiner Kollegen ein. Die seltenen Momente, in denen der HSV-Kapitän Gentner mal aus dem Weg ziehen wollte, blieben damit ineffektiv.

Die Entwicklung der Partie


Zu Beginn gab es beim HSV zwar auch schon Probleme, aber sie überspielten diese ganz gut mit ihrem Pressing, ihrer hohen Präsenz und dem anschließenden, sehr unangenehmen Gegenpressing. Damit bauten sie zunächst große Dominanz aus und erspielten sich gezielt Freiräume, über die sie erste Chancen herausarbeiten konnten. Mit der Zeit spielten sie aber unreflektierter und ließen sich einfacher leiten. Zunächst blieben sie aber recht stabil und waren mit ihrem Gegenpressing gut abgesichert gegen Konter. Erst später, als sie den Ball nicht mehr kontrolliert nach vorne brachten und bei ihren Aufbauversuchen "vor" der Kompaktheit hängen blieben, oder sogar tiefe Ballverluste produzierten, gab es hier Möglichkeiten für den VfB.

Ansonsten spielte der VfB wie gewohnt nicht sehr ambitioniert, hatte aber ein paar ordentliche Ansätze über Flügelüberladungen. Über links waren diese mit Sakai, Hlousek, Gentner und Maxim allerdings zu breit angelegt und konnten häufig nur mit frühen Flanken beendet werden. Die seltenen Ansätze über rechts mit dem flexibleren Trio Klein, Schwaab und Harnik waren da schon vielversprechender. Insgesamt war der VfB dadurch nicht übertrieben gefährlich, aber konnte sich mit Kontern und Schnellangriffen ein wenig mehr Chancen herausarbeiten als die Hanseaten und ging damit nicht unverdient in Führung. Der Ballgewinn des etwas glücklich vollendeten 1:0-Konters entstand übrigens von Klein aus der angesprochenen engen Halbposition.

Gegen Ende der ersten Halbzeit und besonders nach der Pause wurde der VfB ambitionierter im Spielaufbau und versuchte das Gegenpressing der Hamburger auch spielerisch zu umgehen. Die individuellen Fähigkeiten dazu waren durchaus da und es klappte entsprechend auch ganz gut. Der Platzverweis für Niedermeier fiel damit in eine der besten Phasen der Gäste und verhinderte diese Ansätze in der Folge wieder. Der VfB formierte sich nun in einem 4-4-1 und musste sich wesentlich weiter zurückziehen und in Kauf nehmen, dass der HSV ohne Mühe ins Mittelfeld kam. Glücklicherweise aus Stuttgarter Sicht konnte Zinnbauers Mannschaft das Aufrücken aber nicht effektiv in Offensivgefahr umsetzen.

Meistens stellten die Hamburger nun viel Präsenz am und um den Strafraum her und versuchten diese mit vertikalen Anspielen oder Flanken zu bedienen. Ersterer Ansatz wurde sehr zentral angegangen und konnte daher von Gentner und Romeu recht gut kontrolliert werden, zumal das gegnerische Anbietverhalten für Kombinationen nicht gut war. Anschließendes Gegenpressing wurde spielerisch oder risikolos mit langen Bällen umschifft. Die Angriffe über den Flügel waren recht simpel gestrickt und endeten meist mit überhasteten Flanken unter Druck. Der HSV nutzte kaum einmal gezielt die Halbräume, die durch die inzwischen tieferen, mannorientierteren Außenspieler des VfB entstanden. 40 Minuten Überzahl reichten dem in Ballbesitz viel zu ineffizenten HSV dementsprechend nicht zum Ausgleich.

Fazit


Die anfangs zu statisch mannorientierte und zugriffslose Defensive des VfB hat sich inzwischen auf einem ordentlichen Niveau eingependelt. Zwar sind aufgrund der Mannorientierungen und der meist fehlenden horizontalen Staffelung zwischen Gentner und Romeu immer wieder mal Unkompaktheiten gegeben, aber diese sind weniger und schwerer zu bespielen geworden. Offensiv gibt es hingegen immer noch wenige Alternativen zum Konterspiel, aber gegen den ballbesitzorientierten, aber etwas instabilen HSV reichte das für einen knappen Sieg.

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