tag:blogger.com,1999:blog-53237449708260252042024-03-13T16:46:23.931+01:00vfbtaktischJBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.comBlogger122125tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-76287920873296011392022-05-21T10:45:00.001+02:002022-11-13T10:16:55.886+01:00System Weiß-Rot – Eine Schatzsuche mit dem VfB Stuttgart<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjrqJdRiO97rNzMsVLtas29YUUyMMIlMSxa4kZW-yVkT_LACaBmXmG6upXTzvQWbXJst7wLgO54McL7wRnNh60rx27Qnz5FOS3YSen_h5JsRoYuwpjDOQ0hdVV9bUK1ZR0db0d8mMsjU2Gz8u16V27d31y2L87s3arKW2HEFeHD4sYkY4Nq7HEqWwe2/s320/ncov2000.png" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="930" data-original-width="1600" height="150" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjrqJdRiO97rNzMsVLtas29YUUyMMIlMSxa4kZW-yVkT_LACaBmXmG6upXTzvQWbXJst7wLgO54McL7wRnNh60rx27Qnz5FOS3YSen_h5JsRoYuwpjDOQ0hdVV9bUK1ZR0db0d8mMsjU2Gz8u16V27d31y2L87s3arKW2HEFeHD4sYkY4Nq7HEqWwe2/s300-c/ncov2000.png" width="150" /></a></div>
<p>Nach dem Saisonfinale letztes Wochenende fällt mir zum zweiten Mal ein Mount Everest von den Schultern <span face="sans-serif" style="background-color: #fdfdfd; color: #202122; font-size: 14px;">–</span> ich habe endlich mein Buch veröffentlicht!</p><span><a name='more'></a></span><p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjrqJdRiO97rNzMsVLtas29YUUyMMIlMSxa4kZW-yVkT_LACaBmXmG6upXTzvQWbXJst7wLgO54McL7wRnNh60rx27Qnz5FOS3YSen_h5JsRoYuwpjDOQ0hdVV9bUK1ZR0db0d8mMsjU2Gz8u16V27d31y2L87s3arKW2HEFeHD4sYkY4Nq7HEqWwe2/s2587/ncov2000.png" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="2587" data-original-width="2000" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjrqJdRiO97rNzMsVLtas29YUUyMMIlMSxa4kZW-yVkT_LACaBmXmG6upXTzvQWbXJst7wLgO54McL7wRnNh60rx27Qnz5FOS3YSen_h5JsRoYuwpjDOQ0hdVV9bUK1ZR0db0d8mMsjU2Gz8u16V27d31y2L87s3arKW2HEFeHD4sYkY4Nq7HEqWwe2/w247-h320/ncov2000.png" width="247" /></a></div>Das Werk heißt <a href="https://www.amazon.de/System-Wei%C3%9F-Rot-Eine-Schatzsuche-Stuttgart/dp/3755727021">"System Weiß-Rot"</a> und es geht darin um die taktische Entwicklung des VfB Stuttgart von 2013 bis zum erfolgreichen Klassenerhalt letzte Woche. Dabei ist jedem der vielen VfB-Trainer von Bruno Labbadia über Hannes Wolf bis Pellegrino Matarazzo ein Kapitel gewidmet, das seine Spielidee, Erfolge und Niederlagen analytisch einsortiert. Eingestreut sind Analysen von insgesamt 12 Spielern, die den VfB in dieser Zeit geprägt haben, wie zum Beispiel Christian Gentner und Wataru Endo. Alle Analysen sind, wie auf dem Blog gewohnt, mit taktischen Grafiken untermalt <span face="sans-serif" style="background-color: #fdfdfd; color: #202122; font-size: 14px;">–</span> insgesamt sind über 200 von Hand erstellte Bilder im Buch enthalten. <a href="https://drive.google.com/file/d/16hpUq59mTssmPPHBXG-n0OPWl-S6UTvx/view?usp=sharing" target="_blank">Hier gibt es die ersten 33 Seiten als Leseprobe</a>.<p></p><p>Was der VfB in diesen knapp zehn Jahren erlebt hat, ist aus meiner Sicht absolut außergewöhnlich. Im Zeitraffer hat sich der VfB von einer Chaosmannschaft zu einem richtig gut geführten Verein entwickelt. Das macht den VfB zu einem Spiegelbild der Professionalisierung und spielerischen Entwicklung der Bundesliga und des Fußballs an sich. Aber auch zu mehr als das: Der VfB Stuttgart geht einen ganz besonderen Weg, der etwas darüber verrät, wie Lernen und Erfolg funktionieren und von welchen Prinzipien man sich als Mensch leiten lassen kann. All diese Aspekte bündelt "System Weiß-Rot" in einem großen, übergeordneten Narrativ.</p><p>Hinter diesem Buch gibt es keinen Verlag. Für das Publishing nutze ich die Plattform Books on Demand, die Druck und Vertrieb übernimmt. Das Cover hat die großartige <a href="https://twitter.com/ginaletters">Gina (@gina.letters)</a> beigesteuert. Kein Verlag bedeutet auch, dass hinter diesem Buch keinerlei kommerzielles Interesse steckt. Ich konnte mir vier Jahre Zeit lassen, um alle Gedanken reifen und zueinanderfinden zu lassen. Ich denke, diese Zeit hat dem Buch sehr gut getan. Am Ende bin ich zufrieden und stolz auf das Ergebnis.</p><p>"System Weiß-Rot" gibt es in drei Varianten zu erwerben:</p><p></p><ol style="text-align: left;"><li>Als gedrucktes Taschenbuch, erhältlich bei Onlineshops wie <a href="https://www.amazon.de/System-Wei%C3%9F-Rot-Eine-Schatzsuche-Stuttgart/dp/3755727021">Amazon</a> oder direkt bei <a href="https://www.bod.de/buchshop/system-weiss-rot-jonas-bischofberger-9783755727026">Books on Demand</a> sowie im gut sortierten Buchhandel. Die gedruckte Version kostet 31,49€. Der hohe Preis liegt vor allem an den explodierten Papierpreisen und dem Farbdruck. Ich verspreche aber, dass die Aufmachung den Preis wert ist!</li><li><a href="https://www.xinxii.com/sport-fitness-469/fussball-486/system-wei%C3%9Frot-512142">Als PDF-Version mit dem gleichen Layout wie die Druckversion</a>, optimal zum Lesen am Laptop. Sie kostet 8,99€.</li><li>Als E-Book-Variante im EPUB-Format mit vereinfachtem, fließendem Layout, optimal für E-Reader und Smartphones. Für ebenfalls 8,99€ erhältlich bei Onlineshops wie <a href="https://www.amazon.de/System-Wei%C3%9F-Rot-Eine-Schatzsuche-Stuttgart-ebook/dp/B0BLQ1SZ8X/">Amazon</a>, <a href="https://www.xinxii.com/sport-fitness-469/fussball-486/system-wei%C3%9Frot-512142">Xinxii</a> und <a href="https://www.bod.de/buchshop/system-weiss-rot-jonas-bischofberger-9783756835430">Books on Demand</a>.</li></ol><p></p><p>Mein gesamter Autorenerlös aus den Verkäufen dieses Buches geht an die Welthungerhilfe.</p><p>Ich freue mich übers Weitersagen und wünsche viel Spaß bei der Lektüre!</p>JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com4tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-45873121120015171552021-01-30T13:05:00.000+01:002021-01-30T13:05:32.685+01:00Als die Jungen noch wild waren (DFB-Pokalfinale 2007)<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-VeBocsfMrx0/YALAAnFWfRI/AAAAAAAABfc/fGPQPflVICAE4yjrW2LvjukZET78zxoowCPcBGAYYCw/s320/2007_vfbfcn_khedira.png" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="930" data-original-width="1600" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-VeBocsfMrx0/YALAAnFWfRI/AAAAAAAABfc/fGPQPflVICAE4yjrW2LvjukZET78zxoowCPcBGAYYCw/s300-c/2007_vfbfcn_khedira.png" width="150" /></a></div>
Die Meisterschaft 2007 <span style="background-color: snow; font-family: Arimo; font-size: 13.2px;">–</span> der Triumph einer Mannschaft, die heute ein Idol ist, aber unmöglich kopiert werden kann. Wer waren die Helden von damals, und warum konnten sie ihre Wahnsinnssaison nicht mit dem Double krönen?<br />
<a name='more'></a><br />
<h4>
Die Jungen Wilden und der Dinosaurier</h4>
<br />
In jenem Pokalfinale 2007 begegneten sich zwei Pole, die unterschiedlicher kaum sein konnten: Auf der einen Seite Armin Vehs <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2016/12/cl-200304-vfb-stuttgart-manchester-united.html">Junge Wilde 2.0</a>: Eine flexible, kampfstarke, offensiv ausgerichtete Mannschaft, die sich vor allem auf Tempoangriffe und die Besetzung des Zentrums konzentrierte. Auf der anderen Seite Hans Meyers Nürnberger, ein Fossil, das die Ausrottung der Manndeckung irgendwie überlebt haben musste. Richtig gelesen <span style="background-color: snow; font-family: Arimo; font-size: 13.2px;">–</span> keine 15 Jahre ist es her, da konnte man in Deutschland mit einer klassischen Manndeckung noch den nationalen Pokal gewinnen.<br />
<br />
<table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="float: right; margin-left: 1em; text-align: right;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-lIK_TZeR_QA/YAK8ajJUWzI/AAAAAAAABew/ain3ZoVepBIzTTxDgETi2gtDj9z42J1sgCLcBGAsYHQ/s1600/2007_vfbfcn_1.png" style="clear: right; margin-bottom: 1em; margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-lIK_TZeR_QA/YAK8ajJUWzI/AAAAAAAABew/ain3ZoVepBIzTTxDgETi2gtDj9z42J1sgCLcBGAsYHQ/s1600/2007_vfbfcn_1.png" width="258" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Die Startaufstellungen</td></tr></tbody></table><div style="text-align: right;">
</div>Der VfB begann mit einer Art 4-1-4-1- oder 4-3-2-1-Formation, nicht unähnlich <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2014/09/5-spieltag-borussia-dortmund-vfb.html">Vehs Chaos-Tannenbaum sieben Jahre später</a>. Cacau bildete die einzige Spitze, während Mario Gomez nach einer längeren Verletzungsphase auf der Bank Platz nahm. Im Mittelfeld bewegten sich die Spieler auf ihren besten Positionen: Antonio da Silva pendelte zwischen Linksaußen und Zehn, Sami Khedira rückte von der Acht weit auf, Thomas Hitzlsperger hielt halblinks die Balance, Roberto Hilbert besetzte die rechte Seite und Pavel Pardo hielt als tiefster Sechser die Fäden in der Hand. Die robusten Innenverteidiger Fernando Meira und Matthieu Delpierre flankierten Ricardo Osorio und Ludovic Magnin vor Torwart Timo Hildebrand in seinem letzten VfB-Spiel.<br />
<br />
Nürnberg wiederum setzte auf eine 4-2-3-1-Formation, ebenfalls mit einer klaren Aufteilung der Doppelsechs: Tomas Galasek half im Spielaufbau, Ex-Nationalspieler Marco Engelhardt rückte wie sein Pendant Khedira in den Angriff auf. Die Außenbahnspieler Jan Kristiansen und Ivan Saenko nahmen eher unterstützende Rollen ein, während Markus Schroth als Zielspieler diente und Marek Mintal in dessen Schatten als hängende Spitze lauerte. Im Tor stand der designierte Nachfolger Hildebrands beim VfB, Raphael Schäfer.<br />
<br />
Nürnbergs verteidigte nun in klaren Zuordnungen gegen Stuttgarts 4-1-4-1: Außenverteidiger gegen Außenstürmer, Doppelsechs gegen Doppelacht, Zehner gegen Sechser, Außenstürmer gegen Außenverteidiger. Cacau konnten die Innenverteidiger Wolf und Nikl zu zweit verteidigen. Nürnbergs Zuordnung wirkte recht schlüssig: Vor allem Marco Engelhardts gewaltige Laufstärke und Physis sollten Khediras dynamische Vorstöße neutralisieren.<br />
<br />
Was bei Nürnberg anfangs gar nicht passte, war die Tiefensicherung. Die Viererkette versuchte zu Beginn mehrmals ungeschickt, den VfB ins Abseits zu stellen <span style="background-color: snow; font-family: Arimo; font-size: 13.2px;">–</span> und lief dann gegen Osorio, Khedira oder Cacau hinterher. Cacau war damals noch wesentlich schneller als in seinen späteren Jahren und erlief auch Pässe in die Tiefe, anstatt sich den Ball immer nur abzuholen. Osorio rückte als Rechtsverteidiger sehr druckvoll nach vorne und entwischte manchmal seinem Gegenspieler, ebenso der 20-jährige Khedira, dem wichtigsten Tiefengeber beim VfB.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-VeBocsfMrx0/YALAAnFWfRI/AAAAAAAABfc/fGPQPflVICAE4yjrW2LvjukZET78zxoowCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_khedira.png" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="930" data-original-width="1600" height="186" src="https://1.bp.blogspot.com/-VeBocsfMrx0/YALAAnFWfRI/AAAAAAAABfc/fGPQPflVICAE4yjrW2LvjukZET78zxoowCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_khedira.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Hier entwischt Khedira seinem Manndecker und wird von Pardo hinter die Abwehr geschickt. Nürnbergs Innenverteidiger haben beide nur Cacau im Auge, nicht die Gefahr in ihrem Rücken.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Nachdem der VfB die ersten Minuten des Spiels zu zögerlich angegangen war, riss er das Spiel über direkte Bälle hinter die Abwehr schnell an sich. Meira und vor allem Pardo kreierten mit präzisen Pässen hinter die Abwehr Durchbrüche. Mit diesem temporeichen Vertikalspiel knackte der VfB Nürnbergs träge Manndeckungen.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-ucGWDjPvAGk/YALAA8f5caI/AAAAAAAABfc/jR_lJoa1a441R4huCmb5hirFSPBeOONmQCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_tor.png" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="930" data-original-width="1600" height="186" src="https://1.bp.blogspot.com/-ucGWDjPvAGk/YALAA8f5caI/AAAAAAAABfc/jR_lJoa1a441R4huCmb5hirFSPBeOONmQCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_tor.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Vor dem 1:0 würfelt der VfB Nürnbergs Manndeckungen mit mehreren Positionswechseln durcheinander. Bei Reinhardt und Kristiansen klappt die Übergabe noch. Doch Osorio entwischt mit seinem Aufrücken seinem Gegenspieler Saenko, sodass Pinola ihn aufnehmen muss. Dadurch muss Nikl wiederum gegen Hilbert verteidigen und Nürnberg verliert seinen Überzahlspieler in der Abwehr. Im Mittelfeld übernimmt Engelhardt Hitzlsperger, doch die Übergabe von Khedira an Galasek geht schief. Weil Cacau Wolf aus dem Zentrum zieht, findet Khedira eine große Lücke im Nürnberger Abwehrzentrum vor. Das Resultat: Eine absurde 4-gegen-3-Überzahl in der letzten Linie, die Delpierre mit einem scharfen Vertikalpass zu bedienen versucht. Diesen Pass fälscht Nikl unglücklich in Khediras Lauf ab. Er und Cacau spielen das 2-gegen-1 gegen Wolf zu Ende und Cacau vollendet gegen Schäfer.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
<h4>Zwei Mexikaner überall</h4>
<br />
Im Gegensatz zu Nürnberg setzte der VfB auf kein rigoros organisiertes Defensivspiel. Was im Zeitalter der Strategen und Taktiker schon wieder überholt ist, war damals ein moderner Gegenentwurf: Die Spieler verteidigten frei und intelligent. Statt passiv den eigenen Mann zu verteidigen, unterstützten sie sich gegenseitig, stopften Lücken und machten flexibel Druck. Das war im Vergleich zur Manndeckung die mächtigere, aber auch weniger zuverlässige Art des Verteidigens. Um die Lücken in diesem potentiell instabilen Gebilde klein zu halten, stand der VfB tief und kompakt. Fehler im Anlaufen oder der Positionierung machten so weniger aus, da meistens ein Mitspieler zum Ausbügeln in der Nähe war. Besonders das Zentrum des VfB war so bestens geschützt.<div><div>
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-vw3E4ZDRaNE/YALAAro1d_I/AAAAAAAABfY/7x5R9pgxEzcROaDdQEA6qNw0q-CWPY4xgCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_pressingfalle.png" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="930" data-original-width="1600" height="186" src="https://1.bp.blogspot.com/-vw3E4ZDRaNE/YALAAro1d_I/AAAAAAAABfY/7x5R9pgxEzcROaDdQEA6qNw0q-CWPY4xgCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_pressingfalle.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Dank der Raumdeckung kann der VfB viel flexibler, überraschender Druck aufbauen. Hier wird Saenko nach dem Anspiel von drei Stuttgartern hoffnungslos eingekreist. Seine durchaus raffinierte Rochade mit Engelhardt verpufft, weil Osorio Engelhardt aufnimmt und seinen nominellen Gegenspieler an die Mitspieler übergibt.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
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Eine zentrale Säule der Defensive war Pavel Pardo, Spielgestalter und Abräumer zugleich (so ein bisschen der mexikanische <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2017/10/80er-trifft-moderne.html">Schweinsteiger</a>). Im Pressing füllte er die Rolle aus, die später Akteure wie Serey Dié, Santiago Ascacíbar und Wataru Endo erbten <span style="background-color: snow; font-family: Arimo; font-size: 13.2px;">–</span> der tiefe, omnipräsente Abräumer, der laufstark und intelligent Lücken stopft.<br />
<br />
Der zweite Mexikaner im Team, Ricardo Osorio, bekleidete die wohl unkonventionellste Rolle im Team, zusammen mit seinem Vordermann Roberto Hilbert. Hilbert war ein vielseitiger rechter Mittelfeldspieler, der auch Rechtsverteidiger spielen konnte, Osorio ein extrem ambitionierter, nach vorne denkender Abwehrspieler. Mit vielen Freiheiten ausgestattet, bildeten die zwei gegen den Ball ein eigenwilliges Tandem. Hilbert fügte sich gelegentlich neben Osorio in die Abwehrkette ein, manchmal sogar kurios zwischen Osorio und Meira. Osorio wiederum war sich dieser Absicherung bewusst und konnte umso freier nach vorn und ins Zentrum verteidigen. Manchmal tauchte er einfach plötzlich irgendwo im Mittelfeld auf.<br />
<br />
Die Flexibilität der Defensive hatte auch ihren Preis: Die Spieler mussten immer wieder aufs Neue die richtigen Entscheidungen treffen und sich sehr gut abstimmten. Das galt für Hilbert und Osorio, aber auch für alle anderen. Eine Unkonzentriertheit, ein Fehler in der Kommunikation konnte genügen, um entscheidende Löcher zu reißen. Der VfB verteidigte so, wie es einem Endspiel gebührte: höchst engagiert und wach. Nur auf Null reduzieren ließen sich die Fehler nicht.<br />
<br />
<h4>Ein Moment</h4>
<br />
Mit Cacaus 1:0 schien sich das Narrativ dieser Partie wie von selbst zu schreiben: Der frische, flexible VfB ballert den verkrusteten FCN zurück ins letzte Jahrtausend. Doch es sollte alles anders kommen. In der 26. Minute erzielt der Club überraschend den Ausgleich durch einen Konter nach einer schwach organisierten Stuttgarter Ecke. Wenig später der vielleicht spielentscheidende Moment: Cacau lässt sich zu einem Schlag gegen Andreas Wolf hinreißen und sieht die rote Karte. Eine Zeigerumdrehung später tritt Fernando Meira Marek Mintal vom Platz und kann froh sein, dass sein VfB immerhin noch zu zehnt weiterspielen darf. Der Jäger ist plötzlich der Gejagte.</div><div><div><br />
<table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="float: left; margin-right: 1em; text-align: left;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-Y2Be9Nz2eMk/YAK8aR4QVuI/AAAAAAAABe8/piY9vw3MgPcxKCHG4lctxmbkmj6HAjBowCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_2.png" style="clear: left; margin-bottom: 1em; margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-Y2Be9Nz2eMk/YAK8aR4QVuI/AAAAAAAABe8/piY9vw3MgPcxKCHG4lctxmbkmj6HAjBowCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_2.png" width="258" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Die Formationen nach Cacaus Platzverweis und<br />Mintals Auswechslung</td></tr></tbody></table>Im 10 gegen 11 kippten die Kräfteverhältnisse zugunsten der Nürnberger. Der VfB stellte auf ein 4-4-1 um, Khedira übernahm Cacaus Position als Mittelstürmer. Doch das Offensivspiel war erst einmal lahmgelegt. Nur einmal in der 40. Minute tauchte Hilbert überraschend vor Schäfer aus, als der VfB Nürnberg mit einem druckvollen Konter überraschte.<br /><br />
Ansonsten gehörte der Ball nun dem Club. Ganz anders als der VfB griff Nürnberg nicht vertikal und kompakt, sondern breit und zweigeteilt an: Marco Engelhardt rückte von der Doppelsechs nach vorne, Galasek und die Viererkette bildeten die Absicherung. Die offensiven Fünf staffelten sich breit, rotierten viel und schlichen oft im Rücken der Verteidiger herum, um Raumvorteile zu erhaschen. Vor allem Engelhardt stieß immer wieder individual- und gruppentaktisch hochwertiges Movement unter den Angreifern an. Nürnberg versuchte dann aus einem extrem flügellastigen Spielaufbau diese Bewegungen einzusetzen.<br />
<br />
Trotz einem Spieler weniger gelang es dem VfB recht gut, diesen Nürnberger Angriffsplan zu durchkreuzen. Im 4-4-1 oder 4-1-3-1 verteidigten die beiden Sechser des VfB oft diagonal versetzt zueinander, sodass sie einen zusätzlichen Pass vom Flügel in die Mitte abdecken konnten. So ließ sich Nürnberg einige Male von der vielversprechenden Verlagerung abschneiden.<br />
<br />
Doch kurz vor und nach dem Pausenpfiff tat sich die rechte VfB-Seite als entscheidende Schwachstelle auf. Osorio verteidigte einige Male völlig überdreht ins Zentrum hinein, während Hilbert ihn nicht absicherte. Über Nürnbergs linke Seite rollte daher erst ein brandgefährlicher Konter, den Hildebrand in höchster Not klärte. Dann ein weiterer guter Angriff nach einer Verlagerung, mit dem Resultat: Eckball und Tor durch Marco Engelhardt.<br />
<br /><h4>Trumpfkarte Gomez</h4>
<table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="float: right;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-7PsS5g17VgM/YAK8adrMZVI/AAAAAAAABe4/xy8m-dD5T8ce_QmnHTR8tstUO0ElMn7PACPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_3.png" style="clear: right; margin-bottom: 1em; margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-7PsS5g17VgM/YAK8adrMZVI/AAAAAAAABe4/xy8m-dD5T8ce_QmnHTR8tstUO0ElMn7PACPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_3.png" width="258" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Die Formationen nach Wiederanpfiff</td></tr></tbody></table><br />Kurz zuvor hatte Veh in der Pause die verwaiste Neuner-Position aufgefüllt. Nur ein Spieler kam dafür infrage: Mario Gomez. Der 20-Jährige ersetzte Antonio da Silva, während Khedira zurück auf die Achterposition ging. Und auch wenn Gomez bei Nürnbergs Eckentor keine gute Figur machte, brachte er die Offensive des VfB wieder ins Spiel.<br />
<br />
Zum einen diente Gomez als Zielspieler für die langen Bälle, die der VfB zu zehnt vermehrt schlagen musste. Sonst lauerte er Gomez-typisch immer wieder an der Abseitslinie und setzte sich diagonal in die Schnittstelle zwischen Innen- und Außenverteidiger ab. Damit passte auch Vehs zentrumslastiges System hervorragend zu Gomez: Er setzte sich so balanciert aus dem Zentrum ab, dass der Innenverteidiger entweder mitgehen und das mit Stuttgartern gespickte Zentrum preisgeben musste, oder er ließ Gomez ziehen und Gomez war frei für Steilpässe aus dem Zehnerraum. Mit Hitzlsperger, Hilbert und Khedira spielten selbst in Unterzahl noch genügend Spieler zentral hinter Gomez, mit denen er so interagieren konnte.<br />
<br />Der VfB begann nach dem frühen Rückstand in der zweiten Hälfte, etwas höher zu pressen. Die Mittelfeldspieler rückten ein wenig mutiger raus, auch Pardo verteidigte öfter nach vorne. Die Ergebnisse waren jedoch gemischt. Ohne Pardo als Lückenfüller fand Nürnberg häufiger gefährliche Gleichzahlsituationen gegen die Viererkette vor.<br />
<br />
Nürnberg nahm die Situation außerdem geschickt an. Sie versuchten, gegen Stuttgarts höheres Pressing, auf blindes Bolzen zu verzichten. Spieler wie Pinola, Schäfer und Wolf hatten unter Druck gute spielerische Momente. Wolf und Pinola legte ein paar tolle Vorstöße mit Ball ein, mit denen sie das unkoordinierte Stuttgarter Anlaufen ins Leere laufen ließen. Doch es gab auch andere Szenen, in denen der VfB die technisch doch limitierte Hintermannschaft des Clubs überrumpeln konnte. Nürnberg musste unter dem erhöhten Druck entweder schnell nach vorne spielen oder verlor den Ball. So verkürzten sich ihre Ballbesitzphasen und der VfB sah wieder mehr vom Ball <span style="background-color: snow; font-family: Arimo; font-size: 13.2px;">–</span> auch wenn damit ein Risiko einherging.<br />
<br />
Auch Nürnberg hatte seinen Anteil am zunehmend offenen Charakter des Spiels. Sie nutzten ihre Überzahl im Pressing nicht immer zugunsten der defensiven Stabilität. Seit dem Platzverweis und dem erzwungenen Wechsel des VfB von 4-1-4-1 auf 4-4-1 war Tomas Galasek ohne Gegenspieler. Doch anstatt als "zweiter Libero" in der Hintermannschaft auszuhelfen, spielte er manchmal eine komische, lose Manndeckung auf Pavel Pardo. So hatte der VfB zwar weniger Zeit im Aufbau, aber die numerischen Verhältnisse im letzten Drittel blieben ähnlich wie vor dem Platzverweis.<br />
<br />
<h4>Kalkulierte Brechstange</h4>
<br />
Die zweite Halbzeit war gerade halb vorbei, da drückte Veh den Risikohebel noch eine Stufe hoch: Osorio ging raus, dafür kam Arthur Boka ins Spiel, Linksverteidiger für Rechtsverteidiger. Mit diesem Wechsel stellte Veh auf Dreierkette um, wobei Magnin Halbverteidiger und Boka und Hilbert außen spielten. Das was die beiden spielten, hatte allerdings nur rudimentär mit modernen Flügelverteidigern zu tun. Sie verteidigten eher mittig (manchmal sogar enger als die Halbverteidiger!) und halfen nur gelegentlich improvisiert in der Abwehr aus. Das ganze Pressing war nun extrem wild und frei. Nach vorne brachte Bokas Power und Kreativität neuen Schwung ins Spiel.</div><div><br />
<table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="float: left; margin-right: 1em; text-align: left;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-R2tfidYqN5E/YAK8bRH0YTI/AAAAAAAABfE/OR6-Sjyrqt0drubtavG23uSNJxp4WmZRwCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_4.png" style="clear: left; margin-bottom: 1em; margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-R2tfidYqN5E/YAK8bRH0YTI/AAAAAAAABfE/OR6-Sjyrqt0drubtavG23uSNJxp4WmZRwCPcBGAYYCw/s1600/2007_vfbfcn_4.png" width="258" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Stuttgarts Dreierkette nach der Einwechslung von<br />Boka</td></tr></tbody></table>Und schließlich war es so weit: Nürnberg verlor den Ball in einer aussichtsreichen 4-gegen-3-Situation und rannte stattdessen in einen VfB-Konter. Gomez lauerte perfekt in der Schnittstelle zwischen den Innenverteidigern, bekam den Ball, wurde gefoult und Pardo verwandelte den Elfmeter. Der VfB erzwang den Ausgleich, bevor Nürnberg das Spiel entscheiden konnte.<br /><br />
Und dann? Wie im Rausch spielte der VfB genauso riskant weiter wie vorher. Oder war es Kalkül? Mit 60 Minuten Unterzahl in den Knochen hatte der VfB zweifelsohne die schlechteren Karten für eine mögliche Verlängerung und drängte stattdessen auf die Entscheidung. Die Mannschaften lieferten sich einen wilden Schlussspurt, in dem nicht nur einmal das Siegtor für eines der beiden Teams in der Luft lag. Doch ein weiterer Treffer blieb aus.<br />
<br />
<h4>Die Verlängerung</h4>
<br />
Es kam wie befürchtet: Der VfB konnte den enormen Druck der Schlussphase nicht mit in die Verlängerung nehmen. In vielen Phasen zog sich Stuttgart nun zurück. Die Dreierkette ließ auf außen große Räume. Doch Nürnberg fand nicht in diese Räume, sondern spielte umständlich in irgendwelche anderen. Alles sprach dafür, dass Nürnberg die Verlängerung kontrollieren und das Spiel entscheiden musste, aber sie taten es nicht. Doch auch der VfB bekam nur noch wenig Fußball zustande.<br />
<br />
Es dauerte 10 Minuten, bis das Spiel seine vielleicht letzte, entscheidende Wendung nahm: Sami Khedira musste angeschlagen raus (für ihn kam Serdar Tasci in die Dreierkette, Magnin dann Achter). Ohne Khedira als unermüdlicher Motor des Spiels gaben die Konter der erschöpften Stuttgarter nun endgültig den Geist auf. So ging der finale Akkord des Spiels an den 1. FC Nürnberg: Sie fangen einen kraftlosen VfB-Konter ab, spielen raus auf Jan Kristiansen <span style="background-color: snow; font-family: Arimo; font-size: 13.2px;">– </span>und dessen Kunstschuss landet rechts oben im Knick.<br />
<br />
<h4>Sieben Jahre</h4>
<br />
Kristiansen Traumtor war am Ende vielleicht die richtige Pointe für dieses Spiel. Nürnberg gewann den Pokal nicht aufgrund systematischer Überlegenheit, sondern mit einem einmaligen Fernschuss und zwei Eckballtoren. Der VfB schlug sich mit der roten Karte (die er sich spätestens mit Meiras Foul nachträglich verdiente) selbst.<br />
<br />
<blockquote class="tr_bq">
<i>Da galten zwei erfolgreiche Perioden des VfB Stuttgart als Orientierung: Das war die der jungen Wilden, und die des magischen Dreiecks.</i><br />
<span class="st">– </span><a href="https://www.youtube.com/watch?t=55&v=sv2cSBBbTmg">Sven Mislintat, 2020</a></blockquote>
<br />
Dem Legendencharakter der Meistermannschaft 2007 tat das verlorene Pokalfinale keinen Abbruch. Sie stiftet bis heute Identifikation. Sogar die gegenwärtigen Macher des VfB orientieren sich an jener Zeit, als die Jugendarbeit des Vereins überragte. Sie liefern den Nachweis, was erfolgreiche, gesunde Rückbesinnung ausmacht. Nämlich nicht, Altes zu kopieren, <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2014/11/vehs-scheitern-beim-vfb_24.html">wie es 2014 zum Scheitern verurteilt war</a>. Sondern, den Geist zu übernehmen und die Form neu zu gießen. <a href="https://www.youtube.com/watch?v=cFkOnJ_lh-s">So ist es heute, weitere sieben Jahre später, passiert.</a><br />
<br />
Einzig "wild" sind die Stuttgarter 2021 wahrlich nicht mehr. Bis dieser Charakterzug in den Fußball zurückkehrt, muss sich die ewige Spirale vielleicht noch sieben Jahre weiterdrehen.</div></div></div>JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-10721249233235146562019-12-20T14:55:00.001+01:002019-12-20T14:55:24.119+01:00Quer und Steil aus der Klemme<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-nLXMnGPstD8/Xfyz3gCIIFI/AAAAAAAABZk/dPoaXmKFkzoxMB9VLxZGDoONCLa2GpZ7wCEwYBhgL/s1600/quer_steil.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1419" data-original-width="1501" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-nLXMnGPstD8/Xfyz3gCIIFI/AAAAAAAABZk/dPoaXmKFkzoxMB9VLxZGDoONCLa2GpZ7wCEwYBhgL/s300-c/quer_steil.png" width="150" /></a></div>
Immer wieder das gleiche Muster: Der VfB hat den Ball, der Gegner steht tief, der VfB tut sich schwer. Dieser Artikel zeigt den logischen Ausweg aus dem strategischen Deadlock.<br />
<a name='more'></a><br />
<h4>
Nervige Underdogs</h4>
<br />
Tim Walters Rotationsspiel ist als Gegenmittel für eine aufrückende Pressingbewegung gedacht, nicht als Unterbau für Ballbesitz in der gegnerischen Hälfte. <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2019/10/spitzen-spielverderber.html">Die Reaktion der Zweiten Liga, fast nur noch in der eigenen Hälfte zu verteidigen</a>, macht dem VfB daher zu schaffen. Sie führte zu einer pragmatischen Weiterentwicklung des Ballbesitzspiels, die aber auch ein gewisses Delta zwischen der Erwartungshaltung an Tim Walters Fußball und der momentanen Realität zur Folge hat.<br />
<br />
Die Zweitligisten, die gegen Stuttgart mutig verteidigten, lassen sich an einer Hand abzählen: Hannover, Fürth, Heidenheim, Regensburg und Bielefeld. Gegen diese fünf Teams holte der VfB 13 Punkte, also 2,6 pro Spiel. In den übrigen zwölf liegt der Punkteschnitt gerade einmal bei 1,4. Die dominante Spielanlage des VfB vereinfacht die Vorbereitung für Mannschaften mit geringen Ambitionen: Wenn ohnehin klar ist, dass Stuttgart den Ball haben wird, kann man sich voll und ganz auf das Pressing, insbesondere in der eigenen Hälfte, konzentrieren. Deswegen wachsen die Underdogs gegen den VfB ständig über sich hinaus.<br />
<br />
<h4>
Organisation im hohen Ballbesitz</h4>
<br />
Das Problem ist, dass der VfB diese klare Ausgangslage seinerseits noch nicht in eine genauso starke Verbesserung des Ballbesitzspiels ummünzen kann. Das hohe Aufbauspiel ist zwar nicht schlecht und hat sich bereits weiterentwickelt <a href="https://twitter.com/tim_ecksteen/status/1202883788268867584">(immerhin hat der VfB nach Expected Goals die klar beste Chancenerarbeitung in der Liga)</a>, total spitze ist es aber noch nicht.<br />
<br />
Im hohen Ballbesitz spielt der VfB verschiedene, ähnliche Formationen, in denen sich relativ viele Spieler in die Offensive einschalten dürfen. Überwiegend schieben sie in die Breite und nach vorne. Die Zirkulation verläuft meist U-förmig, also viel hintenrum und über außen. Viele Gegner versperren dagegen das Zentrum und drücken den VfB im Nachschieben und mit aggressivem Anlaufen auf den Flügel. Dann fällt es dem VfB schwer von Außen wieder in die Mitte in torgefährliche Räume zu kommen.<br />
<br />
<h4>
Quer und Steil</h4>
<br />
Gegen dieses Zuschieben gibt es ein logisches Gegenmittel: Wenn der Gegner die Verbindungsräume vom Flügel in die Mitte blockiert, muss man diese Zone eben überbrücken. Nichts anderes passiert, wenn Borna Sosa seine Halbfeldflanken hinter die Abwehrkette auf Mario Gomez schlägt. Die sind Stuttgarts wohl gefährlichstes Mittel seitdem Sosa vor einigen Wochen in die Startelf zurückgekehrt ist. <br />
<br />
Dieses Mittel ist sehr einfach umzusetzen, hängt aber auch vollständig von den Personalien Sosa und Gomez ab. Eine flexiblere und potentiell mächtigere Alternative wäre, dass man die Bälle nicht hinter, sondern vor die Abwehr schlägt. Nach einem längeren, scharfen Querpass zwischen die Linien leitet man den Ball dann direkt hinter die Abwehr weiter. Solche Spielzüge nutzt zum Beispiel Lucien Favre.<br />
<br />
<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/380692405" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
<br />
Spielt man den Querpass vor die Abwehr, hat man den
Vorteil, dass die Orientierung für den Gegner schwieriger wird. Die
Verteidiger zwischen Passgeber und -empfänger müssen sich während der Pass rollt von außen nach innen orientieren. Aus diesem Moment der Umorientierung schlägt man durch den Steilpass Kapital. <br />
<br />
<h4>
Perfekt für den VfB</h4>
<br />
Solche "Quer-Steil"-Kombinationen würden perfekt zur Spielweise und Struktur des VfB passen. Stuttgart hat viele Spieler außen, um den Ball am Flügel zu halten und den richtigen Moment für den Spielzug abzupassen. Zudem rücken viele Spieler in die letzte Linie. Davon braucht man mindestens zwei, von denen der entfernte gerade so weit weg ist, dass er noch anspielbar ist und den Ball auf den näheren Spieler weiterleiten kann. Je mehr weitere Angreifer dahinter an der Abseitslinie lauern, desto besser. Die können dann eine Hereingabe des steil geschickten Spielers verwerten.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-nLXMnGPstD8/Xfyz3gCIIFI/AAAAAAAABZg/9syN1I8_7FQ_mCyN_z6kcHXYkcL_JEF-gCLcBGAsYHQ/s1600/quer_steil.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1419" data-original-width="1501" height="302" src="https://1.bp.blogspot.com/-nLXMnGPstD8/Xfyz3gCIIFI/AAAAAAAABZg/9syN1I8_7FQ_mCyN_z6kcHXYkcL_JEF-gCLcBGAsYHQ/s1600/quer_steil.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Den Linienpass (transparent) spielt der VfB häufig, führt aber zu
torabgewandtem Momentum und Blickfeld. Quer-Steil ist potentiell
effektiver.</td></tr>
</tbody></table>
<div>
<br />
Tatsächlich spielte der VfB schon vereinzelt solche Kombinationen. Sie gelangen aber nur, wenn der Gegner genügend Lücken anbot. So zum Beispiel Dynamo Dresden, <a href="https://www.youtube.com/watch?v=goNgFQx18Do&t=1m30s">gegen die der VfB das 2:0 per Quer-Steil-Kombination erzielte</a>. Der nächste Schritt wäre, dass sowas auch gegen kompakte Gegner konstant gelingt. Dafür müssen die äußeren Spieler darauf fokussiert sein, kleinste Lücken zu erkennen und für Querpässe ausnutzen. Die Angreifer müssen auf diese Pässe vorbereitet sein und frühzeitig darauf reagieren. Das umzusetzen wäre ein lohnender Ansatz für die Wintervorbereitung <span class="st">–</span> sofern Tim Walter dann noch Trainer des VfB ist.</div>
</div>
JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-91105024798445372142019-10-27T10:06:00.000+01:002019-10-27T10:06:29.506+01:00Spitzen-Spielverderber<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-jPw0_ihC5gY/XbSsy9lkgWI/AAAAAAAABYw/LA3DC7q7GrwAF0xoOU-vtY4ZSXwnxHxUgCPcBGAYYCw/s1600/1920_vfbhsv_awoudja.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="929" data-original-width="1600" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-jPw0_ihC5gY/XbSsy9lkgWI/AAAAAAAABYw/LA3DC7q7GrwAF0xoOU-vtY4ZSXwnxHxUgCPcBGAYYCw/s300-c/1920_vfbhsv_awoudja.png" width="150" /></a></div>
HSV gegen VfB. Erster gegen Zweiter. Positionsspiel gegen Rotationsspiel. Das Topspiel der Zweiten Liga endet mit einem deutlichen Sieg für die norddeutsche Cleverness.<br />
<a name='more'></a><br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-dcfJBbg-A-w/XbSsy971UiI/AAAAAAAABYs/XfSrMPCar2MYvNnYp3TJA3WyhcH9kcn3gCEwYBhgL/s1600/1920_vfbhsv.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-dcfJBbg-A-w/XbSsy971UiI/AAAAAAAABYs/XfSrMPCar2MYvNnYp3TJA3WyhcH9kcn3gCEwYBhgL/s1600/1920_vfbhsv.png" width="258" /></a></div>
Im Duell der "gefühlten Bundesligisten" prallten auch zwei unterschiedliche Ballbesitzphilosophien aufeinander: Der HSV spielt ein klassisches Positionsspiel im 4-3-3 mit klarer Raumaufteilung und einstudierten Mechanismen. Der VfB setzt hingegen auf ein Aufbauspiel mit vielen Rotationen, um vorteilhafte Dynamiken zu kreieren und möglichst viele Spieler nach vorne zu befreien.<br />
<br />
Trotz scheinbar gleichrangiger Ausgangslage kristallisierte sich im Spiel eine klare Rollenverteilung heraus: Der VfB kontrollierte den Ball, der HSV versuchte Nadelstiche mit Konter- und Positionsangriffen zu setzen. Am Ende hatte der VfB 64% Ballbesitz, gab gleich viele Schüsse ab wie der Gegner, verlor am Ende aber deutlich.<br />
<br />
<h4>
Mit Geschick und Moritz</h4>
<br />
Ihre 36% des Ballbesitzes nutzten die Hamburger in der Anfangsphase recht effizient. Wie üblich fächerten sie in ihrer 4-1-4-1-Aufbauordnung breit auf. Dagegen setzte der VfB auf ein aggressives Pressing in der Raute und lief in verschiedentlicher Höhe zwischen Mittellinie und gegnerischem Strafraum an. Gonzalez und Wamangituka bewegten sich vor allem zwischen Innen- und Außenverteidiger, während Förster Adrian Fein deckte. Die drei belauerten Hamburgs Rückpassoptionen, um das Potential für Ballgewinne zu erhöhen. Bei Pässen nach außen attackierten die Achter sehr breit. Die umliegenden Positionen schoben gegebenenfalls zugriffsorientiert nach. Damit machte der VfB viel Druck und stellte das Hamburger Positionsspiel vor Aufgaben.<br />
<br />
Der HSV hielt mit einem Repertoire an verschiedenen Abläufen dagegen. Tendenziell konnten die weit ausweichenden Achter ballnah zwischen Karazor und dem nach außen stürmenden Achter entwischen <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2019/07/krass-und-komplett.html">(ähnliches hatte schon Hannover 96 für Verlagerungen genutzt)</a>. Auch ein Zurückfallen des Außenstürmers hinter den Außenverteidiger oder ein simpler Doppelpass mit anschließendem Freilaufen war möglich, um sich außen kurz Luft zu verschaffen. Manchmal reichte solch ein kurzes Zeitfenster, um die Restverteidigung des VfB zu attackieren oder gegen die verschobene Raute zu verlagern.<br />
<br />
Ein Schlüssel für den HSV, um aus Szenen kurzer Ballkontrolle Torgefahr zu entwickeln waren die Rollen der Achter. Ballnah verließen beide jeweils ihre Position: Dudziak schob nach vorne, Moritz eher zum Flügel. Der ballferne Achter rochierte dann auf die Ballseite und attackierte dort mit. Durch diese Umformung verwandelte Hamburg das symmetrische Positionsspiel in eine Flügelüberladung, die ihnen gegen das Zuschieben des VfB half. Besonders Moritz verstärkte entscheidend die Angriffe über rechts.<br />
<br />
Ein potentieller Schwachpunkt auf Stuttgarter Seite war, dass Kempf und Awoudja sehr mann- bzw. zugriffsorientiert verteidigten. Meist nahmen sie Harnik und den ballnahen Achter (!) in enge Deckung. Wenn nun noch ein zweiter Achter dazukam, entstand aus dem 2-gegen-2 ein 2-gegen-3: Stenzel und Insua wurden von den Flügelstürmern gebunden. Karazor verteidigte eher nach außen als nach hinten und wäre Gefahr gelaufen, große Räume freizugeben, wenn er sich zur Verstärkung der Viererkette hätte fallen lassen.<br />
<br />
Wenn Hamburg sich nun mit spielerischem Geschick (oder in zugriffsschwachen VfB-Momenten) vorne festsetzte und gezielten Zugriff auf dieses 2-gegen-3 bekam, wurde es haarig. Augenfällig wurde das vor allem beim Elfmeter zum 1:0 als Kempf gegen Dudziak herausrückte und dessen Vorstoß anschließend nicht verfolgte, sodass Awoudja von Moritz auf den freien Dudziak wechseln musste und diesen dann foulte.<br />
<br />
<h4>
Rotationen durchkreuzt</h4>
<br />
Spätestens nach der frühen Führung verteidigte der HSV, wie so viele Gegner des VfB, tief. Ihr Ansatz war aber besonders klug ausgestaltet. Die Formation war eine Mischung aus 4-3-3 und 4-5-1. Die Achter bildeten zusammen mit Fein eine enge Dreierreihe, die den Raum zwischen den Linien zuschnürte. Die Außenstürmer pendelten zwischen einer erhöhten, etwas engeren Position und einer tiefen, breiten, je nachdem, wie hoch Hamburg anlaufen wollte.<br />
<br />
Gerade wenn die Außenstürmer breit spielten, neutralisierte Hamburg mit diesem 4-3-3/4-5-1 das Vorrücken der Stuttgarter Innenverteidiger. Weil sie ohnehin eine Lücke vor sich hatten, war es für die beiden sinnvoller, mit Ball am Fuß in diese vorzustoßen, anstatt ohne Ball hineinzurotieren. Kapitän Kempf erkannte diesen Umstand korrekt, rückte eher langfristig auf und konzentrierte sich sonst auf normale Pässe und Vorstöße. Sein Partner Awoudja hingegen spielte viel zu schablonenhaft. Oft schob er den Ball gedankenlos zum Rechtsverteidiger und rückte in den Sechserraum auf, womit er den eigenen Ballvortrag mehr blockierte als beschleunigte. Harnik und Kittel hatten dann einfache Zuordnungen gegen den Rechtsverteidiger und den Spieler, der die Awoudja-Lücke von links auffüllte. Wenn ein Aufrücken ohne Ball mal sinnvoll war, etwa weil Kittel enger stand, rückte Awoudja wiederum zu weit auf, sodass er von Moritz oder Kittels Deckungsschatten abgefangen wurde und den Ball nicht in der Lücke vom Rechtsverteidiger zurückfordern konnte.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-jPw0_ihC5gY/XbSsy9lkgWI/AAAAAAAABYo/kp03nKr0RlYZJoUy69AflHu8sDcRCzeyQCLcBGAsYHQ/s1600/1920_vfbhsv_awoudja.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="929" data-original-width="1600" height="185" src="https://1.bp.blogspot.com/-jPw0_ihC5gY/XbSsy9lkgWI/AAAAAAAABYo/kp03nKr0RlYZJoUy69AflHu8sDcRCzeyQCLcBGAsYHQ/s1600/1920_vfbhsv_awoudja.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Nach dem Querpass rückt Awoudja zu weit auf und verschwindet im Deckungsschatten von Kittel. Besser wäre gewesen, in der Lücke zwischen Kittel und Harnik den Ball zurückzufordern. Weil außerdem weder Kempf noch Stenzel auf die Schnelle eine Rückpassoption herstellen können, muss Klement auf Kobel zurückspielen.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
<h4>
Zu wenig gekonnt, zu viel gewollt</h4>
<br />
Durch die tiefen Achter musste der HSV aber zumindest den Sechserraum des VfB unbehelligt lassen. Über Karazor, Stenzel (erneut Fußballgott!) oder einen längerfristig aufgerückten Innenverteidiger konnte der VfB den Ball hier unter moderatem Druck halten. Die Frage war dann, wie man von dort weiterspielen sollte.<br />
<br />
Durch den Zwischenlinienraum zu kommen, erwies sich als ungemein schwer,
weil Hamburg diesen Raum dicht versperrte und spätestens im Rückwärtspressing komplett auffraß. Zudem bekam der VfB selten einen Mechanismus oder eine präzise Positionierung zwischen den Linien aktiviert, sobald ein Stuttgarter im Sechserraum mit offenem Blickfeld an den Ball kam. Das Spiel über außen war zunächst mehr auf Ballsicherung als auf Attacke gepolt, auch weil sich hier eher Mangala und Klement anstelle der dribbelstarken Spitzen Gonzalez und Wamangituka anboten. Lange Diagonalbälle gab es ebenfalls kaum zu sehen. Einzelne lange Pässe hinter die Abwehr in den Lauf von Gonzalez waren zwar eine auflockernde Variante, brachten aber letztlich keinen Ertrag.<br />
<br />
Trotz aller Bemühungen um Kontrolle leistete sich der VfB einzelne Patzer im Spielaufbau, während der HSV in den richtigen Momenten Zugriff entwickelte. Harnik auf die Mittelstürmerposition zu ziehen stellte sich hierfür als guter Kniff von Hecking heraus. Der laufstarke Österreicher hatte als einzige Spitze einen großen Arbeitsradius. Er konnte punktuell in alle Richtungen nachverteidigen und einzelne Situationen für den VfB eng machen. So auch im Vorfeld des Treffers zum 2:0. Zu allem Übel wollte der VfB nach Gonzalez' Anschlusstreffer zu viel: Awoudja rückte plötzlich ganz nach vorne auf die Rechtsaußen-Position, Insua schob über links ebenfalls vor. Nach einem Fehlpass rückte Kempf (zum wiederholten Mal) übermütig heraus, sodass keine ausreichende Absicherung übrig blieb. Hamburg konterte sich postwendend zum 3:1.<br />
<br />
<h4>
Zweite Halbzeit</h4>
<br />
Mit dem Zwei-Tore-Rückstand im Gepäck versuchte der VfB nach der Pause noch einmal alles. Im Pressing suchte die Mannschaft nun zwingend den Zugriff, attackierte auf allen Positionen höchst intensiv. Dadurch hatte der HSV kaum noch Zeit, in seine Mechanismen zu finden. Mit der Führung im Rücken versuchten sie es auch nicht mehr zwingend. Der VfB dominierte die Anfangsphase in Hälfte zwei.<br />
<br />
Mit dem Ball warf der VfB mehr Personal nach vorne, ging riskanter ins Gegenpressing, spielte schneller und mehr über außen. Mit Castro brachte Walter einen offensiven Spieler für links hinten. Der VfB schlug nun vermehrt lange Diagonalbälle, die ein gutes Mittel gegen den engen 4-3-Block des HSV waren. Zunächst versuchte der HSV mit hohen, engen Flügelstürmern zu pressen. Doch die Hanseaten wurden schnell über außen zurückgedrängt. Dort gelangen dem VfB konkretere und effektivere Abläufe als zuvor durch die Mitte. Zusammen mit der massiven Strafraumbesetzung kam der VfB so zu einigen torgefährlichen Abschlüssen. Stuttgart verpasste es aber, den Treffer zu machen, bevor der HSV per Ecke das 4:1 erzielte. Zuvor hatte der VfB ausnahmsweise einen schnellen Angriff durch die Mitte gefahren und war dabei ausgekontert worden.<br />
<br />
Kurz darauf konnte der VfB seine riskante Dominanz doch noch zu einem Treffer verwerten. Im Anschluss brachte Walter Gomez für Mangala und stellte auf 4-3-3 (oder so) um. Erneut konterte der HSV, bevor der VfB einen weiteren Treffer nachschieben konnte. Zu viele Bälle gingen in dieser Phase im Zentrum verloren, sodass Hamburg in den letzten 20 Minuten wieder ins Umschalten kam. Mit dem 5:2 war das Spiel dann spätestens entschieden.<br />
<br />
<h4>
Einordnung</h4>
<br />
Die Liga nervt den VfB gerade sehr. Kein Gegner tut dem VfB mehr den Gefallen, eine Aufrückbewegung im Pressing anzubieten. Die Verrückten (Fürth) stellen im Angriffspressing komplett zu. Alle anderen stellen sich hinten rein. Gegen eine statische Pressinghöhe entfalten die schicken Positionswechsel nur begrenzt Wirkung. Hamburg ging noch einen Schritt weiter und fand ein formatives Antidot gegen das Aufrücken der Innenverteidiger.<br />
<br />
Dazu gesellt sich das klassische "Bayern-Phänomen": Aufgrund der dominanten Spielweise können sich die Gegner des VfB in der Vorbereitung komplett auf Pressing und Umschaltspiel konzentrieren. 65, 70, 80 Prozent Ballbesitz liegen der <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2019/07/krass-und-komplett.html">eigentlich sehr umfassenden Spielanlage des VfB</a> wiederum nicht zwingend. In Summe bekommt man ständig eine strategische Konstellation, in der sich der Gegner leicht über und man selbst leicht unter Wert verkauft.<br />
<br />
Nach zuvor ärgerlichen, aber vertretbaren Nullnummern verliert der VfB nun zum ersten Mal nach unterlegener Leistung. Mit einer systematischen Verschlechterung hatten die letzten drei Spiele aber nicht viel zu tun. Der VfB muss dennoch aufpassen, dass aus der Ergebniskrise keine Leistungskrise wird.<br />
<br />
Die Hamburger verdienen sich den Sieg vor allem mit einer
herausragenden Pressingleistung. Sie präsentierten sich als komplette
Mannschaft, die auf hohem Niveau angreifen und verteidigen kann. Mit
ihrer 4-3-3/4-5-1-Pressingordnung, guten Achterrollen und effizienten
Kontern hatten sie gegen den VfB die richtigen Asse in der Hand. So geht der Punkt dieses Mal ans Positionsspiel. Der nächste wird am Dienstag ausgespielt.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-67607453270921027982019-07-27T13:11:00.000+02:002019-07-27T18:25:15.608+02:00Krass und komplett<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-7xV-nq7ShQ0/XTwF0rScUKI/AAAAAAAABYA/UW1HON3ByOwoziloxs64wiaoZD9rEZiFACPcBGAYYCw/s1600/1920_vfbh96_szene.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="930" data-original-width="1600" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-7xV-nq7ShQ0/XTwF0rScUKI/AAAAAAAABYA/UW1HON3ByOwoziloxs64wiaoZD9rEZiFACPcBGAYYCw/s300-c/1920_vfbh96_szene.png" width="150" /></a></div>
Das erste Spiel unter Tim Walter fordert gleich das komplette Repertoire. Der VfB meistert seinen Einstiegstest mit Bravour.<br />
<a name='more'></a><br />
<h4>
Auslösen und Auffüllen</h4>
<br />
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-UZATge6WZRM/XTwAEyQAcGI/AAAAAAAABXw/bkBCj7dI8GIuNBA6suy9WvXgRa-ZWws2ACLcBGAs/s1600/1920_vfbh96.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-UZATge6WZRM/XTwAEyQAcGI/AAAAAAAABXw/bkBCj7dI8GIuNBA6suy9WvXgRa-ZWws2ACLcBGAs/s1600/1920_vfbh96.png" width="258" /></a><a href="https://spielverlagerung.de/2018/12/11/tuerchen-11-hauke-wahl/">Schon in der vergangenen Saison bei Holstein Kiel hatte der neue VfB-Coach mit seinem revolutionären System für Furore gesorgt.</a> Der Blickfänger von Walters Teams besteht darin, dass die Abwehrspieler im Aufbau sehr viel in Bewegung sind, in unterschiedliche Räume rochieren und dabei nicht selten die Positionen tauschen. Es gibt dabei kein fixes Positionsraster, sondern die Aufbaustruktur bewegt sich in einem Kontinuum, ohne willkürlich zu werden. Sie wird immer wieder umgeformt und so ergänzt, dass trotz der Dynamik ein passendes Netz an Passwegen entsteht. Klassische "Ergänzer" beim VfB sind Torwart Kobel sowie die breiten Achter, die bei Bedarf stets die Außenverteidiger-Räume auffüllen können. Die Außen- und Innenverteidiger machen beides: Auslösen und Auffüllen.<br />
<br />
Mirko Slomkas Hannoveraner verteidigten diesen Stil zu Beginn relativ zonal in einem engen 4-3-3. Die drei Stürmer standen kompakt auf einer Linie und attackierten ansatzweise Spieler in den Innenverteidiger-Räumen (ich setze ab jetzt Anführungszeichen, wie bei "Innenverteidiger", wenn ich einen Spieler meine, der sich in einem Raum befindet, der für die angeführte Position in etwa typisch ist <span class="st">–</span> unter dem Vorbehalt, dass es wie gesagt kein festes Positionsraster gibt). Wenn der Ball auf den Flügel wanderte, schob Hannovers Außenstürmer nach außen hinterher. Dort suchte 96 den Zugriff, indem die Außenverteidiger aggressiv mit attackierten (später machten das eher die Achter).<br />
<br />
Mithilfe dieser vorerst offensiv umgesetzten Pressingidee fand Hannover einen guten Zugang in dieses Spiel. Unterstützt durch das zentrale Mittelfeld liefen sie phasenweise sogar ganz vorne an, machten viel Druck und erzwangen ein paar Ballgewinne. Bald zogen sie sich jedoch in ein Mittelfeldpressing zurück und tendierten mehr Richtung 4-5-1, wobei die Außenstürmer in ein 4-3-3 aufrücken konnten. Ein bisschen Liverpool-mäßig.<br />
<br />
<h4>
Stilvolles Flügelspiel</h4>
<br />
Für die Walter-Elf erwiesen sich zahlreiche austarierte ausweichende Bewegungen als das richtige Werkzeug, um in die Räume neben Hannovers Dreifachsechs zu gelangen. Beim VfB besetzten bis zu drei Spieler den Flügel (oft und hier exemplarisch: "Halbverteidiger", breiter Achter und ausweichender Mittelstürmer), sodass man dort neben der dynamischen Variante auch klassisch positionell Freiräume schaffen konnte. Baute der VfB über außen auf und hatten Hannovers Achter keinen Zugriff, geriet der 96-Außenverteidiger in ein Dilemma: Entweder blieb er beim Stürmer und ließ den Achter frei oder er attackierte den Achter und riskierte es, mit einem Linienpass überspielt zu werden.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-7xV-nq7ShQ0/XTwF0rScUKI/AAAAAAAABX8/6fCX03YvlPgJoiF-y2lvQw9vRFZe6qzFwCLcBGAs/s1600/1920_vfbh96_szene.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="930" data-original-width="1600" height="186" src="https://1.bp.blogspot.com/-7xV-nq7ShQ0/XTwF0rScUKI/AAAAAAAABX8/6fCX03YvlPgJoiF-y2lvQw9vRFZe6qzFwCLcBGAs/s1600/1920_vfbh96_szene.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Dynamisches Aufrücken über außen: Ascacíbar rückt ein, während Didavi nach außen rochiert. Dadurch entstehen zwei sinnvolle Passmöglichkeiten. Muslija folgt der inneren und öffnet die äußere Option auf Didavi. Die Stürmer stehen gut in den Schnittstellen und binden damit die drei ballnahen Abwehrspieler. Im Anschluss an die Szene setzt sich Al Ghaddioui ballfern ab und beschäftigt mit dem aufrückenden Kempf (!) zusammen Franke und Jung. Ebenfalls zu sehen ist die breite Position des ballfernen Achters Castro.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Gelang das Aufrücken, setzte der VfB seine starken Abläufe über den Flügel fort. Die Offensivspieler kombinierten in überwiegend harmonischer Art ausweichende und einrückende Bewegungen miteinander, sodass an die Situation angepasste Dynamiken entstanden, ohne Verbindungen kaputtzumachen. Vor allem Didavis weite Rochaden auf die Flügel waren hierfür wichtig. Anderes Beispiel: Castro versuchte mehrmals von seiner breiten Position aus hinter Maina bzw. Haraguchi einzurücken, während der VfB im Sechserraum den Ball führte. Dafür ging Gomez dann meist auf den linken Flügel. Dank dieser ausgleichenden Bewegung konnte Hannovers Außenverteidiger nicht so einfach rausrücken und Castro hatte, sofern er den Pass bekam, sofort eine äußere diagonale Anspieloption.<br />
<br />
Die Flügelangriffe konnte der VfB aber nicht so einfach mit kurzen Pässen tororientiert fortsetzen. Der ballferne Achter und Stürmer hielten sich betont breit und ließen die Verbindung zur lokalen Überladung abreißen. Diese Spieler standen nicht einfach isoliert rum, sondern versuchten die ballferne Schnittstelle zwischen Außen- und Innenverteidiger zu attackieren, zu kreuzen oder eine breite Verlagerungsstation zu bieten. Der VfB konnte dann entweder zur Grundlinie weiter kombinieren, sofern die Unterstützung reichte, oder über eine herausgespielten offene Stellung die eventuelle Lücke per langer Verlagerung, scharfem Querpass oder Halbfeldflanke überbrücken. Letztere Variante war beim 1:0 zu sehen, als Gomez im Anschluss an einen Ballgewinn im Gegenpressing eine zügige Hereingabe von Sosa verwandelte.<br />
<br />
<h4>
Hannovers Achter infiltrieren die Raute</h4>
<br />
Seinen Dominanzanspruch untermauerte der VfB mittels eines druckvollen und intensiven Angriffs- und Gegenpressings. Das Angriffspressing war im 4-Raute-2 organisiert, was gegen Hannovers 4-3-3 zumindest gegen den Sechser und die Innenverteidiger unkomplizierte Zuordnungen ermöglichte. Die Abwehr rückte fast bis zur Mittellinie vor und die Spitzen liefen bei Bedarf bis zum Torwart durch. Bei Pässen auf die zunächst freien Außenverteidiger schob der Achter raus und der Gegner wurde am Flügel kollektiv zugestellt.<br />
<br />
In den nicht ganz so zwingenden Momenten konnte Hannover gegen dieses Zuschieben relativ zuverlässig Verlagerungen herausspielen und aufrücken. Haraguchi und Prib bewegten sich geschickt in den Schnittstellen zwischen Karazor und dem jeweiligen Achter, sodass sie entweder selbst frei wurden oder die Raute noch weiter zum Flügel schieben musste, um Zugriff zu erlangen, wodurch wiederum ballfern Räume entstanden. Punktuell hatten auch sie gute Wechselbewegungen mit drin. Tendenziell half das gelegentliche Rückwärtspressing von Gomez oder Al Ghaddioui gegen Hannovers Verlagerungen. Nicht selten verteidigte der VfB solche Situationen aber praktisch zu siebt und spekulierte auf den möglichen Konter mit drei Spielern vorne.<br />
<br />
<h4>
Passivität als Dosenöffner?</h4>
<br />
Nach den guten Ansätzen zu Beginn entwickelte der VfB in der zweiten Hälfte der ersten Halbzeit auch Durchschlagskraft, indem sie häufiger ins Umschalten kamen. Die Pressing- und Gegenpressing-Szenen, die vorher eher zu eigenen Ballbesitzphasen geführt hatten, resultierten nun häufiger in aussichtsreichen Kontern. Ein Grund dafür war vielleicht, dass der VfB kurzzeitig weniger aggressiv verteidigte und (wahrscheinlich unbeabsichtigt) eine scheinbare Passivität erzeugte, die Hannover zu unüberlegten Aktionen einlud. Die Zunahme an gefährlichen Ballgewinnen schien ansonsten aber an situationsabhängigen Kleinigkeiten zu hängen, die vielleicht oder vielleicht nicht systematisch zu ergründen sind.<br />
<br />
Jedenfalls funktionierte insbesondere das Gegenpressing gut und die Dynamiken griffen auch im Umschalten (übrigens eine Eigenschaft, die einer Statik aus dem klassischen Positionsspiel typischerweise fehlt und diese weniger universell macht). Der VfB belohnte sich für sein griffiges Pressingverhalten und schoss ein 2:0 heraus. Neben dem Gomez-Tor versenkte Didavi einen Freistoß, den der VfB in einem Konter herausgeholt hatte. Ein kurioses Eigentor von Maxime Awoudja, der nach seiner verletzungsbedingten Einwechslung für Kaminski ein wackeliges Debüt feierte, verkürzte die Führung noch vor der Pause.<br />
<br />
<h4>
Am Ende Dominanz</h4>
<br />
Mit dem Rückstand konfrontiert verteidigte Slomkas Elf wieder höher und zugriffsorientierter, die Achter schlossen sich bei Gelegenheit der Anlaufbewegung an. Doch der VfB überspielte diese nicht immer top organisierten Pressingversuche selbstbewusst über seine Aufbaudynamiken. Weiterhin bekam 96 die gut herausgespielten Verlagerungen nicht in Torchancen umgewandelt. Stattdessen mussten sie mehrere Stuttgarter Konter schlucken, denn mit den offensiv ausgerichteten Achtern und einem aufrückenden Außenverteidiger hatte Hannover oft nur vier Spieler zur Absicherung übrig.<br />
<br />
Über mutige Ballbesitz- und Konterangriffe dominierte der VfB die zweite Halbzeit, wobei der Platzverweis für Ostrzolek die Spiekontrolle natürlich vereinfachte. Da der VfB dennoch den Sack nicht zumachte, hätte es nach dem Platzverweis für Awoudja nochmal spannend werden können. Doch auch im 10 gegen 10 mit einem offensiv ausgerichteten 4-3-2 war der VfB noch torgefährlich und ließ gleichzeitig keine gegnerischen Abschlüsse mehr zu.<br />
<br />
<h4>
Fazit: Krass und komplett</h4>
<br />
Der VfB eröffnet die Saison mit einem überlegenen Sieg gegen den liebgewonnenen Mitabsteiger. Mindestens so beeindruckend wie das einzigartige dynamikbasierte Aufbauspiel ist die runde Spielanlage des VfB. Spielaufbau, Chancen rausspielen, Pressing, Gegenpressing, Konter, Standards <span class="st">–</span> all das war gegen 96 gefordert. Und alles funktionierte.<br />
<br />
Man kann gar nicht oft genug betonen, wie abgefahren dieser Fußball ist. Tim Walter schafft es, leidenschaftlichen Offensivgeist mit rationalen Prinzipien zu unterfüttern und bringt dadurch beides in Einklang. Das ist die wahre Revolution.<br />
<br />
<blockquote class="tr_bq">
<i>Wunderbar, ja. Aber unser Spiel ist auch vernünftig. Ich würde es als »Mut« bezeichnen.
Oder wie viele dann sagen: Risiko. Aber Mut ist einfach das Vertrauen
in seine eigene Stärke. Ich vertraue meiner Mannschaft und deshalb ist
es vernünftig, was wir machen.</i><br />
<span class="st">– </span><a href="https://www.11freunde.de/interview/holstein-kiels-trainer-tim-walter-im-grossen-interview/page/1">Tim Walter, noch als Trainer bei Kiel</a></blockquote>
JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-44938989870474769552019-05-24T02:12:00.001+02:002019-05-24T02:13:01.745+02:00Relegationspokal, Teil 1<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://4.bp.blogspot.com/-j0il9bkvkl0/XOc0qcuipBI/AAAAAAAABXM/ZEwzSxV7I5gel-RqIrb3sjzQ9grsR420QCEwYBhgL/s1600/1819_vfbfcu.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="150" src="https://4.bp.blogspot.com/-j0il9bkvkl0/XOc0qcuipBI/AAAAAAAABXM/ZEwzSxV7I5gel-RqIrb3sjzQ9grsR420QCEwYBhgL/s300-c/1819_vfbfcu.png" width="150" /></a></div>
Wenn strategisch ähnliche
Mannschaften taktisch vergleichbare Ausrichtungen wählen.<br />
<a name='more'></a><br />
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-j0il9bkvkl0/XOc0qcuipBI/AAAAAAAABXI/sP1mnynKYd4EhTu-ibulYnfgWGANzNcywCLcBGAs/s1600/1819_vfbfcu.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://3.bp.blogspot.com/-j0il9bkvkl0/XOc0qcuipBI/AAAAAAAABXI/sP1mnynKYd4EhTu-ibulYnfgWGANzNcywCLcBGAs/s1600/1819_vfbfcu.png" width="258" /></a>Union startete
etwas überraschend und vermutlich als Anpassung auf Stuttgarts
Flügelfokus in einem 4-2-3-1, das im <span class="hiddenSuggestion">Pressing</span> als 4-4-2 und im Aufbau eher als 4-3-3 gespielt wurde. Der VfB blieb beim System vom letzten Spieltag gegen Schalke. <br />
<br />
<h4>
Positionsvorteile auf den Flügeln</h4>
<br />
<div style="text-align: right;">
</div>
Union verteidigte überwiegend in einem 4-4-2-<span class="hiddenSpellError">Mittelfeldpressing</span>, nur gelegentlich unterbrochen von <span class="hiddenSpellError">Angriffspressing-Phasen</span>. Der VfB stellte dem eine grundsätzlich sinnvolle Aufbaustruktur entgegen: <span class="hiddenSpellError">Pavard</span> rückte oft auf, während sich Castro hinter <span class="hiddenSpellError">Pavard</span> fallen ließ. So entstand eine Dreierkette mit 3-gegen-2-Überzahl gegen <span class="hiddenSuggestion">Unions</span> <span class="hiddenSpellError">Pressingspitzen</span>. Der einrückende <span class="hiddenSpellError">Didavi</span> und <span class="hiddenSpellError">Akolo</span> überluden weiter vorne den rechten Halbraum. Gelegentlich wich <span class="hiddenSpellError">Donis</span> in den Raum hinter Reichel aus, um dort Dribblings zu starten.<br />
<br />
Der folgende Rechtsfokus litt aber unter eher improvisierten Strukturen. Manchmal rückte etwa <span class="hiddenSpellError">Pavard</span>
übertrieben weit auf und verlor den Kontakt nach hinten. Auch Castro
hielt nicht immer optimale Abstände. Ebenso war die genaue Aufteilung
auf dieser Seite recht wechselhaft, sodass die Situationen im Einzelnen
nicht immer stringent ausgespielt wurden. Außerdem fand Union flexible
aber konsequente Lösungen gegen die Aufbau-Dreierkette, indem entweder <span class="hiddenSpellError">Hartel</span> herausrückte oder (später vor allem) <span class="hiddenSpellError">Zulj</span> herüberschob.<br />
<br />
Mit
ihren ebenfalls aufrückenden Außenverteidiger hatte Union ähnliche
Positionsvorteile wie der VfB. Die Außenverteidiger positionierten sich
unangenehm zwischen Außenverteidiger und Außenstürmer, während vor allem
<span class="hiddenSpellError">Hartel</span> in der Schnittstelle zwischen <span class="hiddenSpellError">Pavard</span> und <span class="hiddenSpellError">Kabak</span> Freiheiten erlangte. Mit nur rund <span class="hiddenGrammarError">40%</span>
Ballbesitz hatte Union zwar weniger solcher Szenen, spielte sie aber
gefährlicher aus, weil der VfB die Flügel weniger gut organisiert
verteidigte.<br />
<br />
<h4>
Sebastian <span class="hiddenSpellError">Andersson</span> und die langen Bälle</h4>
<br />
Union hätte das insgesamt nicht überragende <span class="hiddenSuggestion">Pressing</span>
des VfB sogar noch ambitionierter bespielen können. Wie gegen Schalke
verteidigte der VfB auf mittlerer Höhe im 4-4-2. Eine der Spitzen lief
den ballführenden Innenverteidiger so an, dass bestenfalls Schmiedebach
auf der Sechs im Deckungsschatten verschwand und der lange Ball folgte.
Dadurch konnten Castro und Gentner den Kontakt zur Abwehr halten und
beim Aufsammeln der zweiten Bälle helfen. Der VfB verteidigte in diesem
Sinne effizient, aber immer mit dem Risiko, dass Mittelfeld und Sturm
den Kontakt zueinander verloren.<br />
<br />
Doch auch wenn Union die spielerische Lösung mied und den Ball nach vorne schlug, konnten sie punktuell Gefahr entwickeln. <span class="hiddenSuggestion">Unions</span> Bewegungen auf den langen Ball wirkten trotz der Umstellung eingespielt. <span class="hiddenSpellError">Abdullahi</span> und <span class="hiddenSpellError">Hartel</span> starteten immer wieder zu zweit in die Tiefe hinter Zielspieler <span class="hiddenSpellError">Andersson</span>. Vor ihm standen <span class="hiddenSpellError">Zulj</span> und der weit aufrückende <span class="hiddenSpellError">Prömel</span> für Abpraller bereit.<br />
<br />
Normalerweise kann <span class="hiddenSpellError">Kempf</span> mit seiner Wucht und Sprungkraft viele Stürmer in der Luft kontrollieren, gegen <span class="hiddenSpellError">Andersson</span> gelang ihm das aber nicht immer. <span class="hiddenSpellError">Andersson</span>
löste die Situationen, indem er sich nicht nur als Wandspieler zeigte,
sondern auch Läufe in die Tiefe anbot. So konnte er seinen Gegenspieler
zwingen, sich nach hinten zu orientieren. Vor sich öffnete er damit
Raum, in den Union den langen Ball hinein<span class="hiddenSpellError">spielen</span> konnte. <span class="hiddenSpellError">Andersson</span> verlängerte diese Bälle dann mit gutem Gespür in die Tiefe. Auch generell bewegte sich der Schwede <span class="hiddenSpellError">individualtaktisch</span> clever, sodass er schwer zu greifen war.<br />
<br />
<h4>
<span class="hiddenSpellError">Umschaltdynamiken</span></h4>
<br />
Für den VfB stellten Konter das gefährlichste Mittel dar. Da die Außenstürmer eher nicht mit <span class="hiddenSuggestion">Unions</span> Außenverteidigern mitgingen, hatten <span class="hiddenSpellError">Akolo</span> und <span class="hiddenSuggestion">Gonzalez</span> gute Positionen für Konter. Nach langen Bällen von Union konnte sich der VfB zum Beipsiel schnell hinter <span class="hiddenSpellError">Abdullahi</span> und <span class="hiddenSpellError">Hartel</span> zum Flügel lösen. <span class="hiddenSuggestion">Auch</span>
Gegenkonter waren eine Option, weil Union in den eigenen
Umschaltsituationen relativ aggressiv aufrückte, vor allem die
Außenverteidiger. In diesen Kontersituationen kam die <span class="hiddenSpellError">Dribbelstärke</span> von Spielern wie <span class="hiddenSpellError">Donis</span>, <span class="hiddenSuggestion">Gonzalez</span> und <span class="hiddenSpellError">Akolo</span> zur Geltung. Beide Stuttgarter Tore entstanden aus Kontern, wohlgemerkt trotz <span class="hiddenGrammarError">60%</span> Ballbesitz!<br />
<br />
<h4>
Umstellungen</h4>
<br />
Gegen Ende der 1. Halbzeit begann die vorher schon präsente 4-3-3/4-1-4-1-Tendenz in <span class="hiddenSuggestion">Unions</span> 4-4-2-<span class="hiddenSuggestion">Pressing</span> mehr zur Geltung zu kommen. <span class="hiddenSpellError">Zulj</span> schob teilweise weiter links raus und <span class="hiddenSpellError">Hartel</span> verteidigte tiefer gegen <span class="hiddenSpellError">Pavard</span>, anstatt <span class="hiddenSuggestion">rauszurücken</span>. So wurde Union tendenziell etwas stabiler, verlor aber auch an Zugriff auf die erste Aufbaulinie.<br />
<br />
Der VfB brachte zur zweiten Halbzeit Gomez für <span class="hiddenSpellError">Didavi</span>. Dadurch war der rechte Flügel nicht mehr so überfrachtet und die Abläufe gewannen an Klarheit. <span class="hiddenSpellError">Pavard</span> rückte nun konstanter auf, während <span class="hiddenSpellError">Akolo</span>
einrückte und die Schnittstelle besetzte. Mit überschaubarer
Unterstützung kamen aber auch wenig Angriffe zur Grundlinie durch.
Vielfach versuchte der VfB eher mit langen Bällen direkt hinter die
Abwehr zu kommen. Wenn daraus brenzlige Situationen entstanden, hielt
die anstandslose Endverteidigung der Berliner stand.<br />
<br />
<h4>
Was geht im Rückspiel?</h4>
<br />
Am
Ende tat sich der VfB in der Favoritenrolle wie erwartet schwer. Das
Ballbesitzspiel war im Ansatz gut, aber auch ziemlich wechselhaft. Für
ein besseres Endprodukt fehlt vermutlich die Trainingszeit und
die strategische Qualität auf der <span class="hiddenSpellError">Sechserposition</span>. Ohne das sonst starke, aber in dieser Konstellation weniger relevante <span class="hiddenSuggestion">Pressing</span>, bleibt das Umschaltspiel die große Stärke des VfB.<br />
<br />
Ob
dieses Umschaltspiel im Rückspiel für die benötigten Tore sorgen kann,
hängt auch davon ab, mit welcher Strategie Union in das Heimspiel geht.
Hoffnung macht aus VfB-Sicht, dass Union den VfB wahrscheinlich in jedem
Fall nicht vollständig kontrollieren können wird. Stellen sie sich
hinten rein, dürfte der Druck irgendwann zu groß werden. Verlassen <span class="hiddenGrammarError">sie</span>
sich auf ihre Stärken, wie in diesem Spiel, dann, wird es auch wieder
Situationen geben, in denen der VfB seine individuelle Überlegenheit in
die Waagschale werfen kann.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-91058194286597252362019-04-21T12:04:00.000+02:002019-04-21T12:04:01.833+02:000:6<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-3LIGOEkGTe0/XLw4-s3GzSI/AAAAAAAABWY/7dD7Q0pXt0gXRCUFtxk21jO-0DNX9O0rQCLcBGAs/s1600/1819_fcavfbew.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="998" data-original-width="1600" height="150" src="https://2.bp.blogspot.com/-3LIGOEkGTe0/XLw4-s3GzSI/AAAAAAAABWY/7dD7Q0pXt0gXRCUFtxk21jO-0DNX9O0rQCLcBGAs/s300-c/1819_fcavfbew.png" width="150" /></a></div>
Gemäß bester VfB-Tradition wird auch Markus Weinzierl nach einer Pleite gegen den FC Augsburg gefeuert. Die höchste Stuttgarter Niederlage seit 1985 in der Analyse.<br />
<a name='more'></a><br />
Es ist wie so häufig, wenn man <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2018/01/stuttgarts-letztes-spiel-unter-hannes-wolf.html">auf das Spiel eines Trainers zurückblickt, das letztlich seine Entlassung herbeigeführt hat</a>. So ein Spiel muss nicht nur in seinem Verlauf oder Ergebnis so außerordentlich gewesen sein, dass es die Meinung der Entscheidungsträger maßgeblich ins Negative verändert hat. Bei vielen VfB-Coaches der letzten Jahre kamen in ihren letzten Spielen auch tief greifende taktische Veränderungen dazu (die logischerweise nicht aufgingen, sonst wären sie wohl kaum entlassen worden). Vor einem Trainerwechsel liegt natürlich meist ein Negativlauf vor und die erfolglosen Trainer wollten etwas an der erfolglosen Spielweise verändern oder investierten vielleicht auch zusätzliche Energie in die Ausarbeitung raffinierter Gegneranpassungen.<br />
<br />
In diesem Sinne war auch Weinzierls Abgang taktisch absolut spektakulär.<br />
<br />
<h4>
Angriffspressing mit Fünferkette</h4>
<br />
In den vergangenen Wochen suchte Weinzierl nach Möglichkeiten das defensiv sehr stabile 5-3-2 so zu erweitern, dass es offensiv besser funktionierte. <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2019/04/die-ruhigen-und-die-wilden.html">Vor zwei Wochen gegen Nürnberg</a> experimentierte er erstmals (auch aus Verletzungsgründen) mit der Besetzung des 5-3-2 und stellte später auf 4-1-4-1 um. <a href="https://spielverlagerung.de/2019/04/13/ueber-randgebiete-zum-arbeitssieg/">Eine Woche darauf versuchte er, das 5-3-2 in Ballbesitz in ein 4-4-2 umzuwandeln</a>. Der Ansatz gegen Augsburg war radikaler, denn er packte nun die bis dato erfolgreiche Pressingformation an. Statt einem 5-3-2 spielte der VfB ein 5-2-1-2.<br />
<br />
Wie wir noch sehen werden ist das 5-2-1-2 ein kleiner Sonderling unter den Formationen. Insbesondere ist der Nachteil vieler Fünferketten-Systeme, dass man wenig Spieler für hohes Pressing vorne hat, beim 5-2-1-2 weniger ausgeprägt. Die zwei Spitzen können die Innenverteidiger anlaufen, der Zehner den tiefsten Sechser zustellen und die Flügelverteidiger über außen aufrücken. Das ist deutlich einfacher zu organisieren als zum Beispiel das Aufrücken in einem 5-3-2. So spielte der VfB sein System auch von Beginn an im Angriffspressing. Weinzierl spiegelte damit Augsburgs 4-1-4-1 und erzwang lange Bälle.<br />
<br />
<h4>
Augsburgs Rechtsüberladungen und lange Bälle</h4>
<br />
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-4O2gRgsPpUE/XLw4tI6kJaI/AAAAAAAABWQ/8sgLrRCXVComirdtSM8TUNBFF6f1jUQnACLcBGAs/s1600/1819_fcavfb1.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://2.bp.blogspot.com/-4O2gRgsPpUE/XLw4tI6kJaI/AAAAAAAABWQ/8sgLrRCXVComirdtSM8TUNBFF6f1jUQnACLcBGAs/s1600/1819_fcavfb1.png" width="258" /></a>Augsburg schlug diese langen Bälle auf die rechte Seite, wo sich mit Hahn und Gregoritsch robuste Spieler herumtrieben. Das ganze Spiel hinweg überluden sie vorrangig auf dieser Seite. Gregoritsch stieß hier manchmal von der rechten Acht mit vor, nahm aber meistens absichernde oder herausgekippte Positionen hinter Schmid ein. Damit machte er Platz für Khedira, der sich dann wie ein Zehner bewegte und gelegentlich mit rüberkam. Dieses diagonale Herüberschieben zeigte Khedira gut getimt auch im Pressing und Gegenpressing, womit er insgesamt den Fokus auf rechts in allen Spielphasen gut ergänzte.<br />
<br />
Währenddessen spielte Hahn als Rechtsaußen breit und bekam Untersütztung vom sehr offensiven Schmid, der ebenfalls die Nähe zur Seitenlinie suchte. Zudem pendelte Richter von der Mittelstürmer-Position aus immer wieder weit nach rechts. Dort war also eine massive Überladezone, während Max ballfern hoch und breit auf Schnittstellenpässe und Hereingaben spekulierte.<br />
<br />
Die langen Bälle von Augsburg funktionierten mittelmäßig. Kempf ging extrem aggressiv in die Kopfballduelle gegen Hahn, Gregoritsch und teilweise sogar Khedira und gewann nicht wenige davon. Aufgrund der Gleichzahlsituation, die Stuttgarts mannorientiertes Angriffspressing zur Folge hatte, konnten aber auch Bälle in seinen Rücken verlängert werden oder durchrutschen und dann von ausweichenden Augsburgern erlaufen werden.<br />
<br />
<h4>
Dominanz der 50/50-Bälle</h4>
<br />
Der VfB hatte in den ersten 10 Minuten (und in leicht geringerem Maße auch danach) zwei große Probleme:<br />
<br />
1. Augsburg gewann mehr 50/50-Bälle im Mittelfeld.<br />
2. Sie bekamen im 5-2-1-2 die tiefe Flügelverteidigung auf links nicht vernünftig organisiert.<br />
<br />
Dass Punkt 1 ein Problem war, hing damit zusammen, dass beide Mannschaften relativ offensiv dachten und immer ein bisschen "zockten". Bei beiden Teams rückten relativ viele Spieler relativ schnell auf und spekulierten dabei auf Ballgewinne der eigenen Mannschaft, um dann direkt Richtung Tor zu gehen. In dieser Konter-Gegenkonter-Dynamik war es unheimlich wertvoll den Ball zu gewinnen, um dann selbst zu kontern, anstatt ausgekontert zu werden. Da nicht nur der VfB, sondern auch Augsburg mit Angriffspressing (meist aus dem Gegenpressing heraus, also nachdem sie schon vorne waren) ins Spiel ging, gab es von beiden Teams zunächst viele lange Bälle. Wenn diese Bälle ins Mittelfeld abprallten, entstanden chaotische Situationen, in denen beide Teams also um den zweiten Ball kämpften.<br />
<br />
Diese Situationen sind immer ein wenig schwierig zu analysieren, weil sie eben so chaotisch sind. Oft entscheiden Kleinigkeiten darüber, ob im Getümmel ein Ball zum eigenen oder zum gegnerischen Team abprallt oder ob ein Pass gerade so abgefangen wird. Entscheidende, wiederkehrende Faktoren sind daher oft kaum zu destillieren. Woran man es auch immer festmachen will: Der FCA schaffte es, ganz viele dieser 50/50-Situationen auf seine Seite zu ziehen. Eine dieser Situationen führte später direkt zum dritten Tor. In der Anfangsphase half Augsburg diese Stärke vor allem dabei, Präsenz in Stuttgarts Hälfte zu bekommen – und Problem 2 zu triggern.<br />
<br />
<h4>
5-2-1-2-Meltdown</h4>
<br />
Ein großer Nachteil des 5-2-1-2 ist die Schwierigkeit, Ausweich- und Verschiebebewegungen zum Flügel zu koordinieren. Da nur ein bis zwei Spieler pro Linie verfügbar sind, gehen schnell Lücken auf und Verbindungen in die Mitte reißen ab, wenn einer von denen weit nach außen geht. Bleiben alle zentral, hat man wiederum außen zu wenig Präsenz.<br />
<br />
Dieses Problem bestand beim VfB ganz massiv bei der Verteidigung von Einwürfen von links in der eigenen Hälfte (wobei das Pendel in Richtung "alle bleiben zentral" ausschlug). Der VfB organisierte sich in diesen Situationen so, dass relativ viele Spieler in Mannorientierungen blieben. Zuber blieb bei Baier, Gonzalez oder Gomez störte lediglich den Rückpass auf Gouweleeuw, Kabak bewegte sich in der Nähe von Gregoritsch. Da Gregoritsch wie erwähnt in den Rechtsüberladungen eher absichernde Positionen einnahm und gar nicht so aktiv an den Kombinationen teilnahm, blieb auch Kabak eher unbeteiligt an der Verteidigung der Spielzüge (auf rechts gab es dieses Problem übrigens nicht, da schob Zuber dann nach außen durch und es entstand ein 5-3-2). Ohne Kabak und ohne einen nach hinten helfenden Stürmer stand Insua auf dem Flügel 1 gegen 2 gegen Schmid und Hahn. Wenn Kempf zur Unterstützung dazukam, wurde durch Richters Ausweichen oder das Aufrücken von Gouweleeuw aus dem 1 gegen 2 schnell ein 2 gegen 3, was auch nicht viel besser ist.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-3LIGOEkGTe0/XLw4-s3GzSI/AAAAAAAABWc/gYES1fFn2RgCrFCvLn1TsjvVRqek9ws5ACEwYBhgL/s1600/1819_fcavfbew.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="998" data-original-width="1600" height="199" src="https://1.bp.blogspot.com/-3LIGOEkGTe0/XLw4-s3GzSI/AAAAAAAABWc/gYES1fFn2RgCrFCvLn1TsjvVRqek9ws5ACEwYBhgL/s1600/1819_fcavfbew.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Die schematische Situation nach einem Einwurf von links. Gonzalez bzw. Gomez, Kabak, Zuber und Kempf sind mannorientiert gebunden und helfen Insua nicht gegen Hahn und Schmid. Man kann sich vorstellen, dass in einem 5-3-2 der ballnahe Achter problemlos unterstützen könnte.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
So hatte der VfB nach Einwürfen auf der Insua-Seite ständig isolierte Unterzahlen. Augsburg konnte sich dort mit Leichtigkeit nach vorn kombinieren, aufrücken, unbedrängt Torchancen herausflanken und gegenpressen. Nach zehn dominanten Augsburger Minuten fiel das 0:1 blitzsauber nach diesem Muster. Der VfB wurde nach Strich und Faden hergespielt.<br />
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<h4>
Wechsel aufs Notfallsystem</h4>
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-QsuQIIB3cqs/XLw7KSdO99I/AAAAAAAABWk/cbzBfaeDopESh2OD8oWbD6MKxDen4MwhwCLcBGAs/s1600/1819_fcavfb2.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-QsuQIIB3cqs/XLw7KSdO99I/AAAAAAAABWk/cbzBfaeDopESh2OD8oWbD6MKxDen4MwhwCLcBGAs/s1600/1819_fcavfb2.png" width="258" /></a></div>
Positiv war, dass Weinzierl nach diesem Treffer sofort reagierte. Der Notfallplan hieß 4-4-2, Zuber ging von der Zehn nach links und Esswein eins vor.<br />
<br />
Das Spiel veränderte sich umgehend. Das lag aber erst mal an Augsburg, denn die wechselten nach der Führung von Angriffs- auf Mittelfeldpressing. Wenn Augsburg weiter aufrücken wollte, pressten ihre Außenstürmer im Bogen von außen auf die VfB-Innenverteidiger. Vor allem Kempf überspielte diese Läufe allerdings geschickt mit Lupfern oder über Ablagen auf die freien Außenverteidiger und provozierte damit aufwendige Folgeverschiebungen aus dem Mittelfeld, mit denen Augsburg die Stabilität wahrte, aber zurückgedrängt wurde.<br />
<br />
<h4>
Okaye Ansätze im 4-4-2-Aufbau</h4>
<br />
Im Spielaufbau suchte der VfB anschließend lange Bälle in die Tiefe und Verlagerungen. Vorne bewegten sich Gomez und Gonzalez gut aufeinander abgestimmt und öffneten sich gegenseitig Lücken in der letzten Linie. Da Augsburgs Innenverteidiger sehr mannorientiert spielten und leicht herauszuziehen waren, konnten lange Bälle hinter die Abwehr durchaus funktionieren. Zumal Stuttgarts Innenverteidiger oft Zeit am Ball hatten, denn um Druck zu machen, mussten Augsburgs Achter ja erst einmal rausrücken. Um aus diesen langen Bällen mehr als ansatzweise Gefahr zu generieren, war dieser Übergang nach vorne aber zu unkontrolliert. Später rochierte Gonzalez weniger mit Gomez und vermehrt mit Zuber. Das lockte Schmid nach innen und öffnete vereinzelt den Flügel für Gonzalez.<br />
<br />
Verlagerungen nach außen funktionierten dann am besten, wenn vorher ein Stürmer als Zwischenstation eingebunden wurde und einen Innenverteidiger rauszog. Kam dann die Flanke flott gegen die noch ausgedünnte Strafraumverteidigung rein, konnte es ansatzweise gefährlich werden. Verlagerungen nach rechts und anschließende Dribblings von Esswein waren hingegen kein probates Mittel.<br />
<br />
Eine weitere Idee im neuen Systems war, dass Insua mehr aufrückte als Baumgartl, damit Zuber einrücken kann. Dort, halblinks, agiert Zuber dann nicht nur in der Schnittstelle zwischen Schmid und Gouweleeuw, sondern auch im Freiraum neben Baier. Diese Umformung setzte der VfB aber nur inkonsequent um. Oft blieb Zuber doch breit und Insua tief. Manchmal ging Zuber in die Mitte, aber dann fehlte die aufrückende Bewegung von Insua, sodass Schmid Zuber einfach nach innen folgen konnte. Im ursprünglichen 5-2-1-2 wollte der VfB wohl (es gab ja nicht viele Aufbauszenen) in seinem gewohnten 3-1-4-2 aufbauen. Damit hätte man mit den Achtern quasi auf beiden Seiten eine solche "Zuber-Rolle" gehabt mit automatisch hohen Außenverteidigern. Also ohne dass für die Bildung dieser Struktur erst mal zwei Bewegungen spontan zusammenpassen müssen. Insofern tat es doppelt weh, dass das 5-2-1-2 defensiv zu schlecht war, um es weiterzuspielen.<br />
<br />
So besetzte der VfB die guten Räume erst als es schon 0:3 stand und sie die Absicherung reduzierten. Der hohe Rückstand bewegte Castro und Baumgartl dazu, weiter aufzurücken, während Esswein etwas einrückte. Dadurch wurden Halbraumverlagerungen von Zuber/Gonzalez auf Castro möglich. Außerdem musste Stafylidis gegen Castro und Esswein enger verteidigen, sodass Baumgartl außen mehr Platz bekam als Esswein zuvor. Das sorgte immerhin für mehr Szenen in Strafraumnähe, sowie Freistöße und Ecken.<br />
<br />
<h4>
Weiterhin Probleme im Pressing</h4>
<br />
Nun war die frühe Umstellung von Weinzierl aber vermutlich vor allem dazu gedacht, die Defensive zu stabilisieren. Wie sah es also an dieser Front aus?<br />
<br />
Mit dem 0:1 im Rücken, blieb der VfB erst mal im Angriffspressing, obwohl das 4-4-2 keine ganz so passenden Zuordnungen wie das 5-2-1-2 lieferte. Der VfB musste mehr improvisieren. Die Stürmer rückten tendenziell auf die Innenverteidiger, die Außenstürmer auf die Außenverteidiger. Einer der Sechser rückte etwas weiter raus und übernahm entweder Baier oder den im tiefen Aufbau teils unheimlich weit zurückfallenden Gregoritsch. Der andere Sechser stand oft zwischen den beiden übrigen zentralen Mittelfeldspielern.<br />
<br />
Ganz top war das nicht, aber in vielen Situationen reichte es, dass alle Spieler "irgendwie" von der Formation abgedeckt waren, damit Augsburg den langen Ball schlug. Der FCA mied das letzte Risiko im flachen Aufbau. Gerade wegen der 2-gegen-3-Unterzahl von Castro und Kabak im Zentrum musste der VfB aber aufpassen, dass Khedira etwa keine langen Bälle bekam. Manchmal verloren die VfB-Sechser den Kontakt zur Abwehr, wenn sie zu hoch und nicht balanciert in den Räumen standen. Kabak hatte auf der ungewohnten Position vereinzelte Szenen drin, in denen er sich fast schon willkürlich bewegte.<br />
<br />
Auch die Flügelverteidigung funktionierte nur bedingt besser. Theoretisch konnte die Unterstützung für Insua jetzt leichter organisiert werden, indem Zuber nach hinten hilft und Kabak ballorientiert nach außen schiebt. Allerdings musste Kabak auch mal Baier anlaufen, wenn die Stürmer zu passiv gegen die Innenverteidiger standen und Zuber konnte von Gregoritsch herausgelockt werden, wenn er hinter Schmid herauskippte.<br />
<br />
Die Defensive blieb daher trotz der Umstellung anfällig.<br />
<br />
<h4>
... und Probleme bei Ecken</h4>
<br />
Das 0:2 fiel wenige Minuten nach dem 0:1 durch eine Ecke, die einer guten, vom VfB aber auch schlampig bespielten Gegenpressing-Szene der Augsburger entsprang. Generell war der VfB in diesem Spiel bei gegnerischen Ecken nicht ganz sattelfest. Der VfB spielte eine Mischung aus Raum- und Manndeckung, hatte aber nicht genügend Manndecker, um alle Augsburger direkt zu verteidigen. Daher konnten diese ungedeckten Augsburger außerhalb des Fünfers, wo es keine Raumdecker gab, zu relativ freien Abschlüssen kommen.<br />
<br />
<h4>
Zweite Halbzeit</h4>
<br />
Mit Didavi und Donis für Insua und Esswein wechselte Weinzierl zur Pause nochmal offensiv nach – und stellte interessant um. Statt im 4-4-2 startete der VfB, <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2019/04/die-ruhigen-und-die-wilden.html">ähnlich wie gegen Nürnberg nach der Pause</a>, mit einem 4-1-4-1/4-4-2-Mix in die Halbzeit. Außerdem lief der VfB nicht mehr im Angriffspressing vorne an, sondern startete in einem hohen Mittelfeldpressing.<br />
<br />
Ungewöhnlich an diesem 4-1-4-1/4-4-2 war, dass die Asymmetrie dadurch hergestellt wurde, dass Zuber als linker Achter von sehr weit außen rausrückte, anstatt zentral neben Gomez zu schieben. Wahrscheinlich wollte Weinzierl mit dieser Maßnahme Gouweleeuw zustellen und seine Vorstöße etwas eindämmen. Allerdings entstand so eine Lücke zwischen Gomez und Zuber. Diese musste Castro verteidigen, der im 4-1-4-1 den alleinigen Sechser spielte. Dadurch wurde seine Rolle allerdings aufwendig und komplex, denn (a) als tiefster Sechser musste er ja auch noch auf den Zwischenlinienraum aufpassen und (b) musste er <i>außerdem</i> hinter Zuber auf den linken Flügel nachschieben, um gegen Augsburgs Überladungen mitzuhelfen. Dort verteidigte der neue Linksaußen Gonzalez jetzt zumindest konsequent in tiefer Grundposition mit und entschärfte die Probleme auf diesem Flügel etwas.<br />
<br />
In dieser Formation versuchte der VfB in ein hohes Mittelfeldpressing zu kommen. Mit nur einem statt zwei Stürmern fehlte der Druck auf die Innenverteidiger, aber ihre Optionen wurden mit hoher Intensität unter Druck gesetzt. Besonders krass war dabei die Pressingbewegung von Castro und vereinzelt auch Didavi. Castro ging irrsinnig weite Wege im Pressing, verschob ohne direkten Gegenspieler brutal nach links, nach rechts und nach vorne, um Druck zu machen. Didavi spielte tiefer als Zuber, teilweise neben Castro in einer Doppelsechs, kümmerte sich um Moravek und verfolgte ihn sogar, wenn er hinter Castro weit nach rechts rochierte.<br />
<br />
Aus diesem unterhaltsamen Mittelfeldpressing wurde nach einigen Minuten aber schon wieder ein Angriffspressing. Zuber oder Castro schoben als zweite Spitze nach vorne, während Didavi Baier presste. Die Räume dahinter wurden dadurch aber verwundbarer und ein etwas übermütiges Herausrücken von Kabak später (plus ein bisschen unglückliches Ping-Pong) stand es 0:4. Weil der VfB die Offensivpräsenz weiter hochfuhr fielen die Kontertore zum 0:5 und 0:6, denn der Gegner hatte nach wie vor Bock auf Offensive und Risiko.<br />
<br />
<h4>
Fazit</h4>
<br />
So gut manche von Weinzierls Gegneranpassungen in der Vergangenheit aufgegangen sind. Diese hier klappte überhaupt nicht. Die schwache Flügelverteidigung des 5-2-1-2 wurde von Augsburgs Überladungen auseinandergenommen. Im Nachhinein war auch Ozan Kabak für die Sechs von den suboptimalen verfügbaren Optionen (ein Kader-Thema) vermutlich nicht die beste Wahl. Die notdürftigen Systeme, auf die dann umgestellt wurde, brachten keine Stabilität. Ohne das gewohnte 5-3-2 (bzw. wohl auch den Fokus in der Vorbereitung auf das konsequente Verteidigen in diesem System) brach die Defensive des VfB ein.<br />
<br />
Damit ist diese Niederlage auch irgendwie typisch für Weinzierls komplette Amtszeit beim VfB. Es gab defensiv extrem stabile Phasen ohne die offensive Schlagkraft und es gab Spiele mit tollen offensiven Abläufen und einer chaotischen Defensive. Der Versuch, beide Stärken unter einen Hut zu bringen, führte dazu, dass keine von ihnen mehr vorhanden war – und schließlich einem 0:6 gegen den FC Augsburg.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-14867425836693903762019-04-07T18:11:00.001+02:002019-04-07T18:11:45.630+02:00Die Ruhigen und die Wilden<div class="hidepic">
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-Uq3dn26_hZ0/XKoWip2c5CI/AAAAAAAABVw/-w2L8gC2JvstHXQBdYNtueL0Z47FeAKzwCEwYBhgL/s1600/1819_vfbfcn_aufbau.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="975" data-original-width="1600" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-Uq3dn26_hZ0/XKoWip2c5CI/AAAAAAAABVw/-w2L8gC2JvstHXQBdYNtueL0Z47FeAKzwCEwYBhgL/s300-c/1819_vfbfcn_aufbau.png" width="150" /></a></div>
</div>
Der ligaweite Ballbesitztrend hat den Abstiegskampf erreicht. Während Nürnberg dank kalkulierter Aufbaustruktur mithalten kann, passen beim VfB die Einzelteile nicht so richtig zusammen. Am Ende wird aus dem ruhigen Gegeneinander ein wuchtiger Schlagabtausch.<br />
<a name='more'></a><br />
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-er2pZdVFDzQ/XKoViXiKCZI/AAAAAAAABVk/SaeO-SrXxiQDCyH_GAZGSt1z_57vohbRACLcBGAs/s1600/1819_vfbfcn1.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://3.bp.blogspot.com/-er2pZdVFDzQ/XKoViXiKCZI/AAAAAAAABVk/SaeO-SrXxiQDCyH_GAZGSt1z_57vohbRACLcBGAs/s1600/1819_vfbfcn1.png" width="258" /></a>In den letzten Wochen fand der VfB einen Weg zur Stabilität, indem sie sich auf ein 5-3-2-
Mittelfeldpressing mit vielen Zwischenpositionen konzentrierten. Aufgrund des Ausfalls von Gonzalo Castro musste Weinzierl jetzt zum ersten Mal umbauen. Er entschied sich für Donis als zweite Spitze, während Esswein die höhere linke Acht von Zuber übernahm. Zuber spielte wiederum die tiefere rechte Acht. Insgesamt war der VfB damit offensiver besetzt als zuvor.<br />
<br />
Im Pressing konnte der VfB das hohe Niveau der Vorwochen zunächst nicht halten. Aus dem Mittelfeldpressing heraus wollte der VfB nach vorne verteidigen, aber die Kohärenz zwischen den Mannschaftsteilen fehlte. Die Stürmer liefen die Abwehr an und stellten Rückpässe zu, ohne dass die Akteure dahinter konsequent nachschoben. Das öffnete Räume für Nürnbergs zentralen Sechser Erras in der Mitte des Stuttgarter Pressing-Fünfecks und Nürnberg konnte sich über ihn befreien.<br />
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<h4>
Nürnberger Ballbesitzfußball </h4>
<br />
Nürnberg füllte seine Spielanteile mit einer einstudierten Struktur aus und kontrollierte damit die Anfangsphase. Ihr 4-3-3 formten sie in eine anderen Formation um: Rechtsverteidiger Bauer rückte in die letzte Linie auf und schuf Breite, während Löwen rechts herauskippte und die Bälle forderte. Da Esswein erstmal von der Achterposition aus rausschieben musste, hatte Löwen im ersten Moment Zeit am Ball.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-Uq3dn26_hZ0/XKoWip2c5CI/AAAAAAAABVs/rIyksbsxKb4Z_MyFbUqMXB3PuTcduDM6ACLcBGAs/s1600/1819_vfbfcn_aufbau.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="975" data-original-width="1600" height="195" src="https://1.bp.blogspot.com/-Uq3dn26_hZ0/XKoWip2c5CI/AAAAAAAABVs/rIyksbsxKb4Z_MyFbUqMXB3PuTcduDM6ACLcBGAs/s1600/1819_vfbfcn_aufbau.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Schema der Nürnberger Aufbaustruktur (hier im mittelhohen Aufbau)</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Die wichtigsten Stationen für Löwen im Anschluss waren der bereits erwähnte Erras, der als Ankerspieler im Sechserraum blieb, sowie Rechtsaußen Pereira. Da Insua von Bauer gebunden wurde und Ascacibar Erras im Auge behalten musste, lag es an Kempf, Pereira zu verteidigen. Diese Ausgangssituation stellte den VfB vor Schwierigkeiten. Kempf musste entweder weit rausrücken und kaum abgesicherte Duelle mit dem wendigen Brasilianer führen oder hinten bleiben und ihn aufdrehen und andribbeln lassen. Erschwerend kam hinzu, dass nicht nur Pereira, sondern auch der ausweichende Ishak Kempf beschäftigte und Gefahr in die Tiefe ausstrahlte.<br />
<br />
Am unangenehmsten war Pereira, wenn er auf den Flügel auswich, denn dann konnte Kempf ihm gar nicht mehr folgen <a href="https://www.vfbtaktisch.de/2018/01/stuttgarts-letztes-spiel-unter-hannes-wolf.html">(ein offenbar beliebter Trick gegen 5-2-3-ähnliche Formationen)</a>. Wenn dann etwa Insua anlief, wurden einfache hohe Bälle auf Bauer möglich und Nürnberg konnte aufrücken. Im Anschluss an derartige Aufrückmomente versuchten sie die übrigen Spieler einzubinden. Ishak, Behrens und Kerk bewegten sich kollektiv in die Schnittstellen, teils mit Wechselbewegungen und dienten als Anschlussoptionen. Währenddessen sicherte Leibold etwas einrückend ab. Das alles klappte auch ganz gut und brachte Torgefahr, etwa bei Pereiras Großchance kurz vor dem 0:1.<br />
<br />
Am Rande bemerkt: Nürnberg hatte auch für den Aufbau über links eine Idee. Dafür tauschten einfach Kerk und Leibold die Position, um Beck zu locken. Der Effekt war vergleichbar mit Pereiras Ausweichen, das Insua herauszog. Nach Kerks früher Auswechslung wegen Kreislaufproblemen (gute Besserung!) gab es diese Variante jedoch nicht mehr zu sehen.<br />
<br />
<h4>
Stuttgart übernimmt</h4>
<br />
Ein wichtiges Merkmal von Nürnbergs System war, dass es nicht nur gegen Stuttgarts Mittelfeldpressing funktionierte, sondern auch gegen ihr Angriffspressing (eine Ballbesitztruktur auf verschiedene Höhen zu übertragen ist nicht trivial - viele (?) Ballbesitzsysteme setzen ein Mittelfeldpressing beim Gegner voraus). Mit der Zeit spielte der VfB konsequenter und mit einer besseren Struktur Angriffspressing. Indem Zuber auf die Zehnerposition gegen Erras rückte und Beck sich aus der Fünferkette nach vorn löste, entstand eine schiefe, breite Mittelfeldraute. Damit entwickelte der VfB mehr Druck auf Erras. Löwen und Pereira blieben dagegen schwer zu greifen.<br />
<br />
Trotzdem übernahm der VfB langsam das Kommando und fand in das eigene Ballbesitzspiel. Dieses sah ähnlich aus wie in den letzten Wochen - ein 3-1-4-2, nur mit noch offensiveren Achtern. Im Detail zeigten sich aber klare Veränderungen. Zuber tendierte etwas ins Zentrum und spielte über weite Strecken einen klassischen Zehner, der kaum unterstützte. Gomez und Donis setzten sich nach rechts ab, während Esswein weit nach links auswich. Der VfB überlud damit tendenziell halbrechts.<br />
<br />
Interessanterweise bedeutete das nicht, dass der VfB besonders viel über rechts spielte. Das Gegenteil war der Fall. Insua und Esswein bildeten das dominante Pärchen in der ersten Halbzeit. Ohne weitere Unterstützung versuchten die beiden den Flügel runter zu spielen und anschließend die Ballungszone halbrechts mit Flanken zu bedienen.<br />
<br />
<h4>
Erfolgreiche Flügelverteidigung</h4>
<br />
Diese einfachen Flügelangriffe verteidigte Nürnberg aber solide. Gegen den Ball organisierten sie sich im 4-1-4-1/4-3-2-1. Die Außenstürmer liefen die Halbverteidiger von außen an, um den VfB nach innen zu lenken. Dort machten drei Sechser den Raum vor der Abwehr extrem eng. Zwar ließ Nürnberg Insua und Beck damit offen, aber im besten Fall verschwanden sie im Deckungsschatten des anlaufenden Außenstürmers. Alternativ wurden sie direkt von den Außenstürmern verteidigt. Entweder im Rückwärtspressing oder mannorientiert. Vor allem Pereira stellte gelegentlich Fünferketten gegen Insua her, wenn Bauer eng gegen Esswein verteidigen musste.<br />
<br />
Ansonsten war Pereira in der Defensivarbeit aber auffallend launenhaft. Vielleicht wollte der VfB deshalb über links kommen. Wenn Pereira gerade mal fehlte, halfen Löwen und teils Ishak jedoch mit weiten Läufen aus, während Erras die Schnittstelle zwischen Bauer und Mühl im Auge behielt. Ohne einen dritten Spieler, der Räume anlaufen kann, fehlte es über links an ausreichender Präsenz, um Nürnbergs Verteidigung vor Probleme zu stellen. Die Besetzung des Strafraums mit Beck, der den zweiten Pfosten attackierte, war zumindest ein kleiner Pluspunkt.<br />
<br />
Über die unterladene Seite anzugreifen, erwies sich für den VfB also nicht wirklich als effektive Strategie. Einen spannenden Aspekt hatte sie allerdings - nämlich im Gegenpressing. Nach Flanken oder ungenauen Diagonalbällen auf die rechte Seite hatte der VfB mit Donis, Gomez, Zuber und Beck sofort Überzahl und kam hervorragend ins Gegenpressing. Daraus entstanden einige der aussichtsreichsten Stuttgarter Angriffe per Gegenkonter.<br />
<br />
<h4>
Zweite Halbzeit</h4>
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-U1FB2uSi5fE/XKoeR27H5LI/AAAAAAAABV4/p9PD5Dljffk7mNr1MO9DnWgoSjzeQFH5gCLcBGAs/s1600/1819_vfbfcn2.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-U1FB2uSi5fE/XKoeR27H5LI/AAAAAAAABV4/p9PD5Dljffk7mNr1MO9DnWgoSjzeQFH5gCLcBGAs/s1600/1819_vfbfcn2.png" width="258" /></a></div>
Als Reaktion auf das 0:1 stellte Weinzierl in der Pause auf ein breites 4-1-4-1 um. Didavi kam für Beck und spielte eine Zwischenposition aus Zehner, linkem Achter und hängender Spitze, während Zubers Rolle halbrechts ungefähr gleich blieb. Esswein und Donis spielten fortan als breite Flügelstürmer. Esswein bekam Unterstützung von Insua, der mal eingerückt, mal breit spielte. Der neue Rechtsverteidiger Kabak hielt sich offensiv zurück und überließ den Flügel Donis, der isolierte Dribblings zeigen sollte.<br />
<br />
Ein Vorteil dieser Ausrichtung war, dass der VfB seine Anordnung im Angriffspressing beibehalten konnte. Didavi rückte dafür neben Gomez und statt Beck spielte Donis den rechten Halbspieler der Pressingraute. Der Club fand gegen diesen frühen Druck nicht mehr in sein Ballbesitzsystem aus der ersten Hälfte (auch wenn sie es ein paar Mal versuchten). Sie scheuten das Risiko und suchten vermehrt Ishak, der jetzt nach links auswich und mit Behrens und Kubo zusammen um die langen Bälle kämpfte.<br />
<br />
Zudem erschwerte der Viererketten-Aufbau Nürnberg den Zugriff, da die Zuordnungen für den Dreiersturm nicht mehr so klar waren wie gegen die Dreierkette. Der VfB spielte nun viele Verlagerungen und versuchte Esswein und Donis in Dribblings zu schicken. Den beiden fehlte allerdings die Unterstützung von Zuber und Didavi, die eher selbst die Bälle forderten und zu wenig Läufe in die Tiefe anboten. Dadurch konnten Nürnbergs Außenverteidiger zum Flügel rausschieben, ohne sich Sorgen um die Schnittstellen machen zu müssen.<br />
<br />
<h4>
Der VfB im Flankenwahn</h4>
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Dieses Problem behob Weinzierl in der 60. Minute mit der Einwechslung von Gonzalez für Esswein. Dadurch rückte Zuber auf links und der VfB spielte ein noch wuchtigeres 4-1-3-2. Nun bildeten sich auf der ballfernen Seite große Überzahlsituationen, weil die Spieler kollektiv auf die Flanke aus dem Halbfeld spekulierten. Die Flanken kamen und es fiel zumindest der Ausgleichstreffer.<br />
<br />
Aus der Ballkontrolle und dem Offensivpotential, das der VfB nach der Pause auf dem Platz hatte, machten sie dennoch sehr wenig. Nürnberg reagierte auf die Offensivpräsenz des VfB mit konsequenter Defensivarbeit der drei Sechser plus Kubo. Die vier schlossen eng an die Viererkette an und konnten dort nachstoßende Läufe aufnehmen. Der VfB wählte gegen dieses Bollwerk ungeduldig die Flanke, anstatt gezielt nach offenen Räumen zu suchen. Immer wieder flankten sie aus bedrängter Position an der Seitenlinie den Ball in die Mitte, anstatt nochmal zurückzuspielen und eine bessere Situation abzuwarten. Läufe in die geöffneten Schnittstellen wurden kaum angespielt und Optionen im Rückraum ignoriert. Dieses stumpfe, hektische Vorgehen limitierte nicht nur die eigene Torgefahr, sondern ermöglichte außerdem den einen oder anderen Konter für Nürnberg.<br />
<br />
In den letzten paar Minuten entwickelte sich schließlich ein offener Schlagabtausch. Der VfB warf alles nach vorne. Nürnberg konterte riskant über die Außenverteidiger. Beide wollten den Sieg erzwingen, doch die Torhüter retteten ihren Mannschaften das insgesamt leistungsgerechte Unentschieden.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-85557021815905608522018-12-19T18:56:00.000+01:002018-12-19T18:56:11.300+01:00Spielanalyse: VfL Wolfsburg - VfB Stuttgart 2:0<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-9UKvS3QgMh0/XBp7ikAUrBI/AAAAAAAABU4/SHStUyM11X4BpohO_7a5RDywtjaJnfm6wCEwYBhgL/s1600/1819_wobvfb.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-9UKvS3QgMh0/XBp7ikAUrBI/AAAAAAAABU4/SHStUyM11X4BpohO_7a5RDywtjaJnfm6wCEwYBhgL/s300-c/1819_wobvfb.png" width="150" /></a></div>
Der VfB flankt gegen einen Flanken-resistenten Gegner und spielt auch noch schlechtes Pressing. Nach dem Rückstand packt der VfB dann zum zweiten Mal seinen brachialen Plan B aus, doch Labbadias Mentalitätsmonster halten dagegen.<br />
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<a name='more'></a><a href="https://4.bp.blogspot.com/-9UKvS3QgMh0/XBp7ikAUrBI/AAAAAAAABU4/bz-HtyKCHZMdHhA1HxC_ZDL6RBbDZq08gCLcBGAs/s1600/1819_wobvfb.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://4.bp.blogspot.com/-9UKvS3QgMh0/XBp7ikAUrBI/AAAAAAAABU4/bz-HtyKCHZMdHhA1HxC_ZDL6RBbDZq08gCLcBGAs/s1600/1819_wobvfb.png" width="258" /></a><a href="https://twitter.com/MeinVfB/status/1062616220829184000">Wie üblich unter Weinzierl</a> trat der VfB auch gegen Bruno Labbadias VfL Wolfsburg in einer asymmetrischen Mischformation auf. Diesmal war es ein Mix aus 4-2-3-1 und Raute, da Donis zwischen Rechtsaußen und Mittelstürmer und Gonzalez zwischen Achter und Linksaußen positioniert war. Ähnlich wie gegen Hertha wechselte der VfB zunächst zwischen einem tiefem Mittelfeldpressing und einem Angriffspressing, um die Vorteile von beidem zu verbinden: Einerseits stabil stehen, andererseits den Gegner auch mal unter Druck setzen, um sich Spielanteile zu holen. Beide Varianten funktionierten in der ersten Halbzeit nicht besonders gut.<br />
<br />
<h4>
So-lala-Angriffspressing gegen vielfältiges Aufbauspiel</h4>
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Das Angriffspressing fand in einer klaren Rautenformation statt. Akolo deckte als Zehner meist Guilavogui, während die Stürmer die Innenverteidiger anliefen oder zustellten. Das Problem: Die Außenverteidiger wurden zunächst nicht angelaufen, Wolfsburg konnte sich also relativ leicht dorthin lösen. Wenn der Außenverteidiger im Deckungsschatten eines Stürmers stand, löste sich Wolfsburg geschickt über eine zusätzliche Station im Zentrum, zum Beispiel den zurückfallenden Arnold (Guilavogui dann etwas nach rechts schiebend) oder einen der Innenverteidiger, die vereinzelt Kevin-Vogt-mäßig auf die Sechserposition rochierten und so ihren Gegenspieler wegzogen oder selbst frei wurden. Besonders Brooks rückte des Öfteren auch innerhalb der ersten Linie ins Zentrum, während Roussillon dann tief blieb, um die Breite zu halten. So konnte Wolfsburg auch mal mit Dreierkette aufbauen und die Wege auf Roussillon sehr weit machen.<br />
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So blieben die meisten Angriffspressing-Versuche des VfB in der Anfangsphase erfolglos. Nach rund einer Viertelstunde änderte sich das ein wenig, die Achter rückten aggressiver auf und liefen bis zu Wolfsburgs Außenverteidigern durch. Zudem liefen die Stürmer aus der Situation heraus öfter Casteels an und behielten dabei den Pass zu "ihrer" Seite im Deckungsschatten. Dadurch konnten die anderen Pressingspieler frühzeitig auf die andere Seite verschieben und viel einfacher als beim bloßen Zustellen den freien Außenverteidiger anlaufen. Gerade nach dem 1:0 legt der VfB auch deutlich an Intensität und Griffigkeit im Anlaufen zu und provozierte mehr lange Bälle und sogar den einen oder anderen tiefen Ballverlust, ohne jedoch Wolfsburgs variantenreiches, gut strukturiertes Aufbauspiel vollständig lahmlegen zu können.<br />
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Mannorientierungen zerstören die Kette</h4>
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Während das Angriffspressing also ambivalent daherkam, war das Mittelfeldpressing ein wenig klarer problembehaftet. Hier spielte der VfB in der beschriebenen Mischformation aus Raute und 4-2-3-1. Mit drei Sechsern plus Akolo als Zehner davor war das Zentrum überwiegend dicht. Allerdings konnte Wolfsburg problemlos um diesen Zentrumsblock herum den Ball laufen lassen. Sie spielten ungefähr 4-3-3 oder 4-4-2, waren allerdings vorne recht frei organisiert. Mehmedi hatte zum Beispiel eine Art Freirolle und tauchte mal links, mal rechts, mal zentral auf. Zudem tauschten die Achter und die Stürmer öfter die Seiten. Obwohl sie vorne also keine klare Flügelbesetzung hatten, rochierten Spieler wie Mehmedi, Gerhardt oder ein Stürmer immer wieder zur Seite. Zudem forderte Arnold viele Bälle von der linken Seitenlinie, während die Außenverteidiger manchmal ins Zentrum rückten, um Passwege nach außen zu öffnen. So ließ Wolfsburg den Ball geschickt in einer U-Struktur laufen, also viel hintenrum, viel außen und wenig innerhalb des gegnerischen Blocks. Der VfB bekam dagegen kaum Druck auf den Ball und wirkte bisweilen lasch im Anlaufverhalten. Wolfsburg nutzte das für lange Verlagerungen und Vertikalpässe an die letzte Linie.<br />
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Zum geringen Druck auf den Ball kam ein merkwürdiges Verhalten der Stuttgarter Viererkette. Grundsätzlich agierten die Abwehrspieler recht mannorientiert, die Außenverteidiger nahmen VfL-Spieler, die auf die Flügel rochierten aggressiv auf. Baumgartl und Kempf verfolgten kurze Läufe zur Seite oder zwischen die Linien von Ginczek und Weghorst oft eng. Durch diese Mannorientierungen schienen aber irgendwie grundlegende Kettenmechanismen außer Kraft gesetzt worden zu sein. Vor allen Dingen schob die Abwehr nicht wirklich als Einheit zum Ball, da die ballfernen Spieler etwa in losen Mannorientierungen stehen blieben. Dadurch wurden die Schnittstellen sehr groß.<br />
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Wolfsburg nutzte diese Lücken für ein paar gute Schnellangriffe. Ihre Läufe an der letzten Linie wirkten gut aufeinander abgestimmt. Mehrmals hatten sie drei gut gestaffelte Spieler an der letzten Linie zusammen, die alle die gleiche Idee hatten und sich entsprechend synchron zueinander bewegten. Ein Schlüsselspieler bei diesen Spielzügen war Daniel Ginczek, der sich immer wieder zwischen die Linien fallen ließ und Direktpässe und kreative Bälle hinter die Abwehr spielte - beste Einbindung seit damals im Duo mit Martin Harnik. Wolfsburgs Tore wurden zwar nicht direkt aus solchen Situationen herausgespielt, aber immerhin: Der Freistoß zum 1:0 entstand nach einem Vertikalball zwischen die Linien, wo sich Wolfsburg eigentlich schon hinter die Abwehr durchkombinieren kann (und der VfB im hohen Mittelfeldpressing reichlich unkompakt dasteht). Das 2:0 entstand aus einer Gegenpressing-Situation wo Ascacibar nach einer schnellen Dreieckskombination über den Flügel den Fehlpass am eigenen Strafraum spielt.<br />
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Flankenfußball gegen massive Strafraumverteidigung</h4>
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In der Anfangsphase dominierte Wolfsburg den Ball, indem sie das Angriffspressing des Gegners ausspielten. Um selbst zu Spielanteilen zu kommen, musste der VfB sich ebenfalls gegen ein Angriffspressing behaupten. Grundsätzlich agierte Wolfsburg noch einmal deutlich mannorientierter als der VfB und stellte häufig mit etwas Improvisation eins gegen eins zu. Das klappte ganz gut und wenn sie bis zu Zieler durchliefen, schlug dieser mehrere unkontrollierte Bälle ins Aus. Da Wolfsburg in Ballbesitz wie erwähnt sehr frei auftrat, mussten sie ihre Unordnung aus den Ballbesitzsituationen manchmal auch ins Pressing mitnehmen. Gerade dann gelang es dem VfB recht gut, sich über die Flügel an der zentrumsorientierten 4-3-Restformation vorbeizuschieben, zum Beispiel über die kraftvollen Dribblings von Insua und Gonzalez. Ansonsten zeigten sie einzelne geschickte Spielzüge über die Halbräume linear nach vorne, wo sie mit ausweichenden Bewegungen von Akolo, Gentners Vorstößen oder Kempfs Ruhe am Ball die Mannorientierungen von Wolfsburg knacken konnten.<br />
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Die eigentlichen Probleme des VfB begannen nach dem Übergang nach vorne. Wolfsburg verteidigte dort so ähnlich wie sie angriffen: Sie fokussierten sich auf die Flügel und die Abwehrlinie und improvisierten viel. Die Achter rückten extrem weit zum ballnahen Flügel, teils sogar beide gleichzeitig, während Guilavogui in der Abwehrkette aushalf und manchmal sogar noch von Gerhardt oder Arnold mannorientiert zurückfallend unterstützt wurde. Dadurch entstanden chaotische Staffelungen mit riesigen Räumen im Zentrum vor der Abwehr, die Weghorst und vor allem Ginczek mit gutem Timing mitverteidigen mussten. Teilweise schob auch Roussillon wild ins Zentrum mit ein. Der VfB tat den Wölfen den Gefallen, immer wieder in den Räumen zu spielen, die Wolfsburg verteidigte und keinen Druck auf die Räume zu machen, die sie offen ließen. Die VfB-Spieler orientierten sich oft zu langsam und zu sehr zum Flügel mit dem Ziel zur Flanke zu kommen, sodass sie die Räume im Zentrum nicht nutzen konnten und keinen Zug zum Tor entwickelten. Mit ihrer massiv aus dem Mittelfeld unterstützten Strafraumverteidigung, konnte Wolfsburg die folgenden hohen Bälle überwiegend klären. Dass mit Aidonis (noch instabil natürlich, aber tolle Ansätze), Gonzalez und Donis drei von vier Außenspielern keine Experten für Flanken sind, half da natürlich auch nicht.<br />
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Weinzierls Plan B</h4>
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Nun geriet der VfB auch schon am Wochenende gegen Hertha BSC nach einer schwachen Leistung in Rückstand, konnte sich dann steigern und das Spiel drehen. Die strategische Anpassung aus diesem Spiel wiederholte der VfB schon ansatzweise nach dem 0:1, spätestens dann nach dem 0:2 und in der gesamten zweiten Halbzeit. Die Mannschaft erhöhte die Offensivpräsenz unter anderem mit höheren Außenverteidigern, schlug lange Bälle und einen schnelleren Rhythmus an, wurde deutlich aggressiver im Gegenpressing und spielte gegen den Ball fast nur noch Angriffspressing. Dadurch wollten sie den Gegner hinten rein drücken und sich in der gegnerischen Hälfte festsetzen. Womöglich wurden für diesen Plan sogar extra Kräfte gespart.<br />
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Damit das klappen konnte, mussten die Verteidiger vor allem im (zuvor mäßig intensiven) Gegenpressing sehr viel aggressiver nach vorne verteidigen und ihre Zweikämpfe gewinnen. Besonders Kempf trat mit seiner Dynamik und (<a href="https://twitter.com/MeinVfB/status/1073536971023245312">wie bereits letzte Woche besprochen</a>) Kopfballstärke extrem dominant auf. Ascacibar schob als Absicherung aggressiv auf den Flügel nach, wenn sich Wolfsburg doch in die Räume hinter den Außenverteidigern durchspielte. So konnte der VfB sich über Gegenpressing (nach hohem Ballbesitz oder langen Bällen) und schnelle Freistößen häufiger in Wolfsburgs Hälfte vorarbeiten und festsetzen. Wolfsburgs Formationsloch im Zentrum fiel ihnen jetzt ein bisschen auf die Füße, weil der VfB dort mittlerweile seine zweiten Bälle gewann. Allerdings besetzten und bespielten die Stuttgarter diese Räume zu drucklos, um aus ihnen direkt vors Tor zu kommen. Stattdessen ging es eben wieder auf die Flügel. Dort waren die hohen Außenverteidiger für Wolfsburg immerhin schwierig zu verteidigen, weil da von den Offensivpositionen nicht so viel Hilfe für Roussillon und William kam.<br />
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Furchtlose Wölfe</h4>
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Wolfsburg hielt in der zweiten Halbzeit allerdings mit einer außergewöhnlichen Mentalität dagegen. Obwohl sie in der Situation waren, etwas verlieren zu können, blieben sie mutig und selbstbewusst. Auch wenn sich die langen Bälle häuften, konnte Wolfsburg das Angriffspressing des VfB vereinzelt wie in der ersten Halbzeit flach aushebeln. Bei den langen Bällen wiederum rückten sie immer noch mit genügend Spielern auf, um die riskante Tiefensicherung des VfB unter Druck zu setzen und kamen damit auch zu Chancen. Außerdem spielten sie weiterhin konstant Angriffspressing, erzwangen etwas unkontrollierte lange Bälle und holten sich die zur Entlastung. Der Nachteil war natürlich das Loch im Zentrum, in dem der VfB seine zweiten Bälle aufsammelte. Wolfsburg nahm das Risiko in Kauf, um im Spiel zu bleiben. Anders als gegen Hertha brachte dem VfB die Umstellung nach dem Rückstand kein psychologisches Momentum ein.<br />
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Trotz allem ließ Wolfsburgs mutige Spielweise Räume, die man besser hätte nutzen können. Zudem waren die Wölfe im Spielaufbau eigentlich ziemlich instabil und machten viele vermeidbare Fehler, die zu Kontern für den VfB führten. Guilavogui etwa war als zentraler Sechser im Ballbesitzspiel sicher keine Topbesetzung, während etwa Roussillon manchmal überdreht in seinen Entscheidungen auftrat. Aus solchen Kontersituationen und den starken Gegenpressing-Szenen hätte der VfB durchaus auch ein Tor machen können, vielleicht sogar zwei. Nur gilt das für Wolfsburg in der zweiten Hälfte eben auch.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-36964505319409620122018-08-19T18:59:00.000+02:002018-08-19T18:59:10.223+02:00Kurzanalyse: Hansa Rostock - VfB Stuttgart 2:0<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-SMXhQQpiRZw/W3l-wRO0meI/AAAAAAAABUk/l8OLsGwKrqMWb8zqBYzuEcH6d3sWTwXOQCEwYBhgL/s1600/1819_fchvfb.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1419" data-original-width="919" height="150" src="https://2.bp.blogspot.com/-SMXhQQpiRZw/W3l-wRO0meI/AAAAAAAABUk/l8OLsGwKrqMWb8zqBYzuEcH6d3sWTwXOQCEwYBhgL/s300-c/1819_fchvfb.png" width="150" /></a></div>
Im ersten Spiel der Saison stand eine klare Ballbesitzaufgabe auf dem Plan. Leider misslang sie.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-SMXhQQpiRZw/W3l-wRO0meI/AAAAAAAABUk/6cFIhb306as2FtR7NGMLtN0678pBp5SqgCLcBGAs/s1600/1819_fchvfb.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1419" data-original-width="919" height="400" src="https://2.bp.blogspot.com/-SMXhQQpiRZw/W3l-wRO0meI/AAAAAAAABUk/6cFIhb306as2FtR7NGMLtN0678pBp5SqgCLcBGAs/s1600/1819_fchvfb.png" width="258" /></a></div>
Zwar verfügt Rostock selbst über kein schlechtes Aufbauspiel, aber die individuelle Unterlegenheit und auch Stuttgarts gutes Pressing verhinderten, dass man davon mehr als Ansätze sehen konnte. Der VfB lief in einem hohen Mittelfeld- oder Angriffspressing an. Dazu rückte ein Sechser auf um einen von Hansas Sechsern zu attackieren, während die Stürmer Innenverteidiger und Torwart anliefen. So machte der VfB genügend Druck, um die Rostocker, die außerdem nach ihrer frühen Führung das Risiko merklich zurückschraubten, zu langen Bällen zu zwingen. Ganz vereinzelt sorgten zu hohe Positionierungen der drei absichernden Mittelfeldspieler dafür, dass Rostock zweite Bälle aufsammeln konnte, aber überwiegend sicherte sich der VfB damit erst einmal die Ballbesitzhoheit und bewahrte sie mit geduldiger Zirkulation.<br />
<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/285717920" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Stuttgarts Ballbesitz</h4>
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Das Ballbesitzspiel war dann grundsätzlich ähnlich, aber mit einem anderen Schwerpunkt organisiert als in der Rückrunde. Die Außenstürmer standen recht tief und eng und holten sich vereinzelt die Bälle hinten ab. Ansonsten liefen die meisten Angriffe über die Sechser, die neben oder zwischen den Stürmern von Hansas 4-4-2-Mittelfeldpressing die Bälle forderten. Die Positionsstruktur war dabei wie immer bei Korkut recht frei und es ergaben sich immer wieder leicht pressbare kleine Knäuel in der Nähe des Balls. Das muss nicht unbedingt ein Problem sein und kann sogar ein kreatives Kombinationsspiel ermöglichen, das anderswo Räume öffnet. Dafür war das Zusammenspiel aber zu schwach und nicht provokativ genug. Die Spieler bewegten sich einerseits nicht schnell genug in die Zwischenräume, um Bälle zu fordern und spielten andererseits zu früh aus den Zwischenräumen wieder heraus. Es fehlte auch ein bisschen an Spielern, die Bälle in der Enge halten, sich drehen und Pässe eng am Gegner vorbei in die Zwischenräume spielen können. Gerade Aogo hatte damit als eigentlich zentraler Verbindungsknoten Probleme und balancierte auch Thommys Zurückfallen nicht richtig.<br />
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Nach dem etwas unglücklichen 1:0 durch den Fehler von Badstuber, schien die Mannschaft zu merken, dass es so nicht funktioniert. Die Außenstürmer blieben jetzt höher. Die Angriffe liefen mehr über Castro, der halbrechts zwischen Baumgartl und Maffeo Räume gegen das 4-4-2 fand. Trotz seiner strategischen Schwächen war Castro als primärer Aufbauspieler deutlich effektiver als Aogo und brachte die Bälle in bessere Räume. Außerdem tauchte Didavi noch häufiger auf der Zehn auf, später tauschte er mit Gonzalez komplett die Position. Die Zirkulation wurde durch Castros eher breite Position aber auch flügellastiger und lief nun mit langen oder kurzen Verlagerungen von einer Seite auf die andere, wo auf mittlerer Höhe die Außenverteidiger warteten. Mangels weiterer breiter Anspielstationen ginge es dann nicht den Flügel entlang, sondern eher in den Raum vor der Abwehr. Allerdings konnte Rostock die Zeit, die der VfB für diesen "Umweg" brauchte, nutzen, um auf den Flügel nachzuschieben und die Mittelfeldspieler zurückzuziehen, sodass dort wenig Räume offen waren. Trotzdem gab es einzelne gute Szenen, bei denen zum Beispiel der Außenstürmer nach der Verlagerung den Außenverteidiger vorderlief und so den Sechser wegzog, sodass ein zurückfallender Stürmer anspielbar wurde.<br />
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Insgesamt hielt das solide, aber keinswegs überragende Mittelfeldpressing der Hansa jedoch stand. Ihre griffigen, aber <a href="https://www.niemalsallein.de/2017/01/zweitligafussball-der-stand-nach-der-hinrunde/#ErzgebirgeAue">Dotchev-typisch</a> auch etwas unabgesicherten Herausrückbewegungen reichten, um den VfB aus den gefährlichen Räumen herauszudrängen. Vom Flügel aus kam es so zu vielen Halbfeldflanken, die aber zumindest mit guter Strafraumpräsenz gespielt wurden - oft rückten alle vier Offensivspieler in den Sechzehner ein, sorgten teilweise sogar für Überzahl.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/285710297" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<h4>
Rostocks One-Man-Show</h4>
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Eigene Angriffe der Rostocker blieben nach der Anfangsphase selten, aber es gab sie. Besonders wichtig dafür waren die spielstarken Sechser, die den Ball gegen Stuttgarts etwas lasches Gegenpressing sichern konnten und so zumindest kurze Ballbesitzphasen ermöglichten. Besonders Mirnes Pepic tat sich mit seiner Pressingresistenz und seinem strategischen Gespür hervor. Anschließend versuchten sie durchaus Offensivpräsenz aufzubauen, schoben oft beide Außen und Rechtsverteidiger Rankovic nach vorne und versuchten über lange Bälle oder kreative Einleitungen von Breier nach vorne zu kommen. Viel kam dabei allerdings nicht rum und sie riskierten sogar den einen oder anderen Konter. <br />
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Unter dem Druck des Ergebnisses schlug der VfB schließlich einen etwas unkontrollierteren Rhythmus an, während sich Rostock mit tiefen Außen weiter zurückzog. Die Halbfeldflanken wurden weniger, weil die Außenverteidiger bis zum Strafraum aufrücken konnten und mehr Unterstützung bekamen. Aber daraus fiel kein Tor mehr. Stattdessen erzielte der Mann des Spiels zum Schluss sogar noch das 2:0 für Rostock.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/285710059" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<h4>
Fazit</h4>
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Es war kein katastrophales Spiel des VfB. Die versuchten Zentrumsangriffe funktionierten aber, auch aus Besetzungsgründen, nicht gut und wurden schließlich vom üblichen Plan abgelöst. Man kann allerdings davon ausgehen, dass dieser gegen Bundesligamannschaften für nicht dramatisch weniger Chancen reichen wird als es gegen Rostock der Fall war. Zumal der VfB in Spielen, in denen das Pressing mehr gefordert ist, besser aussehen wird. Für einen klaren Favoritensieg auf der Basis eines mächtigeren fußballerischen Plans hat es leider nicht gereicht.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-2611034348171259192018-07-27T11:59:00.000+02:002018-07-27T12:00:43.254+02:00Der Cheatcode des Fußballs: Anastasios Donis<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-nOhGrI4nu74/W1rhibizAqI/AAAAAAAABUM/xJspFiztlv0_0PJrHCOl7dRFhlgJ8O_IgCLcBGAs/s1600/donis.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="556" data-original-width="556" height="150" src="https://2.bp.blogspot.com/-nOhGrI4nu74/W1rhibizAqI/AAAAAAAABUM/xJspFiztlv0_0PJrHCOl7dRFhlgJ8O_IgCLcBGAs/s300-c/donis.png" width="150" /></a></div>Ohne Zweifel ist Donis ein besonderer Fußballer. Sein Tempo und seine spektakulären Dribblings lassen Beobachter über sein offenkundiges Talent staunen. Trotzdem hat er seinen Platz im Spitzenfußball noch nicht gefunden. Warum eigentlich?
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Die 360°-Brechstange</h4>
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/281940372" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Wie die meisten Dribbler lässt sich Donis gerne in Räume fallen, um Fahrt aufzunehmen, aber es ist bei ihm nicht zwingend nötig. Daher wird er nicht nur auf dem Flügel, sondern sogar bevorzugt als Mittel- oder Halbstürmer eingesetzt. Eine wichtige Fähigkeit dafür ist, dass er sich auch mit dem Rücken zum Gegenspieler orientieren kann. Seine Wahrnehmung der unmittelbaren Umgebung wirkt insgesamt stark. Zwar blickt er sich kaum um, aber er kann herausrückende Gegenspieler schnell ertasten und sehen, sobald sie eng genug dran sind. Außerdem hat der den Körper, um den Ball zu schützen und im direkten Duell die Kontrolle über den Ball zu behalten. Typischerweise wartet Donis, bis der Gegner in den Zweikampf geht, um den Ball abzuschirmen und die Kugel dann an ihm vorbeizulegen (oft auch per Tunnel) und schließlich mit Tempo in seinen Rücken zu starten. Alternativ kann er sich mit explosiven ersten Kontakten auch vom Gegenspieler lösen und sich sogar drehen oder den Ball durchlassen und hinterhergehen. Dabei ist er aber insgesamt nicht ganz so feinsinnig wie etwa Chadrac Akolo, der sich auf diese Drehungen spezialisiert hat. Trotz dieser Fähigkeiten mit dem Rücken zum Gegenspieler, fordert Donis die Bälle manchmal auch so, dass er den Passgeber und das Tor im Blick hat. Aus breiterer Position folgen klassische 1-gegen-1-Situationen, in denen er versucht mit Finten, schnellen Antritten und dem typischen Vorbeilegen (bzw. Tunnel) den Gegner abzuhängen.<br />
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Anders als bei reinen Flügeldribblern wie Filip Kostic haben Donis' Dribblings einen unbändigen Zug zum Tor. Breit stehende Mitspieler spielt er sichtlich ungern an. Im Erfolgsfall nehmen seine Dribblings den Gegenspieler komplett aus dem Spiel, sodass der Gegner ihn nicht mal mehr abdrängen kann. Das erlaubt es Donis, ohne Kompromisse Richtung Tor zu ziehen. Hat Donis mal einen Gegner stehen gelassen, wird der nächste Gegenspieler oft leichter zu überspielen, weil Donis den Tempovorteil hat und ihn der Gegner komplett neu aufnehmen muss. So rennt Donis nach der explosiven Ausgangsaktion häufig noch an einem, zwei, drei weiteren Verteidigern vorbei.<br />
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Donis ist damit vor allem eine Ein-Mann-Kontermaschine. Er kann von überall angespielt werden, den Ball behaupten, selbst in komplizierten Situationen ins Tempo kommen und gut schießen. Spieler wie Leroy Sané brauchen im ersten Moment Raum und müssen im Konter entweder geschickt werden oder in Freiräume ausweichen. Die meisten Mittelstürmer sind eh keine Tempodribbler und brauchen Ablagenstationen. Konterstürmer wie Aubameyang müssen geschickt werden und sind nicht so stark in der Ballbehauptung oder können aus der Ballbehauptung heraus kein Tempo aufnehmen. Andere Spieler wie <a href="https://www.youtube.com/watch?v=XJYNSuRyjIs">Eden Hazard</a> oder <a href="https://www.youtube.com/watch?v=AoRg3CMBI54">Neymar</a> haben die klassischen Donis-Dribblings zwar im Repertoire, sind aber auch insgesamt variantenreicher und entscheiden sich oft für eine weniger brachiale Alternativaktion, die die nachrückenden Mitspieler einbindet.<br />
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Schwächen ohne Ball und mit Raum</h4>
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Nun hat Donis auch einige gravierende Schwächen in seinem Spiel. Die problematischste davon dürfte sein Spiel ohne Ball auf gruppentaktischer Ebene sein. Zunächst mal ist es für einen Dribbler nicht ungewöhnlich, mehr mit individualtaktischen Themen beschäftigt zu sein als mit der Frage wo man in welcher Situation genau hinlaufen soll. Bei Donis ist die Diskrepanz der beiden Bereiche aber schon besonders ausgeprägt.<br />
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Zumindest sind seine Läufe ganz vorne individualtaktisch relativ gut. Wenn er zentral spielt, weicht er gerne in Räume neben der Abwehrkette und in die Schnittstellen aus, um dort Bälle in die Tiefe oder in den Fuß für seine Dribblings zu fordern. Dabei setzt er sich gut in den Rücken seiner Gegenspieler ab und nutzt manchmal sogar geschickt Lauffinten, um sich kleine Raumvorteile zu verschaffen.<br />
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Donis scheint sich bei seinen Bewegungen aber extrem auf die nächsten ein, vielleicht zwei Gegenspieler zu konzentrieren. Das Problem ist: Alles was weiter entfernt ist, ignoriert er immer so ein bisschen. Die Entscheidung, welche Bewegung er wann macht, wird damit recht willkürlich und so ist er gruppentaktisch ohne Ball bestenfalls punktuell effektiv. Es kommt beispielsweise regelmäßig zu Situationen, in denen Donis wegläuft, wenn er kurz kommen muss oder den Ball fordert, wenn er steil gehen muss. Er klinkt sich außerdem häufig aus Angriffen aus, an denen er im ersten Moment nicht beteiligt ist und bleibt dann in Räumen stehen, die für den Angriff nicht relevant sind. Lässt er sich fallen, um Bälle zu fordern, sieht es auch nicht gut aus. Inmitten der gegnerischen Kompaktheit positioniert er sich zeitlich und räumlich nicht präzise genug. Manchmal kommt er nicht aus dem Deckungsschatten raus und setzt ungewollt den Ballführer unter Druck.<br />
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Diese Schwächen im Bewegungsspiel machen es schwierig für ihn, als Teilnehmer (oder auch nur als "Veredler") von Kombinationsangriffen oder als systematischer Abnehmer für Pässe aus dem Zwischenlinienraum konstant effektiv zu sein.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/281938341" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Dazu zeigt er Schwächen in Situationen, in denen er Raum hat und nicht ins direkte Duell gehen kann. Möglichst sauber und stringent Raumvorteile "auszudribbeln" und mit logischen, zuverlässigen Aktionen den Angriff zu entwickeln, ist nicht so sein Ding. Außerdem fällt die Qualität seiner torgefährlichen Aktionen sehr gemischt aus. Seine Flanken weisen eine riesige Streuung auf. Vielfach gibt er technisch gute, aber relativ aussichtslose Fernschüsse ab. Für den finalen Pass ist er nicht perfektionistisch genug.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/281939988" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe><br />
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Zu guter Letzt ist diese impulsive, inkonstante Art von Donis auch gegen den Ball sichtbar. Durch seine Dynamik gelingen ihm relativ viele Balleroberungen. Zudem hat er im Rückwärtspressing starke Momente, in denen er bis zum eigenen Strafraum zurücksprintet und entscheidend Präsenz herstellt. Allerdings gelingt es ihm nicht, sich dauerhaft über 90 Minuten hinweg hilfreich zu bewegen, seine Position zum Ball, zum Gegner und zu den Mitspielern immer wieder anzupassen. Insbesondere wirkt er in einigen Phasen teilnahmslos und ein bisschen faul. Im Gegenpressing neigt er dazu, sich mehr über den Ballverlust ärgern, als sofort nachzusetzen. Wenn dann die intensiven Phasen kommen, übertreibt er es auch gelegentlich: Er macht dann überflüssige Meter und lässt seine Grundposition offen, was sich auf Stabilität und eigenes Konterspiel negativ auswirken kann.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/281939261" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe><br />
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<h4>
Wohin mit ihm?</h4>
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Schmeißt man Donis mit seinem ungewöhnlichen Fähigkeitenprofil einfach irgendwie ins System, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es keine besonders gute Lösung ist. Insbesondere kann man sich überlegen, dass Donis kein Element des Kombinationsspiels sein, sondern in Position für seine Dribblings kommen soll, wenn nötig auch in schwierige Situationen, allein gegen mehrere Verteidiger. Dieser Gedanke führt zu zwei besonderen, mittlerweile bewährten Einbindungen, seit Donis beim VfB ist. Beide basieren auf Isolation.<br />
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Nummer eins: Donis spielt auf einem der beiden Flügel breit, während der andere überladen wird. Vor allem <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/10/wolfs-systemumstellung-gegen-frankfurt.html">Hannes Wolf griff im Rahmen seines Positionsspiels häufig auf diese Variante zurück</a>, aber auch <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2018/03/tayfun-korkuts-start-beim-vfb.html">Korkut versuchte es in seinem ersten Spiel gegen Wolfsburg so</a>. Meistens wurde Donis nur durch einen diagonalen Außenverteidiger unterstützt, der hauptsächlich den Passweg zu ihm öffnen sollte. Der Vorteil eines solchen Systems: Donis ist isoliert und man kann in anderen Räumen viel mehr Spieler zusammenbringen als normalerweise möglich. So kann man lokal seine Offensivpräsenz erhöhen ohne Spieler aus der Absicherung zu opfern. Der Nachteil: Donis ist zu weit weg vom Tor. Das schadet der Effektivität seiner Aktionen schon enorm.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://4.bp.blogspot.com/-Wq7oPXF2tsE/W1rgEsWWB3I/AAAAAAAABT4/lXcp27phJoUxFuUYrHEQJQ6ujQBxM9DEQCLcBGAs/s1600/donis_v1.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="877" data-original-width="1600" height="218" src="https://4.bp.blogspot.com/-Wq7oPXF2tsE/W1rgEsWWB3I/AAAAAAAABT4/lXcp27phJoUxFuUYrHEQJQ6ujQBxM9DEQCLcBGAs/s1600/donis_v1.png" width="400" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Variante 1: Eine Seite überladen, auf der anderen Donis.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
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Nummer zwei: Donis spielt Stürmer in einem reinen Kontersystem. Das ist aus individueller Sicht wohl die beste Einbindung seiner Fähigkeiten. Wie gesagt: Kontermaschine. Mit Donis als Konterspieler vorne kann man sich hinten reinstellen, alle Bälle auf ihn spielen (bevorzugt natürlich flach) und er macht das schon, vielleicht mit einem oder zwei Unterstützern. Korkut nutzte diese Variante gegen Ende der Saison, wenn seine Mannschaft mehr und mehr zurückgedrängt wurde, und konnte das Momentum des Spiels mit Donis' Einwechslung teils völlig zu seinen Gunsten kippen lassen. Im letzten Spiel gegen Bayern stand Donis dann in einem rein konterfokussierten 4-5-1 in der Startaufstellung und den Rest kennt ihr ja.<br />
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Die Frage ist dann immer, was man in einem solchen System macht, sobald man den Ball hat. Bei der griechischen Nationalmannschaft war es teilweise so, dass er auch im Ballbesitz fast alle Bälle bekam, kaum nachgerückt wurde und er sich allein durchtanken sollte. Wieder ist die Idee Isolation. Eine weniger extreme Möglichkeiten wäre vielleicht Donis als Mittelstürmer in einem engen 4-2-3-1. Da müsste er wenig zurückfallen und könnte sich auf seine Moves an der Abwehrlinie konzentrieren.<br />
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Bleibt zum Abschluss die Frage, in welche Richtung sich der 21-Jährige noch entwickeln wird. Seine gewissermaßen ignorante Spielweise scheint gleichzeitig seine größte Stärke und seine größte Schwäche zu sein. Ob er seine Aktionen stabilisieren und variantenreicher werden kann, ohne den Donis-Faktor zu verlieren?JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-13443555021811932732018-05-16T19:32:00.003+02:002018-05-16T19:32:40.926+02:00Neuzugänge: Maffeo, Sosa, Kempf, KopaczHier gibt's kurze Analysen der vier Neuzugänge im VfB-Kader.<br />
<a name='more'></a><br />
Der Großteil des Videomaterials, das meiner Einschätzung zugrunde liegt, findet sich jeweils am Ende der Segmente zu den jeweiligen Spielern. Wer skeptisch ist (sollte man sein), der kann sich den Text sparen, zu den Zusammenschnitten springen und sich selbst einen Eindruck machen.<br />
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<h4>
Die Flügelverteidiger</h4>
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Fangen wir an mit den beiden teuersten Neueinkäufen. <b>Pablo Maffeo</b> kommt für die rechte Abwehrseite, <b>Borna Sosa</b> für die linke. Beide sind vom Positionsprofil her offensive Flügelverteidiger-Typen. Ein Spielertyp, der im Kader der vergangenen Saison völlig fehlte, abgesehen vielleicht von Ailton.<br />
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Von den beiden ist Maffeo der geschliffenere Spieler, dem man anmerkt, dass er daran gewöhnt ist, in einer schnellen, intensiven Topliga zu spielen. Durch sein Tempo kommt der Spanier zügig in die Zweikämpfe und bearbeitet bissig seine Gegenspieler. Dank seines hervorragenden Antritts kann er auf Richtungswechsel schnell reagieren und ist schwer abzuhängen. <a href="https://www.youtube.com/watch?v=MHAzxcsmFnc">Deshalb spielte er bei Girona sogar mal Manndeckung gegen Messi</a>. Der Nachteil seiner 1,73m ist, dass ihm etwas die Reichweite im Zweikampf fehlt. Wo er auch noch nicht top ist, ist seine Antizipation von Situationen und damit zusammenhängend seine Positionierung. Er ist aber so schnell, dass er da auch ein größeres Toleranzfenster hat als andere Spieler.<br />
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Im Vergleich zu Maffeo wirkt Sosa geradezu lasch im Defensivverhalten. Er hält größere Abstände zu seinen Gegenspielern und verteidigt im Zweifel eher zurückhaltend. Insgesamt macht er einen lässigen Eindruck, was sich manchmal in unkonzentrierten Aktionen mit und gegen den Ball niederschlägt. Für die Bundesliga wird er auf jeden Fall an Schärfe gewinnen und sich an Pressingabläufe gewöhnen müssen.<br />
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Deutlich mehr glänzen kann der Kroate im Spiel nach vorne. Mit Ball entwickelt er eine hohe Dynamik mit der er druckvoll in Räume vor sich reinzieht und sogar Gegner überlaufen kann (manchmal ein bisschen zu Kopf-durch-die-Wand-mäßig). Allerdings kann er Raumvorteile auch nicht immer in ihrer Gänze ausschöpfen und bricht seine Dribblings tendenziell etwas zu früh ab, Emiliano Insua ist da zum Beispiel besser. Sehr gut und prägend für sein Spiel sind auch die Flanken. Er bringt da das ganze Paket mit: Hohe Flanken aus dem Lauf, Halbfeldflanken mit viel Effet und flache Hereingaben. Aus diesem Repertoire wählt er gut aus und bringt die Bälle dahin, wo es dem Gegner wehtut.<br />
<br />
Wie die meisten Außenverteidiger ist Sosa aber auch ein eher linearer Spieler. Da er recht klar auf seinen linken Fuß fixiert ist, spielt und dribbelt er fast nur vertikal oder diagonal nach vorne. Anders als Spieler wie Gotoku Sakai oder Bastian Oczipka kann er nicht so richtig auf die Spielfeldmitte zugreifen. Das wird umso mehr zu Problem je seltener die Aktion nach vorne geht und je weniger sinnvoll sie ist. Einzelne enge Situationen kriegt er dennoch überraschend gut aufgelöst. Das Potential, ein konstruktiverer und weniger vorhersehbarer Außenverteidiger zu werden ist also vermutlich da (und wenn sogar Nico Schulz das gelernt hat...).<br />
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Maffeo hat als Flügelverteidiger bei Girona ein nochmal deutlich aggressiveres Bewegungsspiel, ein bisschen so wie man es von Philipp Max aus der Bundesliga kennt. Maffeo dribbelt kleinteiliger und enger am Gegenspieler als Sosa und kann damit Gegner abhängen und Pressingsituationen auflösen, ohne aber ständig zur Grundlinie durchzukommen. Am Ball ist Maffeo keinesfalls total sauber, vereinzelt unterlaufen ihm technische Fehler bei einzelnen Kontakten. Manchmal wird aus den Dribblings eher ein kreatives Durchwursteln als ein unantastbares Gleiten durch den Raum. Auch sein Passspiel ist nicht fehlerlos. Maffeo ist niemand, der permanent Situationen perfekt löst, sondern schon ein attackierender Spieler. Darin ist er aber ziemlich gut.<br />
<br />
Was Flanken angeht, wirkt Maffeo etwas weniger variantenreich als Sosa. Wahrscheinlich hat er trotzdem ein ähnliches Repertoire, aber Maffeo holt sich lieber kleine Raumvorteile im 1-gegen-1 in breiter Position, um die Flanke dann mit rechts oder links am Gegner vorbeizuzwirbeln. Der Strafraum ist dann meistens schon gut gefüllt und der Ball muss in hohem Bogen reinkommen. Sosa flankt hingegen viel frühzeitiger oder findet im Anschluss an seine durchbrechenden Vorstöße dynamische Strafraumsituationen vor, die er dann mit weniger Gegnerdruck auch gewählter ansteuern kann.<br />
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Die Konstellation auf den Außenverteidiger-Positionen scheint beim VfB zu passen: Auf beiden Seiten hat der VfB einen eher defensiven (Beck) bzw. ausgeglichenen (Insua) Viererketten-Außenverteidiger mit hohem Spielverständnis, Zuverlässigkeit und Pressingkompetenz. Und dazu eben jetzt die beiden jungen, offensiven Alternativen, wovon der weiter entwickelte auf der problematischeren der beiden Positionen spielt. Das sieht schon ganz gut aus.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/269962206" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/270143774" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<h4>
Der Stratege</h4>
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Sofort helfen kann auch der bundesligaerprobte <b>Marc-Oliver Kempf</b>. Kempf gehört zu diesen Innenverteidigern, die technisch zwar nicht überragend scheinen, aber irgendwie trotzdem total gute Pässe spielen. Er macht keine ganz abgefahrenen Sachen wie Benjamin Pavard, sondern spielt einfach die richtigen Pässe in die richtigen Räume zu sehr guten Zeitpunkten und lässt sich dabei kaum vom Gegner beeinflussen. Etwa wird er kaum nervös, wenn er den Ball länger halten muss. Kempf nutzt die Zeit, um das Spielfeld zu beobachten, anstatt den Ball hastig weiter zu schieben. Seine strategische Qualität wird, so scheint es, hauptsächlich durch seinen schwachen rechten Fuß etwas eingeschränkt. Vielleicht führt sein Beobachten des Spiels auch dazu, dass ihm dann vereinzelt auch Fehlpässe unterlaufen, die man nachher auf fehlende Konzentration schieben würde.<br />
<br />
Einen ähnlich veranlagten Spieler hat der VfB bereits im Kader, nämlich Marcin Kaminski. Im Vergleich zu Kaminskis geschmeidigem Aktionsrhythmus, ist Kempf aber gewissermaßen ein Rebell. Damit ist sein Spielaufbau zwar weniger konstant und in den Feinheiten der einzelnen Pässe etwas schwächer als Kaminskis, aber dafür dominanter und potentiell strategisch noch mächtiger. In Stuttgarts Ansammlung ausschließlich spielstarker Innenverteidiger ist Kempf nicht nur mehr vom Gleichen, sondern bringt auch eigene, neue Facetten mit rein.<br />
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Ach ja. Keine Ahnung, ob er verteidigen kann. Interessiert ja auch keinen.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/269960341" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<h4>
Der Dribbler</h4>
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Bleibt noch ein letzter Spieler auf der Liste, nämlich <b>David Kopacz</b>. Den U21-Nationalspieler Polens wollte der BVB offenbar vom Offensivallrounder zum Rechtsverteidiger umschulen. Beim VfB ist er hingegen offensiv eingeplant, was angeblich eine Rolle bei diesem Transfer gespielt hat.<br />
<br />
Seine Spielweise lässt in jedem Fall einen gelernten Offensivspieler vermuten. Kopacz ist ein ziemlich guter Dribbler mit gutem Tempo und Finten im 1-gegen-1. Dabei startet er am liebsten mit etwas Raum um sich herum und mit Blick zum Tor, ein klassischer Flügeldribbler ist Kopacz jedoch nicht. Entweder fordert er seitlich des gegnerischen Blocks die Bälle und leitet diagonale Angriffe durchs Zentrum ein oder läuft in die Spitze und sucht die Abschlusssituation. Oft rückt er auch in die Mitte ein, allerdings kommt er in der Enge nur mäßig gut zurecht. Ihm scheint da etwas der Überblick und das Feingefühl für die Situation zu fehlen, was sich in suboptimalen Entscheidungen und einem schwachen Bewegungsspiel niederschlägt. So versucht er sich auch eher aus der Enge in den Raum zu lösen, anstatt kleine Raumvorteile auszuschöpfen.<br />
<br />
Mit diesem Profil wirkt die Idee mit dem Rechtsverteidiger durchaus sinnvoll, zumal Kopacz recht laufstark zu sein scheint. Die andere logische Position wäre die des Außenstürmers, für die er wohl auch beim VfB eingeplant ist. Als Zehner oder einrückender Außen wie im 4-2-2-2 der abgelaufenen Saison kann ich ihn mir nur dann vorstellen, wenn man extrem auf zweite Bälle spielt. Bei den Abprallern hätte er stets das Gesicht zum Tor und könnte ins Dribbling gehen, ohne sich allzu viele Gedanken darum zu machen, was in seinem Rücken passiert.<br />
<br />
Bleibt noch die Frage, ob seine individuellen Fähigkeiten überhaupt für die Bundesliga reichen. Im naheliegenden Vergleich mit dem nur 9 Monate älteren Jacob Bruun Larsen fällt er aus meiner Sicht in so ziemlich allen Fähigkeiten ab, die erfolgreichen Fußballaktionen zugrunde liegen. Während Larsen durch sein positionsunabhängiges Spielverständnis in unterschiedlichen Räumen zurechtkommt, wirkt Kopacz eher wie ein Allrounder wider Willen. Mal schauen, wie er sich beim VfB entwickelt.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/270084920" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-88260580748253353622018-03-27T17:06:00.001+02:002018-03-27T17:06:27.662+02:00Tayfun Korkuts Start beim VfB<div dir="ltr" style="text-align: left;" trbidi="on">
<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-asViti_FlNE/WrpU-ugrnEI/AAAAAAAABSw/Uupdo12Uw7QgYOeJbT98nZjmDS6cFGJgACLcBGAs/s1600/korkut_pres2.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="908" data-original-width="1600" height="150" src="https://3.bp.blogspot.com/-asViti_FlNE/WrpU-ugrnEI/AAAAAAAABSw/Uupdo12Uw7QgYOeJbT98nZjmDS6cFGJgACLcBGAs/s300-c/korkut_pres2.png" width="150" /></a></div>
7 Spiele, 5 Siege, 2 Unentschieden. Der VfB gehört seit der Amtsübernahme von Tayfun Korkut zu den formstärksten Mannschaften der Liga. Wie kommt's?<br />
<a name='more'></a><br />
<h4 style="text-align: left;">
Was war</h4>
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Rekapitulieren wir kurz die strategische Grundausrichtung des VfB unter Korkuts Vorgänger Hannes Wolf. In der Bundesliga-Hinrunde <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/09/die-pressingschlacht-gegen-mainz.html">stand zunächst das Pressing im Fokus, das in einem 5-2-2-1 stattfand, meist als Mittelfeldpressing angelegt war, und mannorientiertes Zuschieben auf dem Flügel vorsah</a>. Im Herbst stellte Wolf im Wesentlichen auf 5-2-1-2 und klassisches Zustellen über das ganze Feld um.<br />
<br />
Mit Ball verfügte der VfB über eine stabile, gut strukturierte aber etwas harmlose Zirkulation. Punktuell gab es außerdem Anpassungen in Form von besonderen Positionsordnungen (zum Beispiel gegen <a href="https://spielverlagerung.de/2017/09/18/mittelgrosse-fussballrevolution-beim-vfb">Wolfsburg</a> oder <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/10/wolfs-systemumstellung-gegen-frankfurt.html">Frankfurt</a>), die der Mannschaft Strukturvorteile geben und letztlich die Torgefahr aus dem geordneten Aufbau heraus erhöhen sollten. In den ersten Spielen der Rückrunde trieb Wolf diese Bemühungen auf die Spitze, was bekanntermaßen keine Ergebnisse einbrachte und zu seiner Entlassung führte. Mehr zu diesem Thema in den Spielanalysen zu <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2018/01/neue-aufbauideen.html">Mainz</a> und <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2018/01/stuttgarts-letztes-spiel-unter-hannes-wolf.html">Schalke</a>.<br />
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<h4 style="text-align: left;">
Was ist</h4>
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://4.bp.blogspot.com/-2e5HVr1CbGI/Wrn81Cv3vwI/AAAAAAAABRQ/87f1vpFQmZwlYxko1TZN6iGJcF-eQXraQCLcBGAs/s1600/korkut_schema.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://4.bp.blogspot.com/-2e5HVr1CbGI/Wrn81Cv3vwI/AAAAAAAABRQ/87f1vpFQmZwlYxko1TZN6iGJcF-eQXraQCLcBGAs/s1600/korkut_schema.png" width="258" /></a></div>
Dieses taktische Fundament hat Korkut für's Erste komplett über den Haufen geworfen und eine eigene Strategie installiert.<br />
<br />
<i>Das</i> zentrale Element von Korkuts VfB ist das sehr gute Pressing. Die Mannorientierungen und das Zustellen wichen einer kompakten Grundordnung mit ausgeprägten Kettenmechanismen, flexibler Orientierung und hoher Intensität. Die Mannschaft spielt mehr auf Konter und zweite Bälle. Wolfs Positionsspiel ist einer mikrotaktisch eher improvisierten Ballbesitzordnung gewichen.<br />
<br />
Steigen wir ein in die Details.<br />
<div>
<br /></div>
<h4 style="text-align: left;">
Angriffspressing: Von halsbrecherisch zu effizient.</h4>
<br />
Basis vom Mittelfeld-, Angriffs- und Abwehrpressing ist das 4-4-2, das in den ersten Spielen unter Korkut praktisch durchgängig in einem hohen Mittelfeld- oder Angriffspressing umgesetzt wurde.<br />
<br />
In Korkuts erstem Spiel gegen Wolfsburg spielte die Mannschaft das Ganze in vielen Phasen flexibel aus der Position heraus mit wenig Mannorientierung. Quasi ein normales Mittelfeldpressing, nur eben am gegnerischen Strafraum. Sowas ist im Angriffspressing eher selten und funktionierte in Anbetracht der kurzen Vorbereitungszeit auch nicht sonderlich gut. Die drei Linien des 4-4-2 waren über nahezu ein halbes Feld hinweg schwer miteinander zu verzahnen. Weil das Mittelfeld hinter den anlaufenden Spielern zu breit verteidigte wurde der VfB anfällig im Zwischenlinienraum. Die Sechser mussten entweder diese Lücken in Kauf nehmen oder tiefer spielen und die Verbindung nach vorne abreißen lassen.<br />
<br />
Das Problem wurde aber in den folgenden Spielen behoben. Die Stürmer laufen inzwischen gewählter und weniger aggressiv an, nutzen Pässe als Trigger für Bogenläufe oder stellen nur passiv zu. Dadurch sind ihre Anlaufbewegungen schwieriger zu bespielen und das Pressing, was Druckausübung und Leiten angeht, ist effizienter. Damit können auch die Spieler hinter den Pressingspitzen tiefer bleiben. Meistens muss nur ein Spieler herausrücken (häufig ein Sechser gegen einen Sechser, seltener ein Außenstürmer z.B. gegen einen Halbverteidiger), während sich die übrigen Spieler in einer engen Dreierkette vor den vier Verteidigern anordnen. Aus diesem dichten 4-3-Block heraus konnten die Spieler, flexibel auf die Folgesituation reagieren und sind gut gerüstet gegen lange Bälle.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-1819BF_8GaU/Wrn80iEXvaI/AAAAAAAABRM/Lyr_7pLt8mY6qcpUkbq-bTARCJcnkwM0gCEwYBhgL/s1600/korkut_pres1.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1452" data-original-width="1600" height="290" src="https://1.bp.blogspot.com/-1819BF_8GaU/Wrn80iEXvaI/AAAAAAAABRM/Lyr_7pLt8mY6qcpUkbq-bTARCJcnkwM0gCEwYBhgL/s1600/korkut_pres1.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Beispielhafte Pressingszene. Nach Gomez' Leiten kann der VfB Sippels langen Ball in Überzahl verteidigen.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Lässt sich der Gegner auf den Flügel leiten, stellen die hinteren Spieler ballnah komfortabel Mannorientierungen her, um dem Gegner die Optionen zu nehmen und die Bälle zu holen. An dieser Stelle kommt insbesondere die Klasse von Emiliano Insua zur Geltung, der auf seiner Position wohl zu den besten Balleroberern der Liga gehört. <a href="https://www.youtube.com/watch?v=S4z3zZvrCLM&t=0m57s">Seine sehr sauberen Ballgewinne sind der Ursprung vieler Stuttgarter Konterchancen</a>.<br />
<br />
Manchmal können die Gegner gegen das Leiten oder die Momente reinen Zustellens auch eine Befreiungsstation finden, zum Beispiel einen tiefstehenden Außenverteidiger. Während in der breiten Anordnung gegen Wolfsburg immer ein Außenstürmer nachschieben konnte, ist das in der 4-3-3/4-3-1-2-Formation schwieriger. Im Idealfall schiebt trotzdem ein hinterer Spieler auf den freien Mann nach. In manchen Angriffspressing-Situationen, wenn die eigene Formation also besonders gestreckt ist, entfällt dieser Lauf allerdings. Schließlich hat der angespielte Gegner ein gutes Sichtfeld und der anlaufende Spieler muss erst weit aufrücken. Bleibt das Anlaufen aus, zieht sich die Mannschaft aber diszipliniert und aufmerksam zurück. Die Spieler versuchen, während des Fallenlassens Passoptionen im Blick zu behalten. Die tiefen Spieler rücken in Ballnähe eng zusammen, während die zurückeilenden Akteure, dank ihres Sichtfeldes, die seitlichen Räume schließen können.<br />
<br />
Zusätzlich passte Korkut die Mannschaft (oder die Mannschaft sich selbst) gut an den Gegner an. Frankfurt wollte zum Beispiel im 3-1-4-2 Stuttgarts Doppelsechs mit hohen Achtern binden und den eigenen Sechser hinter oder zwischen den Stürmern freibekommen. Oft reagierte der VfB dann so, dass Ginczek hinter Gomez statt neben ihm verteidigte. Gegen dieses 4-4-1-1 kamen die Räume dann günstigerweise eher den spielerisch mäßigen Halbverteidigern zu, anstatt Spielmacher Hasebe.<br />
<br />
<h4 style="text-align: left;">
Der Rückzug</h4>
<br />
In den letzten paar Spielen funktionierte das Angriffspressing allerdings nicht mehr gegen alle Gegner optimal und der VfB musste teilweise etwas tiefer verteidigen.<br />
<br />
Anzeichen dieser Entwicklung sah man schon beim 1:0-Sieg in Augsburg, als die Mannschaft von der wahnsinnig breiten Aufbaustruktur der Augsburger auseinandergezogen wurde und nur durch immense und nicht durchgängig abrufbare Laufleistungen genügend Druck machen konnte. Beim <a href="https://understat.com/match/8476">glücklichen</a> 3:2 in Köln geriet die defensive Stabilität des VfB besonders ins Wanken. Während der FCA die enge Grundstruktur des Pressings mit Breite attackierte, war der Ansatz der Kölner feinsinniger: Ruthenbeck knackte den VfB tatsächlich durchs Mittelfeldzentrum.<br />
<br />
Das gelang ihnen im 3-4-2-1 besonders gegen Stuttgarts Aufrücken in das Angriffspressing aus dem Mittelfeldpressing. Wenn die VfB-Stürmer auf den Innen- und einen Halbverteidiger herausschoben, mussten nicht nur beide Sechser herauskommen, um die Kölner Doppelsechs anzulaufen, sondern auch ein Außenstürmer den freien Halbverteidiger im Blick behalten. Dieser Außenstürmer hing folglich zwischen dem Halbverteidiger und dem Raum hinter dem rausrückenden Sechser, den er eigentlich absichern müsste, in der Luft. Resultat: Raum vor der Abwehr offen. Wenn Ginczek einen der Sechser abdeckte, konnte einer der VfB-Sechser zwar tief bleiben. Das half aber auch nicht viel, da dieser dann von Kölns Doppelzehn überladen wurde. Die Kirsche auf der Torte war, dass Köln dann vorne eine Reihe mit fünf Offensivspielern gegen die Viererkette stehen hatte, sodass die Verteidiger auch nicht wirklich auf die Spieler zwischen den Linien herausrücken konnten.<br />
<br />
Eine Woche später gegen Leipzig blieben derartig gezielte Attacken zwar aus, der VfB wirkte aber von sich aus nicht mehr ganz entschlossen in diesem Übergangsbereich. Es entwickelte sich eine leichte Diskrepanz zwischen Spielern die ins Angriffspressing aufrücken und welchen die eigentlich lieber im Mittelfeldpressing bleiben wollten. Während die Stürmer versuchten mannorientiert aufzurücken, zögerten die Mittelfeldspieler teilweise im Anlaufen (das heißt hauptsächlich Gentner). Da fehlten dann ein paar Meter und das Pressing verlor an Griffigkeit. Gegen Leipzig "einigte" sich die Mannschaft dann darauf, in einem hohen Mittelfeldpressing zu verharren. Im jüngsten Spiel gegen Freiburg spielte der VfB schließlich ein zurückgezogeneres Mittelfeldpressing mit wenigen Angriffspressingphasen und -momenten. Ob das so bleibt, werden die nächsten Spiele zeigen.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://4.bp.blogspot.com/-Ta37vp2UfFY/WroptYyCD6I/AAAAAAAABRs/v_GYGWdJAGkTFr-DFi7wRdEhUiumeUXmgCLcBGAs/s1600/korkut_pres2.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="908" data-original-width="1600" height="181" src="https://4.bp.blogspot.com/-Ta37vp2UfFY/WroptYyCD6I/AAAAAAAABRs/v_GYGWdJAGkTFr-DFi7wRdEhUiumeUXmgCLcBGAs/s1600/korkut_pres2.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Durch Gentners zu tiefes Zurückfallen im Vorfeld muss er einen umständlichen Bogen machen, um Klostermann anzulaufen. Der kann in der Zwischenzeit aufdrehen und die hohe Linie des VfB bespielen. Manchmal machen Kleinigkeiten einen großen Unterschied.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
<h4 style="text-align: left;">
Mittelfeldpressing: Praktisch ohne Makel.</h4>
<br />
<blockquote class="tr_bq">
<blockquote class="tr_bq">
<i>We were defending a little bit like Atletico Madrid today.</i><br />
- <a href="https://www.bundesliga.com/en/bundesliga-tv/stuttgart-s-mario-gomez-defended-like-atletico-madrid-in-gladbach-win-473199.jsp">Mario Gomez</a></blockquote>
</blockquote>
<br />
Damit sind wir beim Herzstück des Stuttgarter Fußballs angekommen, anhand dessen sich auch weitere allgemeine Merkmale herausarbeiten lassen, die für alle Pressinghöhen gelten.<br />
<br />
Im Mittelfeld- und Abwehrpressing konzentriert sich die Mannschaft ganz besonders darauf, den Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld zu verteidigen. Im besten Fall stellen die Sechser schon die Passwege zwischen die Linien zu. Kommt der Gegner trotzdem irgendwie an den Sechsern vorbei, machen die Mittelfeldspieler von allen Seiten Druck. Nicht nur die Sechser kommen zurück, auch und vor allen Dingen die Außenstürmer Gentner und Thommy schieben weit und diszipliniert in diese Räume mit rein. Durch diese klassischen Kettenmechanik sichert der VfB auch herausrückende Bewegungen der Sechser ab. Als zusätzliche Maßnahme, um den Raum vor dem zurückweichenden Mittelfeld nicht zu groß werden zu lassen, kommt in der tiefen Konstellation häufig (aber nicht immer) auch noch Ginczek als hängende Spitze zurück.<br />
<br />
Darüber hinaus gibt es noch ein paar Elemente, die diesem sonst klassisch positionsorientierten und kompakten 4-4-2 mehr Flexibilität verschaffen. Die Spieler und ganz besonders die beiden Flügelstürmer sind angehalten, sich ständig zu orientieren und ihre Position der Situation anzupassen. Ein besonders auffälliges Beispiel: Hin und wieder lässt sich einer der Flügelstürmer gegen einen hohen Außenverteidiger zu einer kurzzeitigen Fünferkette zurückfallen. Das passiert dynamisch, wenn etwa gerade eine Verlagerung in Gange ist oder sich andeutet. So kann der Außenverteidiger eng bleiben und bei der Tiefensicherung und im Strafraum helfen, während man außen trotzdem Zugriff bekommt. Zugleich schiebt Ginczek normalerweise mit zum Flügel und stopft die Außenstürmer-Lücke. Ein vorübergehendes, stabiles 5-4-1 entsteht. Ähnliche Mechanismen sind zum Beispiel das Zurückfallen eines Sechsers in den Strafraum oder das Durchschieben eines Innenverteidigers zum Flügel. Beide Abläufe passieren nicht mechanisch, sondern je nach Situation, wenn es angebracht ist.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://2.bp.blogspot.com/-kBrG8BRDF7w/Wro2ZuKADoI/AAAAAAAABR8/hZ1Owz_Xd4odl4CHksOqzjEgUZQH9KBLwCLcBGAs/s1600/korkut_pres3.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="892" data-original-width="1600" height="178" src="https://2.bp.blogspot.com/-kBrG8BRDF7w/Wro2ZuKADoI/AAAAAAAABR8/hZ1Owz_Xd4odl4CHksOqzjEgUZQH9KBLwCLcBGAs/s1600/korkut_pres3.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Situative Umformung ins 5-4-1</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Gegen diese lassen sich schwer Mittel finden. Geht man Situationen durch, in denen ein Gegner mal das sortierte Mittelfeldpressing des VfB knackt, fällt es (mir zumindest) schwer, da klare Rezepte rauszuziehen. Es scheint so, als funktioniere alles ein bisschen aber nichts so richtig.<br />
<br />
Neben der Flexibilität und Disziplin stimmen auch die Intensität und die Besetzung. Die acht Abwehr- und Mittelfeldpositionen strotzen vor Defensivstärke. <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/06/emiliano-insua.html">Insuas Qualitäten habe ich auf vfbtaktisch schon mal diskutiert.</a> Sein Pendant auf rechts, Andreas Beck, ist ebenfalls ein geschickter Verteidiger, genauso wie die mittlerweile stabilen Innenverteidiger Pavard und Baumgartl. Im Mittelfeld muss man Erik Thommy herausheben, der nicht nur viel läuft, sondern sich besonders dynamisch und intelligent umorientieren kann. Dagegen verteidigt Christian Gentner etwas träger, aber gewohnt fleißig. Dazu kommt mit Ascacibar ein prima Abräumer auf der Sechs neben einem weiteren soliden Sechser wie Aogo oder Badstuber.<br />
<br />
<h4 style="text-align: left;">
Alternativsystem 5-4-1</h4>
<br />
Obwohl die Pressinghöhe unter Korkut bewusst variiert wird und auch mal "antizyklisch" gepresst wird (das heißt zum Beispiel bei eigener Führung höher schieben), ist die Mannschaft nicht immun gegen physische und psychologische Auswirkungen des Spielverlaufs. Liegt der VfB in Führung und neigen sich die Partien dem Ende, verteidigt auch der VfB tiefer. Korkut stellt in dieser Situation fast immer irgendwann auf 5-4-1 um. Damit entfällt der Kompromiss mit den zurückfallenden Außen und das Mittelfeld kann sich voll und ganz auf ihre Kettenmechanismen konzentrieren. Folglich gibt es dann auch viel Rausrücken aus dem Mittelfeld, das den Zugriff auf die Aufbauräume sicherstellt. Dahinter sichert die Fünferkette die Tiefe und beugt präsenten Schlussoffensiven vor. Anders als es scheinen mag, wird das 5-4-1 aber nicht als reines "Mauersystem" gespielt, wäre also auch als Startsystem denkbar.<br />
<br />
<h4 style="text-align: left;">
Konter: Ginczek, Gomez und mehr</h4>
<br />
Mittlerweile sollte klar sein, warum der VfB so wenig Gegentore bekommt. Wer aber nur verhindert und keine Tore schießt, gewinnt auch keine Spiele. Beim VfB stehen in 7 Partien unter Korkut 9 Tore zu Buche, womit man hochgerechnet immerhin irgendwo in der Nähe des Ligadurchschnitts liegt. Schauen wir also, was der VfB offensiv so macht.<br />
<br />
Mittel der Wahl sind für den VfB häufig Konter und zweite Bälle. Für das Konterspiel ist wichtig, dass die Mannschaft sich im individualtaktischen Verhalten dahin entwickelt hat, dass sie weniger in die Breite spielt und die stabile Zirkulation sucht, sondern druckvolle und vertikale Pässe spielt, wenn es sein muss auch in enge Räume hinein. Schließlich heißt kompakt verteidigen auch, dass man im Umschaltmoment selbst erst mal keine Breite hat.<br />
<br />
Dem VfB hilft außerdem, dass er sehr viel im Übergangsbereich zwischen Mittelfeld- und Angriffspressing operiert (sofern er es gut macht, siehe weiter oben die Diskussion des hohen Pressings). Dem Gegner wird damit nicht die komplette Luft zum Atmen genommen, sondern im Idealfall zum Risiko eingeladen und überrascht. Wegen Insua geht über links etwas mehr als über rechts.<br />
<br />
Nach hohen Ballgewinnen kommt das Duo Ginczek und Gomez ins Spiel. Beide können sowohl als klassischer Konter- und Abschlussspieler Tiefe geben als auch als Zwischenstation und sogar hängend mit dem Gesicht zum Tor gut eingesetzt werden. Dadurch ergibt sich praktisch immer eine sinnvolle Aufteilung zwischen den beiden. Das Nachrücken von den umliegenden Positionen ist schnell und druckvoll aber nicht kopflos.<br />
<br />
<h4 style="text-align: left;">
Zweite Bälle: Erst eng, dann breit</h4>
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Die zweite Säule des Offensivspiels besteht aus zweiten Bällen. Dabei ist das Konzept des VfB zwar nicht überragend produktiv (vergleiche zum Beispiel Köln), aber kommt mit wenig Risiko daher und sorgt punktuell immer wieder für Gefahr. Deutet sich der lange Ball an, ziehen die Flügelspieler weit in die Mitte. Dann kommt der lange Ball auf Gomez oder Ginczek, wobei einer der beiden in den Rücken des Zielspieler einläuft. Gegebenenfalls schiebt noch ein Sechser und/oder ein Außenverteidiger mannorientiert nach und deckt mit den beiden Außenstürmern die Räume neben, diagonal hinter und vor dem Zielspieler, sodass der Abpraller, egal wo er hingeht, geholt oder direkt gepresst werden kann.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-9pd2RKn22GU/Wro-LP6x4FI/AAAAAAAABSM/tGIzHKiSdIw4t4HWUObJtoQHjqlS7bVLgCLcBGAs/s1600/korkut_2b.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="993" data-original-width="1600" height="198" src="https://3.bp.blogspot.com/-9pd2RKn22GU/Wro-LP6x4FI/AAAAAAAABSM/tGIzHKiSdIw4t4HWUObJtoQHjqlS7bVLgCLcBGAs/s1600/korkut_2b.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Typische Staffelung auf den zweiten Ball</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Dabei sind Gomez und Ginczek eigentlich gar nicht besonders gut darin, die Bälle kontrolliert runterzupflücken. Mit ihrem Körper können sie aber meist den Gegner am gezielten Kopfball hindern und kommen oft selbst irgendwie noch ran. Im schlechtesten Fall prallt der Ball unkontrolliert irgendwohin ab. Im besten Fall kommen effektive Weiterleitungen in die Dynamik dabei raus. Ein wichtiger Faktor ist, dass es einerseits gleich zwei Zielspieler gibt und andererseits Zieler recht weite und präzise lange Bälle spielt. Das verringert die Wahrscheinlichkeit, dass etwa der 1,75m große Thommy unfreiwillig ins Kopfballduell muss.<br />
<br />
Da die Außen so weit einrücken und um den Spieler im Kopfballduell abzusichern, muss sich der Gegner ebenfalls zusammenziehen. Kann der VfB den Ball zwischen den Linien halten, müssen die gegnerischen Außenverteidiger gegen die Außenstürmer eng bleiben und es entsteht Raum auf den Flügeln. Über nachstoßende Läufe der Außenverteidiger (Beck hat da ein meisterhaftes Timing) kommt es dann vereinzelt zu Flankensituationen mit dynamischer Strafraumbesetzung.<br />
<br />
Wichtig ist auch, dass diese Variante defensiv sehr stabil ist. Gewinnt der VfB den Ball nicht, stehen trotzdem viele Spieler kompakt zentral hinter dem Ball. Deswegen kommt der Gegner nicht in die interessanten Räume und man selbst kann unkompliziert ins Pressing ausschwärmen.<br />
<br />
<h4 style="text-align: left;">
Spielaufbau: Improvisation statt Positionsspiel</h4>
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Nun ist es nicht so, dass der VfB jeden Ball lang nach vorne haut. Es gibt natürlich auch flache Ballbesitzphasen, die teilweise sogar recht ambitioniert ausgespielt werden. Ich denke aber, man kann trotzdem sagen dass der eigene Ballbesitz die schwächste Spielphase beim VfB ist, auf jeden Fall aber diejenige, die sich im Vergleich zu Korkuts Vorgänger am meisten verschlechtert hat. Unter Wolf wurde das Ballbesitzspiel sehr stark von der Struktur getragen. Die Spieler hatten klar zugewiesene Räume, in denen sie sich bewegen sollten. Durch geschickte Ausgestaltung dieser Zuweisungen (und damit der Definition der Formation) generierte Wolf eine Positionsstruktur in der die Spieler zuverlässige, sichere und im besten Fall auch noch gefährliche Passmöglichkeiten vorfanden. Das stabilisierte das Ballbesitzspiel des VfB enorm. Diese Stabilität ist in der Form nicht mehr da.<br />
<br />
Eine "Makrostruktur" (also die grobe Anordnung der Spieler) ist natürlich auch unter Korkut definiert: Die Außenverteidiger bleiben im ersten Moment tief angebunden (Insua manchmal höher). Der linke Sechser (Aogo oder Badstuber) hält die Sechs oder fällt zwischen die Innenverteidiger oder hinter Insua zurück, während Ascacibar etwas erhöht und weniger präsent die Position hält. Die Außenspieler stehen eingerückt da (nicht zuletzt für lange Bälle) und weichen mehr oder weniger in alle möglichen Richtungen aus. Ballnah gehen sie auch mal breit, sonst sind die offensiven Flügel meist unbesetzt. Die Seitenaufteilung zwischen Gentner und Thommy sowie Gomez und Ginczek wechselt immer wieder mal zwischen und innerhalb der Spiele.<br />
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<div class="postbreite">
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-veTZ-bAf_-0/WrpMZB09QtI/AAAAAAAABSc/_F46iYClrNY47ywTfsmCO2orFPeJd0FvQCLcBGAs/s1600/korkut_sa.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1064" data-original-width="1600" height="212" src="https://2.bp.blogspot.com/-veTZ-bAf_-0/WrpMZB09QtI/AAAAAAAABSc/_F46iYClrNY47ywTfsmCO2orFPeJd0FvQCLcBGAs/s1600/korkut_sa.png" width="320" /></a></div>
</div>
<br />
Anfangs gab es noch die Idee, links einen einrückenden und rechts einen breiten Flügelspieler wie Donis aufzustellen. Mittlerweile beschränkt sich die Asymmetrie aber im Wesentlichen auf die Unterschiede in den Rollen der Sechser und der Außenverteidiger. Über links zeigen Insua, Aogo/Badstuber und Gentner/Thommy auch mal Dreiecksabläufe oder Insua sorgt mit seinen diagonalen Dribblings individuell für Durchschlagskraft. Zuletzt rückte der Argentinier vereinzelt auch wieder ein, <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/05/die-ruckrunde-201617.html">wie in der Zweitligarückrunde</a>. Ideen sind also da, die Qualität in der Umsetzung fehlt aber noch. Die Verbindungen sind immer ein wenig fragil, da strukturell wichtige Bewegungen spontan und daher unzuverlässig und ungenau ablaufen. Die Mannschaft fächert zu wenig auf und die Sechser bewegen sich passiv und unbalanciert. Dazu kommt natürlich die spielerisch eher schwache Besetzung der vier Mittelfeldpositionen. Insgesamt läuft der Spielaufbau dadurch recht hakelig und es kommt vergleichsweise häufig zu Ballverlusten. Gegen Freiburg und Köln kassierte der VfB Kontertore. Köln forcierte sogar gezielt Ballgewinne, indem sie (Gegen-)Pressingfallen im Sechserraum aufstellten.<br />
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<h4 style="text-align: left;">
Fazit: Eine gute Mannschaft mit Spielglück</h4>
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Es ist wie so oft bei herausstechenden Serien, egal ob positiv oder negativ: Wir haben einen Teil Leistung, aber auch einen Teil Zufall. Der VfB profitiert derzeit immer wieder von frühen Führungen und erzielt viele seiner Tore nach Standards. Ob das bis zum Saisonende so weitergeht... nun, einplanen kann man es wahrscheinlich nicht. Wie Korkut und die Mannschaft mit der Situation umgehen, dass man auch mal einem Rückstand hinterherläuft, wird interessant zu beobachten sein.<br />
<br />
Insgesamt ist die Entwicklung der Mannschaft aber sehr positiv zu bewerten. Gerade weil der VfB traditionell sehr mannorientiert verteidigt, ist es schön zu sehen, dass es auch aktiver, intelligenter und kollektiver geht.</div>
JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-51700402816479987692018-01-31T19:59:00.000+01:002018-01-31T19:59:48.218+01:00Stuttgarts letztes Spiel unter Hannes Wolf<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-tnj7BM0Upig/WnIR0VKcZlI/AAAAAAAABQo/HUln1ARzRoYWnfTSNm9Cqf0XSpLpCjRnACLcBGAs/s1600/vfbs04.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1001" data-original-width="1600" height="150" src="https://3.bp.blogspot.com/-tnj7BM0Upig/WnIR0VKcZlI/AAAAAAAABQo/HUln1ARzRoYWnfTSNm9Cqf0XSpLpCjRnACLcBGAs/s300-c/vfbs04.png" width="150" /></a></div>
Eigentlich ist nix passiert und auf einmal ist Hannes Wolf nicht mehr Trainer. Kehren wir den Scherbenhaufen nach dem Schalke-Spiel mal zusammen.<br />
<a name='more'></a><br />
Die Rückrunde zeichnete bis dato einen klaren Trend beim VfB: Weg vom Pressing- und Stabilitätsfokus, von dem die Hinrunde überwiegend geprägt war, hin zu offensiverem Fußball. Diese Entwicklung basierte gegen Hertha und Mainz vor allem auf einer neuen 4-2-3-1-Formation, die das stabile 5-2-2-1 der Hinrunde ablöste. Gegen Mainz und Schalke trat der VfB außerdem vor allem in der mittelhohen Ballzirkulation mit sehr unorthodoxen Positionsstrukturen an, um sich gewisse strukturelle Vorteile im Ballbesitzspiel zu sichern.<br />
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<a href="http://www.vfbtaktisch.de/2018/01/neue-aufbauideen.html">Wie das gegen Mainz aussah, kann man in der Analyse von letzter Woche nachlesen.</a> Gegen Schalke war es ungefähr so:<br />
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<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-d3_kUiledzE/WnH-hlEKWlI/AAAAAAAABQA/vCNxwA90N7weiiUQeybCWRTAdLK8EJpkwCLcBGAs/s1600/vfbs04.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1001" data-original-width="1600" height="200" src="https://2.bp.blogspot.com/-d3_kUiledzE/WnH-hlEKWlI/AAAAAAAABQA/vCNxwA90N7weiiUQeybCWRTAdLK8EJpkwCLcBGAs/s1600/vfbs04.png" width="320" /></a></div>
<br />
Baumgartl, Pavard und Kaminski formierten sich in den ersten Phasen des Aufbaus oder in der ganz tiefen Ballzirkulation noch als recht gewöhnliche Dreierkette. Später rückte Kaminski aber in eine tiefe Linksverteidiger-Rolle, während Pavard und Baumgartl im Wesentlichen ihre Grundposition hielten. Die Lücke zwischen Pavard und Kaminski wurde situativ von Burnic aufgefüllt, sodass sich eine Viererkette ergab. Gelegentlich ließ sich Gentner rechts auf ähnliche Weise in die Schnittstelle fallen. Die Flügelverteidiger rückten dafür bis in die letzte Linie vor, während Akolo und Özcan sich in den Halbräumen postierten und in verschiedene Räume hineingingen. Özcan fiel, wie schon gegen Mainz, weit auf den Flügel zurück, während Akolo zwar etwas häufiger die Wege nach vorne suchte, aber ebenfalls oft im tiefen Halbraum zu finden war.<br />
<br />
Diese Struktur birgt eine Menge Potential gegen ein 5-2-3. Wenn Burnic zurückfällt, sind die Schnittstellen der ersten Pressinglinie alle besetzt und der Zugriff wird schwierig für die drei Spitzen. Zudem kann Burnic den Sechser aus der Position ziehen und Raum für Özcan öffnen. Er und Akolo wiederum werfen mit ihrer Zwischenposition Zuordnungsfragen auf: Werden sie vom Sechser, vom Außenstürmer, vom Flügelverteidiger oder vom Halbverteidiger angelaufen und gedeckt? Gerade das Herauskippen auf den Flügel war ein interessantes Element, weil die Distanz zum Sechser und Halbverteidiger groß wurde und die Flügelverteidiger unter Umständen von Insua und Bruun Larsen gebunden waren. Werden sie von den Halbverteidigern verfolgt, können verschiedene Spieler in die Lücke starten oder der breite Flügelverteidiger wird frei, weil sein Gegenspieler absichern muss. Zudem kann man mit den Halbverteidigern auch ohne die Halbzehner eine doppelte Flügelbesetzung herstellen und auf diese Weise etwa nach Verlagerungen stringente Flügelangriffe fahren.<br />
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<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-Yb7YwqJQsfE/WnH-C7eWzGI/AAAAAAAABP8/Wbv90P7iMRYfLbL7LTmjfrx0ekR35y0cQCEwYBhgL/s1600/vfbs04_433.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1204" data-original-width="1600" height="240" src="https://1.bp.blogspot.com/-Yb7YwqJQsfE/WnH-C7eWzGI/AAAAAAAABP8/Wbv90P7iMRYfLbL7LTmjfrx0ekR35y0cQCEwYBhgL/s1600/vfbs04_433.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Von der Theorie in die Praxis: Vier Aufbauspieler gegen drei Pressingspitzen. Özcan und Akolo in den Freiräumen neben den Sechsern. Drei Angreifer versuchen Spieler aus der Fünferkette zu binden. Gut, dass Gentner effektiv den Passweg auf Akolo zustellt ist natürlich suboptimal.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Hört sich alles gut an. Die Realität war aber eine andere: Nur 2 Schüsse gab der VfB in den ersten 45 Minuten ab, mit einem 0:2 ging es in die Halbzeit. Was war schiefgelaufen?<br />
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<h4>
Schalkes Pressing</h4>
<br />
Zunächst mal fing Schalke in einem Angriffspressing an oder startete im Mittelfeldpressing und rückte dann mit den klaren Zuordnungen (Sechser gegen Sechser, die drei Angreifer gegen die Dreierkette) auf. Der VfB konnte in dieser Phase noch nicht so viele lange Ballbesitzphasen etablieren, sondern verlegte sich eher auf zweite Bälle. Mit dem offensiv interpretierten 3-2-4-1 als Ausgangsordnung hatten sie breitflächig Präsenz zwischen den Schalker Linien. Aus dem offensiven Mittelfeld konnten verschiedene Spieler mit Zielspieler Gomez kreuzen. Zusätzlich gingen mitunter Räume hinter Goretzka (-> Özcan), vor Meyer (-> Gentner) und vor der Fünferkette auf, in denen der VfB den Ball sichern konnte. Das Problem war, dass der VfB die folgenden Angriffe einerseits sehr schnell zu Ende spielen wollte, andererseits aber in der kurzen Zeit nicht genügend Personal im Strafraum versammelte. Gentner rückt bei Schnellangriffen eher ungern auf und fehlte daher oft. Akolo und vor allem Özcan waren ebenfalls nicht konstant im Strafraum präsent, sodass vereinzelt sogar nur Gomez und am langen Pfosten ein Flügelverteidiger oder so als Abnehmer blieben. So konnte der VfB aus den zweiten Bällen einerseits keine wirkliche Torgefahr entwickeln, fand andererseits aber auch nicht in Dominanzphasen hinein.<br />
<br />
Nach den beiden Toren von Schalke (später mehr dazu), zog sich Königsblau öfter in ein kompaktes 5-2-3-Mittelfeldpressing zurück. Die Stürmer begannen recht eng und gingen Pässen auf die Seite nach um den VfB dort zuzustellen. Die Sechser übergaben Burnic und Gentner meist in den Raum, wenn sie sich in die Schnittstellen fallen ließen. Özcan und Akolo wurden hauptsächlich von den Halbverteidigern gedeckt. Gerade bei Kehrer war das auffällig - er folgte Özcan mannorientiert weit ins Mittelfeld, sodass dieser keinen Freiraum bekam.<br />
<br />
Die Räume, die sich daraus im Rücken von Nastasic und Kehrer ergaben, waren dann schwierig anzusteuern, weil der VfB wegen seiner flügellastigen Ballzirkulation meist nur schwierig zu bespielende vertikale Passwege dorthin hatte und keine diagonalen. Zudem mangelte es an "freien Läufen" da rein. Oft wich Gomez zwar gut zur Seite wenn Nastasic oder Kehrer in der Kette fehlten, er hatte aber halt trotzdem Naldo an sich kleben. Insua und Bruun Larsen hätten mit Diagonalläufen die Lücke eh nur wieder geschlossen. Erst später in der ersten Hälfte deckte Gentner mit seinen Läufen aus einer peripheren Position heraus ein, zwei Mal das Potential auf, das der VfB hier liegen ließ.<br />
<br />
Mithilfe der mannorientierten Halbverteidiger konnte Schalke damit im Mittelfeldpressing die Flügel effektiv zuschieben. Auf der aus Stuttgarter Sicht bevorzugte linken Seite klappte das besonders gut, da Harit erst aufmerksam den Passweg zu Özcan im Deckungsschatten behielt, bei Bedarf Goretzkas Herausrücken absicherte und konsequent auf Kaminski durchschob, wenn der den Ball bekam. Di Santo rückte in diesen Situationen bis auf Burnic nach. Während Kehrer und Caligiuri ihre Gegenspieler mannorientiert aus dem Spiel nahmen, hatte Schalke mit Meyer sogar noch einen freien Spieler zur Absicherung übrig. Zudem hatte Özcan (ebenso wie Akolo auf der anderen Seite) wegen seiner Bewegungsrichtung das ungefähr schlechteste denkbare Sichtfeld (schräg nach hinten/zur Seite). Keine Chance für den VfB, da unmittelbar durchzukommen.<br />
<br />
Über rechts sah es strukturell etwas anders aus: Akolo versuchte zu Beginn nahezu als Rechtsverteidiger Bälle zu fordern. Gegen Schalkes hohes Pressing musste der VfB anfangs aber umständlich hintenrum verlagern, um den Kongolesen einzubinden. Dann war Schalke meist schon so weit verschoben, dass Oczipka einfach auf Akolo durchschieben und Bruun Larsen an Nastasic übergeben konnte. Wenig später agierte Akolo dann in einer mittelhohen Halbposition und damit wieder im Zugriffsbereich von Nastasic. Da es auf rechts nun keinen breiten Aufbauspieler wie Kaminski links gab, waren die Räume hier schwieriger zu erschließen und es entstand wie schon gegen Mainz ein Linksfokus im Aufbau.<br />
<br />
<h4>
Der VfB-Aufbau und seine Probleme</h4>
<br />
Dementsprechend war klar, dass der VfB entweder für mehr Raum auf den Flügeln sorgen (das heißt: in Räume kommen, die den Gegner zum Verschieben zwingen und dann schnelle Verlagerungen spielen) oder durch die Mitte spielen musste. Warum beides nicht konstant klappte, hatte vor allem mit allgemeinen Charakteristika der Mannschaft zu tun, zeigte aber auch einzelne strukturelle Nachteile auf.<br />
<br />
<ul>
<li>Bei den zugeschobenen Staffelungen auf links zeigte sich ein Nachteil von Burnics Zwischenrolle aus Sechser und Innenverteidiger: Wenn er sich nicht weit genug fallenließ, blockierte er den Passweg von Kaminski zu Pavard. Bei einer orthodoxen Viererkette, wäre der Passweg zum ballfernen Innenverteidiger meistens offen gewesen. Eine schöne Lösung, die es zum Ende der ersten Halbzeit zu sehen gab, war, dass Burnic sich fallen lässt und Pavard in den Sechserraum schiebt und dort frei wird.</li>
<li>Bis auf Özcan waren alle Flügel- und Halbspieler "richtigfüßig" aufgestellt, dass heißt Linksfuß auf links, Rechtsfuß auf rechts. Das hatte zur Folge, dass diagonale Passoptionen schwieriger genutzt werden konnten und eher Linienpässe betont wurden. Zum Beispiel agierte Burnic zwar sozusagen in der "Kroos-Rolle", konnte aber als Linksfuß kaum Pässe in den rechten Halbraum zu Gentner oder Akolo verteilen. Stattdessen mussten die Spieler vom Flügel immer wieder um Schalkes Formation herum anstatt hinein spielen, was die Ballzirkulation verlangsamte.</li>
<li>Die Zirkulation selbst schien auf individualtaktischer Ebene von einem unterschwelligen Sicherheitsdenken durchzogen, wobei sich Ausmaß und Ausprägung von Spieler zu Spieler unterschied. Viele Pässe kamen in den Fuß, obwohl sie in den Lauf kommen mussten, wodurch der VfB sich schnell schließende Räume nicht schnell genug ausschöpfen oder gar ganz aufgeben musste. Auch in Aspekten wie dem Tempo der Pässe und der Positionierung in den Räumen fehlte ein Tick Aggressivität (was auch strukturelle Gründe hatte).</li>
<li>Das Passspiel war zu wenig weiträumig. Lange Verlagerungen auf die mindestens doppelt besetzten Flügel wären etwa für die eine oder andere Situation ein gutes Mittel gewesen. Ein Grund dafür war auch, dass die Positionsordnung keine Besetzung des Rechtsverteidiger-Grundraums vorsah, wodurch es schwer war von links nach rechts zu kommen. Andere Faktoren waren die schon angesprochene Richtigfüßigkeit und auch das Naturell vieler Spieler.</li>
<li><div>
Im Zentrum fehlte es ein wenig an Weitsicht und "Rhythmusdominanz": Die Qualität, Bälle im richtigen Moment in die richtigen Räume spielen und sich dabei Optionen und Timing so wenig wie möglich vom Gegner diktieren zu lassen. Pavard zeigte zum Beispiel einzelne strategisch eher schwache Entscheidungen im Passspiel, während Phasen erhöhter Präsenz der Sechser eben häufig von "Tunnelblick-Gentner" und Burnics zwar insgesamt guten aber noch etwas gleichförmigen, eher kleinteilgen und stabilitätsorientierten Ballverteilung geprägt waren. Kaminski, der diese Fähigkeiten mindestens auf kognitiver Ebene mitbringt, ließ sich als Linksfuß und durch die Seitenlinie eingeschränkt häufig zu suboptimalen Linienpässen verleiten.</div>
</li>
</ul>
<br />
<h4>
"Vorne rein"</h4>
<br />
Schließlich war neben der Ballzirkulation auch die Offensivpräsenz ein Problem, gerade zu Beginn des Spiels. Özcans Zurückfallen wurde wie schon gegen Mainz nicht mit Vorstößen aus den anderen Positionen heraus beantwortet. Gentner, der diese Läufe theoretisch machen kann, hatte zwar wie immer punktuelle, kleine Zeitfenster drin, in denen er mit seinen Läufen brutalen Effekt entfachte. In vielen Phasen stand der Kapitän aber auch relativ funktionslos irgendwo rum, ohne sich konsequent in laufende Angriffsbemühungen einzuklinken. Dadurch fiel er in den meisten Szenen als Anschlussoption zwischen den Linien oder als Raumöffner weg (wobei er da nach und nach etwas aktiver wurde).<br />
<br />
Als letzten Punkt kann man noch den Flankenfokus im letzten Drittel nennen. Wie so häufig sollten die Angriffe vollendet werden, indem sich viele Spieler in den Strafraum orientieren und die Bälle "vorne rein" gespielt werden, wie Wolf es gerne ausdrückt. Da der Flankengeber dadurch aber kaum unterstützt wurde, mussten viele Flanken aus sehr breiten und eher tiefen Positionen geschlagen werden. Diese Bälle sind nicht nur technisch anspruchsvoll und müssen oft unter Gegnerdruck gespielt werden, sondern sind auch relativ einfach zu verteidigen, weil sie lange unterwegs sind und in suboptimalem Winkel fliegen. Eine bessere Möglichkeit, die leider kein einziges Mal genutzt wurde, wäre vielleicht gewesen, dass Kaminski Insua in den Raum hinter Kehrer schickt. Caligiuri musste sich bei den "Flankenläufen" des Polen ja von Insua auf Kaminski umorientierten. Weil Kehrer tendenziell Özcan im Blick hatte, hätte in manchen Situationen ein einfacher Steilpass gereicht um Insua durch die Halbspur zur Grundlinie zu schicken. <a href="https://www.whoscored.com/Matches/1202005/Live/Germany-Bundesliga-2017-2018-VfB-Stuttgart-Schalke-04">Stattdessen gelang dem VfB keine einzige seiner 27 Flanken von innerhalb des Strafraums.</a><br />
<br />
Die gefährlichsten Szenen entstanden aus eher chaotischen Situationen zu Beginn, vor allem nach langen Bällen eines der Teams. Dann hatten Akolo und Özcan mehr Bindung zueinander und waren in Schalkes relativ großem Zwischenlinienraum präsent. Was die Aufbausituationen angeht, spielte Kaminski einige schöne Flanken-ähnliche Verlagerungen, wenn er dann doch mal Raum bekam, in den er mit Ball hineinstoßen konnte. Über rechts gab es auch den einen oder anderen Ansatz, bei dem sich Akolo und Bruun Larsen allein oder zusammen mit Gentner oder Gomez durch individuelle Aktionen und kurze Stafetten überraschend aus der Gleichzahlsituation lösen und horizontal oder diagonal weiterspielen konnten.<br />
<br />
Grundsätzlich steigerte sich der VfB mit der Zeit und profitierte außerdem davon, dass Schalke vereinzelt ein wenig an Intensität und Kohärenz verlor und sich vereinzelt in ein 5-4-1 zurückzogen. Trotz theoretisch erhöhter Komapktheit bei Schalke war es nun wesentlich leichter, Angriffe über eine Seite durchzuziehen, da der VfB frei aus dem Sechserraum aufbauen konnte und Schalke daher nicht mehr einfach die Flügeloptionen zustellen konnte, sondern das ganze Feld verteidigen musste. In den letzten 5-10 Minuten hatte der VfB einige gute Szenen: Direktere Durchbrüche, gute Verlagerungen und Hereingaben mit hoher Strafraumpräsenz. Das System in Ballbesitz (einschließlich der Interpretation durch die Spieler) reichte zwar nicht aus, um gegen einen auf hohem Niveau verteidigenden Gegner zu Torchancen zu kommen, funktionierte ab dem Zeitpunkt als der Gegner ein bisschen nachließ aber sogar ziemlich konstant. Das setzt hoffentlich die oben genannten Schwachpunkte, die vielleicht einen zu kritischen Eindruck von Wolfs Ideen und der Leistung des VfB hinterlassen, ins richtige Verhältnis.<br />
<br />
Eigentlich war die fehlende Effektivität im Ballbesitzspiel aber auch gar nicht so wichtig. Das größere Problem des VfB war das Spiel gegen den Ball.<br />
<br />
<h4>
Schwachpunkt Pressing</h4>
<br />
Nachdem das 4-4-2 sich gegen den Ball als zu instabil herausstellte, kehrte Wolf zum etablierten 5-2-2-1 zurück, welches allerdings auch nicht mehr so gut funktionierte wie die Hinrundenversion. <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/09/die-pressingschlacht-gegen-mainz.html">Ein Kernelement des 5-2-2-1 war damals, dass es dem VfB darin gelang, den gegnerischen Aufbau frühzeitig am Flügel zuzustellen.</a> Das funktionierte in diesem Spiel zu Beginn überhaupt nicht. Naturgemäß ist dieses Zustellen aus dem 5-2-2-1 heraus gegen eine Dreierkette nochmal schwieriger als gegen eine Viererkette, weil der Halbverteidiger nicht so klar zugeordnet werden kann. Das mannorientierte Zustellen sollte beim VfB so aussehen, dass der Flügelverteidiger den Flügelverteidiger anläuft, die Zehner den Halbverteidiger sowie Meyer, Gomez den zentralen Innenverteidiger blockiert und der ballnahe Sechser die Optionen im offensiven Halbraum verteidigt. Das Problem dabei war, dass die Mannschaft dieses Zustellen nicht wirklich forcierte und gerade die Zehner und Flügelverteidiger im Zweikampfverhalten sehr zurückhaltend auftraten. Dadurch hatten Schalkes Halb- und Flügelverteidiger wiederum genug Zeit am Ball, um mit einem langen Ball die Seite zu wechseln. Der Schlüsselspieler, um die Flügelsituationen aufzulösen war Max Meyer, der horizontal weit mit dem Ball verschob und damit die Zugriffssituation für den ballfernen VfB-Zehner weiter verkomplizierte. Ließ er Meyer laufen, hatte Schalke einen freien Mann und eventueller Zugriff war dahin. Ging er mit, wurden die Verlagerungsräume gigantisch, und die Chance, dass diese bespielt werden, war aufgrund des laschen Zugriffsverhaltens sehr hoch. Ein Dilemma.<br />
<br />
<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-URdyKP0kM9w/WnIMf-K8m6I/AAAAAAAABQQ/skOcWfKvA2AZvNuS2d_K7upFhrW7JBa6gCLcBGAs/s1600/vfbpres_teufelskreis.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1094" data-original-width="1600" height="218" src="https://3.bp.blogspot.com/-URdyKP0kM9w/WnIMf-K8m6I/AAAAAAAABQQ/skOcWfKvA2AZvNuS2d_K7upFhrW7JBa6gCLcBGAs/s1600/vfbpres_teufelskreis.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Der VfB will rechts zuschieben. Zuerst kann Gentner Nastasics Eröffnung auf Konoplyanka nicht verhindern. Der lässt klatschen auf Meyer, der mit rüber schiebt und Özcan als ballfernen Zehner in der Folge bis auf den Flügel zieht. Weil Larsen zu weit weg von Oczipka steht, kann Meyer Konoplyankas Ablage einfach auf Oczipka weiterspielen, der dann mit einem einfachen Pass die komplett offene rechte Seite ansteuern kann.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
So hatte Schalke viele Situationen, in denen sie nach Verlagerungen oder "einfach so" offen über die Halbverteidiger aufbauen konnten. Die Zehner standen dann relativ eng um Meyer herum und verhinderten direkte Anspiele auf ihn. Bei Pässen auf die Halbverteidiger versuchten die Zehner hinterherzuschieben, erhielten aber wegen ihrer engen Ausgangsposition keinen so rechten Zugriff und konnten ein Aufrücken mit Ball nicht immer verhindern. Zudem waren für Kehrer und Nastasic die vertikalen bis leicht diagonalen Passwege auf Schalkes ballnahen Außenstürmer oder di Santo offen (der ballnahe Sechser konnte davon ja auch nur maximal einen zustellen). Dieser bespielte dann entweder Wechselbewegungen innerhalb der Offensive oder ließ auf Meyer klatschen, für den sich dann im ersten Moment weder Özcan noch Akolo klar zuständig fühlten. In manchen Szenen, etwa wenn Akolo Nastasic anlief oder in tieferen Pressingszenen spielte Özcan auch enger gegen Meyer, sodass eine Art 5-2-1-2 entstand. Das funktionierte strukturell etwas besser, aber ohne Aggressivität ließ auch das zu viele Räume nutzbar.<br />
<br />
Schalke kam dementsprechend in der Anfangsphase zu leichtem Raumgewinn und zementierte diesen im weiteren Angriffsverlauf. Die Flügelverteidiger rückten weit auf und banden ihre Stuttgarter Pendants. Goretzka spielte im gesamten Angriffsverlauf sehr hoch, fast wie ein Zehner, während Konoplyanka und Harit sich auf die Flügel fallen ließen. Es ergab sich eine Art 3-1-5-1 im Aufbau. Da Stuttgarts Flügelverteidiger von Caligiuri und Oczipka sowie Pavard von di Santo gebunden waren und die Halbverteidiger das Risiko, gegen Harit und Konoplyanka allzu weit rauszurücken scheuten, konnte Schalke nun die 3-gegen-2-Überzahl der Außenstürmer und Goretzka gegen Burnic und Gentner auskosten oder gegen verzögertes Anlaufen zumindest den Ball in hohen Zonen halten. Auch simple Flügelangriffe waren möglich, da die VfB-Sechser sehr weit verschieben mussten, wenn Harit und Konoplyanka an der Seitenlinie unterwegs waren.<br />
<br />
Die beiden Tore, die Schalke nach Standards erzielte waren dementsprechend durchaus folgerichtig. Allerdings erspielte sich Schalke auch wenig klare Durchbrüche gegen die Fünferkette (wobei sich das Fehlen von Ascacibars Lückenstopfen durchaus bemerkbar machte). <a href="https://understat.com/match/8436">Abzüglich des Elfmeters bleibt für Schalke in Halbzeit eins ein xG-Wert von lediglich 0,3 übrig</a>. Entlastung hatte Schalke danach eher über Konter, die dank des individuell recht schwachen und strukturell mittelmäßig begünstigen Gegenpressings des VfB relativ frei im Sechserraum der Knappen ausgelöst, aber meist nicht bis vors Tor durchgespielt werden konnten.<br />
<br />
Nach dem 2:0 wachte der VfB schließlich auf, plakativ gesprochen. Das Pressing wurde nun intensiver und das Zweikampfverhalten individuell hartnäckiger. Dadurch klappte das Zustellen besser und der VfB konnte den Gegner jetzt häufiger wie geplant einschnüren. Teilweise ging der VfB sogar ins Angriffspressing, wobei einer der Sechser auf Meyer durchschob und die restliche Mannschaft in den offensichtlichen Zuordnungen presste. Der VfB hatte auf diese Weise sogar ein paar gute Balleroberungen, aus denen sogar Torchancen hätten werden können, wäre der VfB nicht so eine schlechte Kontermannschaft.<br />
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<h4>
Zweite Halbzeit: Volle Offensive im 3-1-4-2</h4>
<br />
Nach der Pause kamen offensive Kräfte: Ginczek und Donis für Özcan und Larsen. Donis übernahm Larsens Position eins zu eins. Ginczek sortierte sich als hängende Spitze hinter Gomez ein. Akolo ging auf die linke Achterposition, Gentner auf die rechte. Abstöße wurden nun im 3-4-3 mannorientiert zugestellt, sodass Schalke den langen Ball wählen musste (wobei es komisch war, dass Baumgartl und nicht Pavard dann ins Kopfballduell mit di Santo ging. War aber letztlich kein Faktor). Im hohen Mittelfeldpressing sah man nun eine Art 3-1-4-2, selten kamen die Flügelverteidiger auch zurück und es entstand ein 5-1-2-2. War natürlich alles sehr improvisiert und auch instabil, sorgte aber für Präsenz bei Kontern und eigene Ballbesitzphasen.<br />
<br />
<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-QMCClj_HjPM/WnIPhvwgW-I/AAAAAAAABQc/7M5n-kM-83o62nB0M9IN6yeF4ox1f8LkgCLcBGAs/s1600/3142.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="954" data-original-width="1600" height="190" src="https://3.bp.blogspot.com/-QMCClj_HjPM/WnIPhvwgW-I/AAAAAAAABQc/7M5n-kM-83o62nB0M9IN6yeF4ox1f8LkgCLcBGAs/s1600/3142.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Das 3-1-4-2 im Aufbau.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Diese Ballbesitzphasen spielten sich zunächst ähnlich ab wie in der alten Struktur, da ja auch praktisch nur der (ohnehin vergleichsweise redundante) Achter durch einen hängenden Stürmer ersetzt wurde. Die Präsenz bei zweiten Bällen war mit Ginczek als zusätzlichem Angreifer noch etwas besser als vorher. Im Aufbau kam der Vertikalpass auf Ginczek als zusätzliche Option dazu, allerdings harmonierte er nicht optimal mit seinen Ablagestationen. Zusätzlich dribbelte Donis nun über rechts (mit Gentner als Raumöffner), während die Halbverteidiger extrem weit aufrückten, sobald Schalke im 5-4-1 weit genug zurückgedrängt wurde. Teilweise agierten Baumgartl und Kaminski gleichzeitig in Außenstürmer-Position. Passend dazu nahm Insua etwa ab der 60. Minute auch endlich am Spiel teil, indem er sich von seiner Linksaußen-Position etwas löste, mehr im linken Halbraum unterwegs war und Kaminski den Flügel freigab.<br />
<br />
Die Probleme blieben aber im Wesentlichen die selben. Insbesondere die systematische Vorbereitung der Flankensituationen blieb in der nach wie vor sehr flankenlastigen Ausrichtung ein großes Problem. Durch die massive Präsenz im Strafraum entstand trotzdem ein wenig mehr Torgefahr als zuvor. Aus dem Spiel heraus hatte Gomez eine sehr gute Möglichkeit nach einer Halbfeldflanke. Auf der anderen Seite ließ Schalke noch einige hochkarätige Konterchancen gegen das extrem offensive VfB-System verstreichen.<br />
<br />
<h4>
Einordnung</h4>
<br />
Der VfB wollte mehr Tore schießen und Hannes Wolf hatte mit aller Macht daran gearbeitet. Bei der Entwicklung hin zu besseren Ballbesitz-Lösungen im zweiten Drittel sind aber leider einige Stärken aus der Hinrunde verlorengegangen - im Pressing und im Gegenpressing. Nachdem der VfB das 4-4-2 gegen den Ball traditionell nicht stabil aufs Parkett bekam, fehlte nun auch im alten 5-2-2-1 zumindest in den entscheidenden Phasen die Qualität in der Umsetzung. Gleichzeitig waren die neuen Sachen noch nicht mächtig oder umfassend genug, um die Mannschaft alleine zu tragen.<br />
<br />
Wendungen und auch kurzzeitige Rückentwicklungen kommen bei der Entwicklung von Mannschaften immer wieder mal vor und zeigen auch, dass diese Entwicklung von Leben und Ideen geprägt ist. Schon in der letzten Zweitligasaison gab es beim VfB unter Wolf ein, zwei Mal solche Sackgassen, wenn auch etwas kleinere. Leider bekam er diesmal nicht die Chance, den Kurs zu korrigieren.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-76439497170347174272018-01-21T10:10:00.000+01:002018-01-21T10:10:29.738+01:00Neue Aufbauideen<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-tRwwVl3PqsQ/WmROfc8QqiI/AAAAAAAABPc/KupI3u6rAUcy5SFRo9fBoqXtQtb79hiOQCEwYBhgL/s1600/m05strukt.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="958" data-original-width="1600" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-tRwwVl3PqsQ/WmROfc8QqiI/AAAAAAAABPc/KupI3u6rAUcy5SFRo9fBoqXtQtb79hiOQCEwYBhgL/s300-c/m05strukt.png" width="150" /></a></div>
Wolfs Ballbesitz-Anpassung gegen Mainz funktioniert in Teilen hervorragend, kann aber im ersten Versuch nicht ganz umfassend überzeugen. Problematisch bleibt eher das Pressing.<br />
<a name='more'></a><br />
<h4>
Stuttgarts schiefe Positionsordnung</h4>
<br />
Gegen das Mainzer 5-3-2-Mittelfeldpressing konzentrierte sich der VfB massiv auf Überladungen im zweiten Drittel und darauf, den Ball in diesen Räumen laufen zu lassen. Gentner kippte dazu leicht nach links raus, ohne bis auf die Außenverteidigerposition durchzuschieben. Pavard ging rechts den umgekehrten Weg und startete in einer etwas vor- und eingerückten Position. Damit hatte der VfB quasi drei Sechser vor einer nach links verschobenen "Zweieinhalberkette" mit Baumgartl, Badstuber und Aogo.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-tRwwVl3PqsQ/WmROfc8QqiI/AAAAAAAABPY/6B-5Qupq-ks6hkhpA_9X40vZ_HuMio9HwCLcBGAs/s1600/m05strukt.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="958" data-original-width="1600" height="191" src="https://3.bp.blogspot.com/-tRwwVl3PqsQ/WmROfc8QqiI/AAAAAAAABPY/6B-5Qupq-ks6hkhpA_9X40vZ_HuMio9HwCLcBGAs/s1600/m05strukt.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Stuttgarts Offensivstruktur: Eine Art schiefes, ungleichmäßiges 2-4-3-1 oder 3-3-3-1</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Anstelle von Pavard gab Donis rechts durchgängig Breite und spielte wie schon merhfach beim VfB als isolierter Dribbler. Insua und Özcan bildeten eine Art Doppelzehn und liefen etwas freier durch die (meist halblinken) Räume: Insua balancierte viel, gab Breite und Tiefe und versuchte in den Sechser- und Zehnerräumen eine Verbindungsstation zu sein. Özcan wich wie üblich weit nach links aus und tauschte auch mal länger mit Insua die Position.<br />
<br />
<h4>
Stärken und Schwächen</h4>
<br />
Aus dieser Positionsordnung heraus ergaben sich beim VfB extreme ballnahe Überladungen im zweiten Drittel - interessanterweise gerade die Räume, die der VfB normalerweise eher übespielt. In der Folge konnte der VfB immer wieder die herausrückenden Mainzer Achter im Pressing isolieren und überspielen. Meist startete der Angriff über die bevorzugte linke Seite mit Gentner oder Aogo, der dann von Serdar angelaufen wurde und den Ball problemlos zu einer der zahlreichen kurzen Anschlussstationen weitergeben konnte. Hier bestrafte der VfB gezielt die Tatsache, dass Mainz diese Isolation des Achters zuließ, da de Jong und die Flügelverteidiger eher vorsichtige Pressingrollen einnahmen.<br />
<br />
So lief der Ball, abgesehen von ein paar individuellen Unsauberkeiten, prima durch die tiefen Halbräume, was Raumgewinn und vereinzelte Dominanzphasen ermöglichte. Was aber zweifellos fehlte, war die Torgefahr. Nur 2 Schüsse (bzw. 0.41 xG - von <a href="http://understat.com/">understat.com</a>) gelangen dem VfB in der ersten Hälfte. Der VfB konnte die tiefen Überladungen nicht dynamisch in Angriffsstrukturen umwandeln. Gentner (als Fokuspunkt im Aufbau eh nur mittelprächtig aufgehoben) hatte zum Beispiel nicht viele Szenen, in denen er nach dem einleitenden Pass auch selbst nach vorne ging. Im Zweifel blieben er und Aogo gleichzeitig hinten. Als Insua gegen Ende der Halbzeit viel in den Sechserräumen unterwegs war, fehlten dann auch die balancierenden Vorstöße und der Struktur ging die ohnehin eher niedrige Offensivpräsenz abhanden (teilweise standen bis zu fünf Spieler in einer Linie rum). Hier hätten sich gerade Pavard, Gentner und Aogo mehr Läufe in die letzte Linie zutrauen müssen und mit Ascacibar als Abräumer hinter sich hätten sie das wohl auch gekonnt.<br />
<br />
Obendrauf kam dann noch, dass Mainz Stuttgarts Plan B, das heißt die Dribblings von Donis, gut kontrollierte. Holtmann verteidigte den Griechen nicht eng mannorientiert, sondern stellte eher die Passwege zu, während der individuell starke Diallo mit seiner Dynamik den Raum hinter ihm verteidigte. Holtmann deckte also den Pass in den Fuß, Diallo den in den Lauf.<br />
<br />
<h4>
Einordnung</h4>
<br />
Insgesamt kann man die neue Ballbesitz-Struktur aber durchaus als Weiterentwicklung betrachten. Das Standard-4-2-3-1, das Wolf gegen Hertha einsetzte, sieht nur eine große Ballung im Offensivzentrum vor, die mit dem Ball verschieben muss, um Überladungen anderswo als in der Mitte herzustellen. Mit dem klaren Fokus auf eine Seite und der frühzeitigen Raumbesetzung können sich die Spieler detaillierter darauf konzentrieren, wie sie sich relativ zum Gegner bewegen, anstatt ihre Bewegungen mit einem ballorientierten Verschieben vereinbaren zu müssen. Zudem fehlte im Standardsystem die Präsenz auf den Flügeln und in den tiefen Halbräumen. Beide Probleme adressierte die neue Struktur.<br />
<br />
Zu erwähnen ist, dass der VfB aus diesem System heraus nicht nur links überladen kann. Ein simpler Positionswechsel von Insua vom linken in den rechten Halbraum sorgt zum Beispiel dafür, dass das Links-Übergewicht nach rechts wandert, ohne dass man an Stabilität einbüßt. Mit etwas anderer Besetzung wären auch noch weitere, offensivere Varianten möglich: Zum Beispiel könnte Burnic entweder von der Ascacibar-Position aus balancierend aufrücken oder die Gentner-Rolle mit mehr Spielstärke füllen. Ginczek und Thommy wären interessante Optionen als Linksaußen, während Insua den Linksverteidiger attackierender spielen könnte als Aogo.<br />
<br />
Nachdem Wolf die Partie aber als das vielleicht schlechteste Saisonspiel bezeichnete, ist wahrscheinlicher, dass dieses System eher nicht weiterentwickelt wird. Hoffentlich war das gestern kein zweites Dresden.<br />
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<h4>
Und sonst so?</h4>
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<ul>
<li>Im Pressing spielte der VfB 4-4-2-Mittelfeldpressing und es war nicht gut. Da die Außenspieler nicht mannorientiert gegen die Flügelverteidiger zurückfielen, verteidigten Aogo und Pavard sehr breit (cf. das quasi-6-2-2 gegen Hertha). Dadurch mussten Badstuber und Baumgartl viel Raum verteidigen, was sich besonders in der Strafraumverteidigung bei Flanken negativ bemerkbar machte.</li>
<li>Auch zwischen den Linien war der VfB anfällig. Einzelne unpassende Mannorientierungen und Gentner (bei nichtleerer Schnittmenge) waren hier wichtige Faktoren.</li>
<li>In der Halbzeit stellte Wolf leider unglücklich um. Im 5-3-2 mit tiefen Achtern bekam der VfB keinen Zugriff auf die Räume um die Halbverteidiger. Schließlich leitete Latza aus diesem Raum auch das 2:1 ein. An der Stelle könnte man mutmaßen, dass der VfB sich zu Hause nicht so hätte zurückdrängen lassen. Teilweise versuchten die Offensivspieler sogar ein Angriffspressing zu starten, aber die Mannschaft schob nicht geschlossen nach.</li>
<li>Mehr Burnic!</li>
</ul>
JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-82829255546635787532017-12-16T09:21:00.001+01:002017-12-16T09:21:19.691+01:00Das Stabilitätsparadoxon<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://4.bp.blogspot.com/-vfFIFazGZ4I/WjTIxV45QQI/AAAAAAAABO8/AoXJnRAwDpIkJzxg2pa-ys5VewM4OysKQCEwYBhgL/s1600/1718_hofvfb.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="150" src="https://4.bp.blogspot.com/-vfFIFazGZ4I/WjTIxV45QQI/AAAAAAAABO8/AoXJnRAwDpIkJzxg2pa-ys5VewM4OysKQCEwYBhgL/s300-c/1718_hofvfb.png" width="150" /></a></div>
Der VfB verliert gegen Hoffenheim. Den taktischen Diskussionsstoff lieferten vor allem die defensiv anmutenden Umstellungen von Hannes Wolf.<br />
<a name='more'></a>
<br />
<h4>
Erste Halbzeit: Ambivalentes Pressing gegen starken Aufbau</h4>
<br />
<i>"Bis dahin [Anm: bis zu den Ausfällen von Donis und Akolo] waren wir gut im Spiel. Ich glaub die Anfangsphase ging klar an uns. Da standen wir hoch in den Räumen, haben Balleroberungen gehabt, haben Torchancen auch gehabt, hatten gute Szenen."</i><br />
- <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Mv9i6dCQ6Wc&t=5m18s">Hannes Wolf auf der Spieltags-PK vor Bayern.</a><br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-vfFIFazGZ4I/WjTIxV45QQI/AAAAAAAABO8/GLPf1q_mgxA_3iLW0pthsMk9l6LDzy-8wCLcBGAs/s1600/1718_hofvfb.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://2.bp.blogspot.com/-vfFIFazGZ4I/WjTIxV45QQI/AAAAAAAABO8/GLPf1q_mgxA_3iLW0pthsMk9l6LDzy-8wCLcBGAs/s1600/1718_hofvfb.png" width="258" /></a></div>
Hoffenheim ging das Ballbesitzspiel mit einer Raute und viel Ambition und Plan an. Vogt spielte vor der Abwehr, Geiger startete auf der Zehn. Nachdem sie zu Beginn ein bisschen Probleme hatten, die Schnittstellen der Abwehr im Umschaltmoment zu kontrollieren, stellten sie nach 10 Minuten auf 3-1-4-2 im Aufbau um, indem Vogt und Geiger jeweils eins nach hinten gingen. Defensiv spielten sie ohnehin von Beginn an 5-3-2.<br />
<br />
Dagegen setzte der VfB auf hohes Pressing und Mannorientierungen. Gentner und Ascacibar spielten recht klare und enge Basis-Mannorientierungen auf Hoffenheims hohe Achter Rupp und Demirbay. Beck und Insua liefen bei Bedarf die tief angebundenen Außenverteidiger an, wobei Beck überraschenderweise viel flexibler unterwegs war als Insua. Davor formierten sich die übrigen drei Offensivspieler ungefähr auf gleicher Höhe. Donis stand zwischen Baumann und Vogt (nach der Umstellung zwischen Geiger und Vogt) und presste gelegentlich zentral durch. Die beiden Zehner verteidigten hauptsächlich die Innen- bzw. Halbverteidiger.<br />
<br />
Aus dieser Konstellation ergaben sich für den VfB im Mittelfeld potentiell große Schwierigkeiten: Hoffenheims Sechser war ungedeckt, weil die VfB-Sechser gegen die Achter gebunden waren und die erste Pressinglinie die Dreierkette (erst mit Baumann in der Mitte, dann eben mit Vogt) attackieren wollte. Gelöst wurde dieses Problem dadurch, dass Donis äußerst konzentriert den Passweg zum Sechser verteidigte. Außerdem halfen sich Donis und die Zehner gegenseitig: Rückte einer der Zehner vor, ließ sich Donis etwas fallen. Rückte Donis raus, orientierte sich ein Zehner Richtung Sechser. Damit konnte der VfB den einfachen Ball auf Geiger/Vogt verhindern und trotzdem vorne Druck machen. Was blieb war ein kleineres Risiko gegen Lupfer und Ablagen von vorderen Spielern.<br />
<br />
In den ersten Minuten gegen Hoffenheims Raute wurde aus dieser 2-gegen-3-Unterzahl im Mittelfeldzentrum sogar eine 2-gegen-4-Unterzahl, falls Geiger sich fallen ließ. Diese Unterzahl bestand nicht nur auf dem Papier, sondern manifestierte sich real auf dem Spielfeld in Form von Raumvorteilen und ungedeckten Spielern. In dieser Phase, aber auch nachher im 2-gegen-3 mussten die Sechser (wie auch umliegende Spieler) also immer wieder die Gegner geschickt übergeben, damit nicht einer plötzlich frei an den Ball kam. Besonders schwierig war das eben für die Sechser, weil Rupp und Demirbay immer wieder in die letzte Linie schoben. Teilweise folgten Ascacibar und Gentner deren Bewegungen einfach. Manchmal übergaben sie dann nach hinten, etwa wenn vor ihnen gerade ein freier Mann angespielt wurde. Ascacibar machte in diesen kniffligen Übergabemomenten erwartungsgemäß eine deutlich bessere Figur als Gentner und konnte manchmal sogar den Sechser aufnehmen, ohne Probleme zu verursachen. Insgesamt funktionierte die Kommunikation (gerade zwischen den Mannschaftsteilen) aber auf dem ganzen Feld sehr gut.<br />
<br />
Etwa ab der 20. Minute schaffte es Hoffenheim aber immer häufiger, sich aus dem Angriffspressing zu lösen. Weil dieses ganze Konstrukt schon so metastabil war, reichten Kleinigkeiten in den Situationen, um den Unterschied auszumachen. Zum Beispiel konnte Hoffenheim in Szenen, wo der Flügelverteidiger am Ball war und der VfB-Zehner den Rückpass zum Halbverteidiger (statt erstmal den Pass in die Mitte) zustellte, ganz einfach Geiger freispielen, der dann vom zurückeilenden Stürmer erst wieder eingefangen werden musste. Manchmal fand nun auch der starke Gnabry Raum (seltener Uth). Gnabry setzte sich weit auf die Flügel ab oder fiel auf mittlerer Höhe in den Halbraum zurück und entzog sich so dem Halbverteidiger. In Zusammenarbeit mit Rupp oder Demirbay als Raumöffner konnte er dann tororientierte Aktionen starten. Auch Pässe in die letzte Linie mit anschließendem "Kreuzen vor dem Ball" waren ein gutes Mittel, um einen freien Mann an den Ball zu bekommen, allerdings konnte Ascacibar (auch begünstigt durch seine tiefe Grundposition bzw. die hohen Achter der TSG) die meisten dieser Aktionen, die ja dann erstmal horizontal durch den Raum vor der Abwehr laufen, wegverteidigen.<br />
<br />
<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/247590401" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Nun betonte Wolf nach dem Spiel nicht zu Unrecht, dass für ihn das Pressing mit den Wechseln schwächer wurde (zur zeitlichen Einordnung: 26. Asano für Donis und 37. Brekalo für Akolo). Das scheint den ersten Gedanken nach paradox. Asano und Brekalo sind eigentlich die beiden defensivstärksten Offensivspieler im Kader, vor allem wegen ihrer Laufstärke. Gewissermaßen war aber genau diese Qualität das Problem.<br />
<br />
Im Pressing des VfB, bestand eine tragendes Säule darin, dass der Mittelstürmer konsequent den Pass auf den Sechser zustellte - sonst wäre das Pressing mit einem simplen Pass auszuhebeln gewesen. Dem fleißigen Laufspieler Asano fiel diese präzise, kleinräumige Rolle weniger zu als dem fast schon etwas faulen Donis (zumindest wenn man von der Komponente Rückwärtspressing absieht). Der Japaner lief häufiger an und vernachlässigte die Passwege im Detail. Außerdem übernahm er bei guter Gelegenheit auch einen Halbverteidiger, sodass dann der betroffene Zehner Asanos Rolle übernehmen musste und damit auch wieder etwas andere, ungewohnte Aufgaben hatte.<br />
<br />
Erschwerend kam hinzu, dass Vogt ab der 30. Minute ohne Ball sehr aktiv wurde und auf die Sechs oder halblinks rausschob. Dieser Kniff verfehlte seine Wirkung nicht: Ging Vogt auf die Sechs, mussten die drei Angreifer sogar zwei Spieler in ihrem Rücken verteidigen, und das obwohl sie mit einem schon nicht mehr richtig klar kamen. Ging Vogt nach halblinks zog er manchmal Asano mit sich und öffnete so ganz simpel den Passweg Baumann-Geiger. Die Tatsache, dass Brekalo sich in derartigen Situationen balanciert zu Geiger orientierte, sorgte für wichtige Schadensbegrenzung.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/247590386" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
<br />
Insgesamt halfen das gute Rückzugsverhalten und eine konzentrierte Endverteidigung mit fünf Verteidigern und zwei tiefen Sechsern dabei, dass Hoffenheim der entscheidende Durchbruch verwehrt blieb. Die beste Chance hatte Uth nach 39 Minuten. Damit diese Chance entstehen konnte, brauchte es aber eben auch einen außergewöhnlichen finalen Pass von Gnabry. Nach 45 Minuten standen nur 3 Schüsse auf dem Konto von Hoffenheim, keiner davon ging aufs Tor. Dennoch konnte es mit diesem Pressingplan in der Form nicht weitergehen und es ist gut, dass Wolf das erkannte.<br />
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<h4>
Zweite Halbzeit: Von Mittelfeldzustellen bis Abwehrriegel</h4>
<br />
<i>"... Und dann trotzdem auch aus der defensiveren Formation im Anlaufen, weil wir gemerkt haben dann nach den Wechseln, dass wir vorne keinen Zugriff bekommen haben, dass wir in der zweiten Halbzeit das Anlaufen tiefer gestaltet haben, haben wir sehr gut verteidigt. Und wir hatten echt n paar Konterszenen die ihr wahrscheinlich schon vergessen habt, weil sie dann gar nicht entstehen, aber wo du richtig was entwickeln kannst, das haben wir nicht geschafft."</i><br />
<br />
Der VfB meldete sich schließlich mit einem 5-3-2-Mittelfeldpressing aus der Pause zurück. Özcan spielte eine Reihe tiefer und Gentner tauschte mit Ascacibar die Seiten, sodass er rechts auf die Acht gehen konnte. Hoffenheims Aufbaudreierkette ließ der VfB nun in Ruhe. Die Stürmer versperrten den Sechserraum und leiteten passiv, manchmal aktiv zum Flügel. Dort wurde Flügelverteidiger von Flügelverteidiger angelaufen, der ballnahe Stürmer stellte den Halbverteidiger zu und der ballferne Stürmer erreichte im Optimalfall noch den Dunstkreis von Vogt. Gentner und Ascacibar übernahmen in diesen Flügelsituationen enge Mannorientierungen (Özcan hingegen spielte kurioserweise sehr positionsorientiert). So konnte der VfB den Gegner teilweise in einem lokalen Setting zustellen. Das war lange nicht so zugriffsstark wie das Ganzfeld-Angriffspressing aus Halbzeit eins, sorgte aber in Szenen, wo Hoffenheim lange genug auf dem Flügel blieb und dann nicht verlagerte oder zu Baumann zurückspielte, für guten Zugriff und den einen oder anderen Ballgewinn.<br />
<br />
Wie so häufig klappte die Umstellung aber nicht reibungslos. Dass Gentner und Ascacibar viel mannorientierter spielten als Özcan war vermutlich ein Relikt des ursprünglichen Pressingplans. So waren die Abstände in der Mittelfeldreihe recht unausgeglichen, außerdem verschob Gentner nie auf den Flügel nach und orientierte sich meist eng an Rupp. Mit Rupps schlauem und fleißigem Bewegungsspiel kam Gentner jedoch weniger gut zurecht als mit dem ohne Ball etwas unauffälligeren Demirbay. So fand Hoffenheim immer mehr Räume über links. Rupp öffnete mit seinen Vorstößen Raum für Hübner und den nach wie vor tief angebundenen Schulz. Während Hübner diesen Raum konsequent ausschöpfte, fehlte Schulz etwas die Dribbelstärke, um die (aus VfB-Sicht) instabile 1-gegen-1-Konstellation mit Beck aufzulösen.<br />
<br />
Etwa ab der 60. Minute konnte der VfB weniger Zugriff entwickeln und musste sein Pressing weiter zurückziehen. Da die Pressingstruktur erhalten blieb, änderte sich die Aufgabe für Hoffenheim nur wenig. Die Distanz zum Tor wurde kleiner und Verlagerungen einfacher.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/247590932" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Zur 65. Minute versuchte Wolf erneut negativen Folgen vorzubeugen und stellte auf 5-4-1 um - Brekalo reihte sich rechts ins Mittelfeld ein. Zu Beginn rückten die Flügelspieler vereinzelt noch auf die Halbverteidiger auf, später verteidigten sie aus einer engen Grundposition heraus gegen die Flügelverteidiger und befreiten Insua und Beck nach hinten. Die Mittelfeldreihe wirkte mittlerweile aber sehr improvisiert und verschob unsauber und reaktiv. Der Fokus lag konstant darauf, sich nach hinten zu orientieren und den Raum zwischen Mittelfeld und Abwehr zu komprimieren, vor allem in Ballnähe und in tiefer Grundstellung. Dem VfB gelang es so aber nicht mehr, Hoffenheim am Aufrücken zu hindern und entwickelte zwischen dem Mittelfeld und der einsamen Sturmspitze Asano nicht mehr viel Druck. Kontern ging auch nicht mehr.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/247590858" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<i>"... und kriegen dann halt aus ner Situation wo wir gut stehen das Gegentor."</i><br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/247590258" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<h4>
Offene Fragen</h4>
<br />
- Hätte es gegen die Pressingprobleme der ersten Halbzeit gereicht, einfach Asano mit Özcan (oder Brekalo, der die Rolle situativ gut spielte) zu tauschen? Falls ja, wie lange hätte der Ansatz noch überlebt?<br />
- Woher kam das "Zurückgedrängtwerden" in den Minuten vor der zweiten Umstellung genau?<br />
- Reagierte Wolf mit der zweiten Umstellung auf den fehlenden Zugriff, auf die Probleme (halb-)rechts oder auf beides?<br />
- Welche Rolle spielten leicht unsortierte Szenen, etwa wenn nach eigenen Angriffen noch ein Mann im Pressing fehlt? Gefühlt konnte der VfB solche Situationen besonders schwer auffangen.<br />
- Wie viel Potential hatten die Konter beim VfB in den verschiedenen Phasen genau?<br />
- Woher kommen eigentlich immer diese Umstellungen bei Hoffenheim? Vorgeplant, eingegriffen oder selbst organisiert?JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-82192090646062845152017-10-11T18:17:00.002+02:002017-10-11T18:17:15.538+02:0080er trifft Moderne: Deutschland - Tschechien 2004<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-pZhlTZwAKsg/Wd442pLY7kI/AAAAAAAABNA/puF_7a_ZafIbIhPFyONnRFN8uXD0q7H2gCEwYBhgL/s1600/2004_gercze1.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-pZhlTZwAKsg/Wd442pLY7kI/AAAAAAAABNA/puF_7a_ZafIbIhPFyONnRFN8uXD0q7H2gCEwYBhgL/s300-c/2004_gercze1.png" width="150" /></a></div>
Im finalen Gruppenspiel der EM 2004
versuchte Deutschland guten, modernen Fußball zu spielen und
kombinierte das mit Elementen aus der Zeit vor der Jahrtausendwende – ein Spagat, der zwar keinen perfekten, aber hochinteressanten Fußball hervorbrachte. Das 1:2
gegen Tschechiens B-Elf in der Analyse.<br />
<a name='more'></a><br />
<table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="float: right; margin-left: 1em; text-align: right;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://4.bp.blogspot.com/-pZhlTZwAKsg/Wd442pLY7kI/AAAAAAAABM0/8SJdSdx4NU8rkU-ChmhsQgrCj4eXIt5MQCLcBGAs/s1600/2004_gercze1.png" imageanchor="1" style="clear: right; margin-bottom: 1em; margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://4.bp.blogspot.com/-pZhlTZwAKsg/Wd442pLY7kI/AAAAAAAABM0/8SJdSdx4NU8rkU-ChmhsQgrCj4eXIt5MQCLcBGAs/s1600/2004_gercze1.png" width="258" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">1. Halbzeit</td></tr>
</tbody></table>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Nach den von der Öffentlichkeit
naturgemäß unterschiedlich aufgenommenen Unentschieden gegen die
Niederlande und Lettland ging es für Deutschland im letzten Spiel
der Gruppenphase gegen die bereits sicher als Erster fürs
Viertelfinale qualifizierten Tschechen. Da die Niederländer im
Parallelspiel gegen Lettland klarer Favorit waren (und auch nach 35
Minuten bereits 2:0 vorne lagen) war klar, dass Deutschland das Spiel
gewinnen musste um weiterzukommen. Tschechien schonte in diesem Spiel
praktisch sämtliche Stammspieler. Einzig Tomas Galasek zählte aus
dieser Elf unbestreitbar zur ersten Garde.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Deutschland bestritt die erste Halbzeit
in einer spannend besetzten und interpretierten 3-4-2-1-Formation.
Vorne begann mit Kuranyi ein klassischer Neuner. Dahinter starteten
Bernd Schneider und Michael Ballack als Doppelzehn, wobei Ballack
viel in den Achterräumen unterwegs war und Schneider vor allem die
Interaktion mit Kuranyi suchte. Auf der Sechs agierten Liverpools
Dietmar Hamann und – damals ja eigentlich noch überwiegend auf dem
Flügel eingesetzt – Bastian Schweinsteiger in einer klaren
Sechser-Achter-Aufteilung. Die Flügelverteidigung bildeten Philipp
Lahm und Torsten Frings. In der Abwehr spielten Arne Friedrich (in
seiner Paraderolle als rechter Halbverteidiger), Jens Nowotny und
Christian Wörns.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<h4 style="margin-bottom: 0cm;">
3-4-2-1-Mittelfeldpressing mit einem
Schuss Achziger</h4>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Im Pressing stand Deutschland damit vor
allem im Zentrum sehr dicht. Aus ihrer kaum mannorientierten
Grundstellung konnten sie situativ ausschwärmen und Druck auf die
Flügel oder auch auf Innenverteidiger und Torwart machen. So
schoben die Halbzehner gelegentlich auf Tschechiens tief angebundene
Außenverteidiger heraus und stellten gleichzeitig die Optionen ins
Zentrum zu. Zwischen den Zehnern konnte der defensivstarke
Magath-Schüler Kuranyi ins Rückwärtspressing gehen. Auf den
Flügeln rückten Frings und Lahm aggressiv gegen die Flügelspieler
der Tschechen heraus und liefen teilweise sogar bis zum
Außenverteidiger durch, wenn ihr Vordermann gerade nicht zur Stelle
war. So weit war das 3-4-2-1-Pressing ähnlich organisiert <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/09/die-pressingschlacht-gegen-mainz.html">wie zeitgenössische Varianten</a>.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Der größte Unterschied zu heute lag
(neben der logischerweise niedrigeren Intensität) wohl im Verhalten
der Dreierkette, die tatsächlich noch recht altmodisch daherkam.
Anstatt ballorientiert auf die Seite mitzuschieben, blieben die drei
Verteidiger oft zentral vor dem Strafraum. Das war speziell auf
links der Fall, weil die Dreierkette asymmetrisch formiert war und
etwas nach rechts gerückt dastand (siehe Formationsgrafik). Das
heißt: Friedrich sicherte Frings besser ab als Wörns Lahm. An sich
war die Dreierkette auch nicht wirklich eine Kette, sondern ähnelte
schon ein wenig der 1-2-Aufteilung mit einem Libero hinter zwei
Vorstoppern in den Manndeckungssystemen der 80er. Neben seinen
Vorstößen und langen Bällen versprühte Nowotny auch mit seinem
absichernden Zurückfallen zweifellos einen gewissen Libero-Flair.
Von Manndeckern kann man bei den Halbverteidigern wiederum nicht
sprechen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Die Räume hinter Frings und vor allem
hinter Lahm wurden seitens der Tschechen oft von
peripheren (und daher schwer zuzuordnenden) Spielern angesteuert, vor
allem vom ausweichenden Zehner Marek Heinz. Vereinzelt tauchten auch
Jiranek oder Tyce in diesen Räumen auf. Solche Läufe mussten oft
umständlich aus dem Mittelfeld verteidigt werden. Besonders
Schweinsteiger hatte als linker Sechser große Räume abzudecken. Er
bewegte sich zwar gut in die Gefahrenbereiche, sicherte auch
regelmäßig Lahm ab, wenn dieser in die Mitte oder nach vorne
verteidigte, kam aber aufgrund seiner fehlenden Dynamik nicht immer
in die Zweikämpfe. Zumindest gelang es aber Ballack, Kuranyi und
Schneider die folgenden Lücken im Mittelfeldzentrum rasch zu
stopfen, sodass Tschechien der Rückweg ins Zentrum genommen wurde.
Mit Hamanns Unterstützung konnten die drei Abwehrrecken dann das
Allermeiste wegverteidigen. Hier profitierte Deutschland davon, dass
Tschechien äußerst zögerlich nachrückte. Die Außenverteidiger
standen tief. Nicht selten mussten vier Tschechen gegen sieben
Deutsche die Angriffe zu Ende bringen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<h4 style="margin-bottom: 0cm;">
Variables Ballbesitzspiel</h4>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Da die Tschechen mit wenig Ambition ins
Spiel gingen, hatte Deutschland entsprechend viel vom Ball.
Tschechien ging kaum auf zweite Bälle und konzentrierte sich extrem
auf die Kompaktheit im Mittelfeld. Im 4-2-3-1 war der Zehner tief
angebunden und die Flügelspieler pressten immer wieder von außen
auf die Halbräume drauf und rannten wieder zurück auf ihre
Position, wenn der Pass in ihren Rücken kam (vor allem Vachousek
präsentierte sich laufstark). Dadurch war die Kompaktheit der Tschechen auf
einem, für diese Zeit, hohen Niveau.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Deutschland hielt mit einem
vielseitigen Ballbesitzspiel dagegen, mit vielen Positionswechseln,
bei dem Schneider, Ballack und Schweinsteiger immer wieder in den
offensiven Halbräumen auftauchten und weite diagonale Rochaden und
Kreiselbewegungen zeigten. So zog es Schneider immer wieder nach
halblinks, wo er um Kuranyi herumschwirrte. Ballack ließ sich mehr in den Aufbau zurückfallen und war ansonsten um Lahm
herum, in den offensiven Halbräumen und natürlich im Strafraum
präsent. Schweinsteigers Bewegungen waren im Vergleich etwas diagonaler und
gingen kaum bis in den Sechzehner durch. Im Gegensatz zu Ballack
rochierte er auch mal bis auf die offensiven Flügelpositionen. Oft
balancierte er Ballacks Zurückfallen. Seine gute Orientierung in den Räumen erinnerte bereits an den Schweinsteiger aus der jüngeren Vergangenheit.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Auch im Spielaufbau war der 19-jährige
Schweinsteiger überraschend nah dran an dem Spieler, der Jahre
später erst auf dieser Position zur Weltklasse aufsteigen sollte.
Strategisch war bereits eine Menge Ambition und Qualität zu
erkennen: Schweinsteiger lenkte den Aufbau auch in schwierigen Szenen
in die richtigen Räume. Deutschland konnte allerdings noch von
weiteren Positionen das Spiel eröffnen. Arne Friedrich (seltener
auch Nowotny) ging mit Ball oft in die schematische Lücke halbrechts
und trieb die Bälle druckvoll durch den Halbraum. Etwas seltener tat
Wörns das selbe auf links. Das Interessante daran war, dass alle
drei Verteidiger nach ihren Vorstößen erst mal vorne blieben und
sich in die Offensivräume einsortierten, anstatt gleich auf ihre
Position zurückzulaufen. So schufen sie Präsenz im Strafraum und
sorgten für überraschende Zusatzverbindungen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Abgesichert wurde diese bewegliche
Spielanalage vor allem von Hamann und den Flügelverteidigern. Obwohl
Hamann ebenfalls ein guter Stratege war und den einen oder anderen
Ball zwischen die Linien brachte, konzentrierte er sich in diesem
Spiel vor allem auf die Absicherung und versuchte Raum für die
Kollegen zu öffnen. Lahm und Frings machten wenig Druck auf die
letzte Linie und blieben überwiegend halbhoch und breit, um zwischen
Tschechiens Außenverteidiger und Flügelspieler für Verlagerungen
anspielbar zu sein. So bekam vor allem Frings viele Bälle im Raum
hinter Vachousek.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<h4 style="margin-bottom: 0cm;">
Gute Ansätze, wenig Durchschlagskraft</h4>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Zwar war Deutschlands Aufbauspiel
insgesamt durchaus sehenswert, sie schafften es aber zunächst selten
mit ihren Abläufen bis zum Strafraum durchzukommen. Teilweise waren
sie in ihren Bewegungen nicht konsequent genug und gingen nicht klar
genug in die geöffneten Räume hinein. Zudem war das Bewegungsspiel
der deutschen Elf ein wenig zerstückelt mit Gruppen von lediglich
zwei bis drei Spielern, die konkret miteinander interagierten. Der
Rest der Mannschaft schloss sich träge oder gar nicht an bereits
begonnene Aktionen an. Exemplarisch dafür forderte Ballack einige
Male im offensiven Halbraum unnötig den Ball, anstatt sich etwa für
den Pass in der Tiefe anzubieten. Dazu kam dann noch, dass bei
Deutschland kein einziger Spezialist für enge Räume auf dem Platz
und auch wenig gute Dribbler, die auch mal mit Ball in die von
Schweinsteiger oder Ballack aufgezogenen Räume hineingehen konnten.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Tschechiens Mittelfeldkompaktheit
reichte daher, um die deutschen Kombinationsansätze konstant zu
verteidigen. Das gelegentliche, unorthodoxe Herausrücken von Jiranek
auf Ballack, wenn dieser auf links oder zwischen den Linien unterwegs
war, sorgte dabei für zusätzlichen Zugriff und würgte die
deutschen Angriffe schnell genug ab, bevor etwa die befreiende
Verlagerung auf Lahm erfolgen konnte.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Aber Deutschland hatte auch einen Plan
B, über den sie etwas mehr Torgefahr erzeugen konnten. Das eine
waren lange Bälle auf Kuranyi, der die Bälle dann auf Schneider und
Ballack ablegte. Vor allem Schneider bewegte sich hier exzellent auf
die zweiten Bälle bzw. Kuranyis Ablagen. Der andere Weg waren
Flanken, die in erster Linie die Flügelverteidiger aus tiefen
Positionen oder ein nach außen rochierender Mittelfeldspieler von
weiter vorne schlug. Der lineare, etwas unambitioniert spielende
Frings lockte auf rechts immer wieder Mares aus der Position, sodass einer von Tschechiens leicht mannorientierten Sechsern mit Schneider oder
Schweinsteiger mitgehen musste, wenn diese in die Lücke hinter dem
Linksverteidiger starteten. Über gutes Nachrücken hielt Tschechien,
ähnlich wie die deutsche Mannschaft, jedoch die Kompaktheit und
konnte den von Frings kaum dynamisch bespielten oder ausgedribbelten
Halbraum schnell genug zulaufen, zumal hier immer wieder ein Loch in
Deutschlands Formation bestand. So blieb es halt bei den Flanken, die
immerhin in einen variabel besetzten Strafraum kamen. Hier zeigte
Schneider wieder ein gutes Raumgefühl und Ballack eine schwer zu
verteidigende Wucht und ein gutes Timing aus der Tiefe.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<h4 style="margin-bottom: 0cm;">
Deutschland verteidigt die Dominanz</h4>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="float: right; margin-left: 1em; text-align: right;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-reg0X6-h9Rk/Wd442sP5PsI/AAAAAAAABM4/hPMFeAEYZWseAOZC1PLdsU7uvgCM-I0gwCEwYBhgL/s1600/2004_gercze2.png" imageanchor="1" style="clear: right; margin-bottom: 1em; margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://3.bp.blogspot.com/-reg0X6-h9Rk/Wd442sP5PsI/AAAAAAAABM4/hPMFeAEYZWseAOZC1PLdsU7uvgCM-I0gwCEwYBhgL/s1600/2004_gercze2.png" width="258" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">2. Halbzeit</td></tr>
</tbody></table>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Zur Pause stand es 1:1, nicht genug aus
deutscher Sicht. Also stellte Völler um: Lukas Podolski kam für
Frings und nahm seine gewohnte, stürmerhafte Linksaußenrolle ein.
Nominell spielte Deutschland nun ein schiefes 4-2-3-1, an der
Rollenverteilung änderte sich aber lediglich bei Ballack und
Schneider Merkliches. Ballack agierte nun als einziger Zehner,
war im Aufbau häufiger halbrechts zu finden und agierte phasenweise
in einer Art Doppelacht mit Schweinsteiger. Schneider agierte rechts
breiter als zuvor, um den Raum für Friedrich aufzumachen und stieß
erst später im Angriffsverlauf in den Strafraum hinein. Ansonsten
war bei den Deutschen aber eigentlich alles wie vorher.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Tatsächlich waren es die bis dato
passiven Tschechen, die der zweiten Halbzeit einen anderen Rhythmus
verliehen. Sie liefen im Pressing viel früher an und besetzten bei
langen Bällen konsequenter die Räume hinter Zielspieler Lokvenc.
Die Flügelspieler machten viele diagonale Wege, die Sechser schoben
aggressiv hinterher und machten auch vermehrt Druck auf Deutschlands
Mittelfeldzentrum.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Das deutsche Team ließ sich von
Tschechiens Aggressivität aber überhaupt nicht verunsichern. Im
Gegenteil: Sie schwangen sich zu ihrer stärksten Phase des Spiels
auf. Wenn Tschechien den zweiten Ball nicht gewinnen konnte, bekam
Deutschland die dringend benötigten Räume auf dem Flügel und zwischen den Linien.
Ansonsten versuchten die Aufbauspieler nun fokussiert die Spieler im
Zentrum mit Flachpässen einzusetzen und die gegnerischen Sechser aus
ihrer Position zu ziehen. Dabei zeigte sich Deutschland überraschend
pressingresistent. Schweinsteiger, Nowotny und Friedrich hatten
einige enge Situationen zu bewältigen, konnten aber (auch mit etwas Ballglück hier und da) stets den
Ballbesitz sichern oder zumindest ein Foul ziehen und Tschechien zum
Rückzug zwingen. Dass Deutschland sich dadurch weiterhin die
Ballbesitzhoheit sicherte, war eine Schlüsselqualität in dieser
Phase.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Über Halbraumdribblings von Friedrich,
Vertikalpässe aus der ersten Reihe, oder über kurze Kombinationen
um Lahm herum, gelangte Deutschland dann immer wieder zwischen die
Linien und konnte über ein zumindest punktuell druckvolleres
Kombinationsspiel als in Hälfte eins auch mehr Torgefahr durch flach
ausgespielte Situationen versprühen. Alternativ bot Podolski eine
zusätzliche Option für Flanken. Zudem legte Ballack individuell
noch eine Schippe drauf, bewegte sich vorausschauender und spielte
den einen oder anderen guten Pass aus einer tiefen halbrechten
Position. Mitte der zweiten Hälfte hatte Deutschland Chancen im
Minutentakt. Die größte davon entstand nach einem simplen
Doppelpass Podolski-Lahm, den Ballack mit einem Pfostenschuss vom
Strafraumrand abschloss. Der Abpraller ging schließlich zum freistehenden
Bernd Schneider, der den Ball beim Nachschuss aufs leere Tor nicht
richtig traf.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
So blieb es erst einmal beim 1:1. Etwa
20 Minuten vor Schluss ging Deutschland noch mehr ins Aufrücken,
Friedrich oder Nowotny marschierten durch den Halbraum und gingen mit
in den Strafraum rein. Tschechien hatte in der zweiten Hälfte bis
dahin praktisch keine Torchance gehabt, wenn auch schon ein paar
Konter entstanden waren, aus denen sie mehr hätten machen können.
In der 77. Minute machte Baros dann eine Art Kontertor, dessen
Entstehung sich aus der Aufzeichnung nicht zweifelsfrei
rekonstruieren lässt, weil zu dem Zeitpunkt als die Regie zum
Live-Bild wechselte, Tschechien schon am Ball war. Völler brachte im
Anschluss einen dritten Stürmer für Hamann. Die Staffelung vorne
wurde schwächer, Deutschland positionierte sich fürs Bolzen, bolzte
erst nicht, dann schon, hatte noch eine nennenswerte Chance durch
eine Ecke und fuhr schließlich mit einer Niederlage nach Hause.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<h4 style="margin-bottom: 0cm;">
Ein gar nicht so blamables Ausscheiden</h4>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
17:8 Schüsse (davon 10:6 aufs Tor) für
Deutschland, dazu 9:1 Ecken. Eigentlich waren die Deutschen klar
überlegen. Die in der ersten Halbzeit noch fast geschenkte
Ballbesitzhoheit behauptete Deutschland nach der Pause stark und
entwickelte daraus auch vermehrt Torchancen. Das flexible Mittelfeld
um Ballack und Schweinsteiger und der zeitweise hohe Fokus auf das
Zentrum und die Halbräume waren im Jahrzehnt des 4-4-2 überraschende
Erscheinungen. Die Mannschaft war aber wohl noch nicht so weit, um
diesen Fußball komplett zu verinnerlichen. So blieb es bei einer Mischung aus Altem und Neuem, dessen Pole
sich zwar manchmal gegenseitig blockierten, der aber insgesamt schon cool anzuschauen war und mit dem man keinesfalls gegen
Tschechiens zweite Garde verlieren muss.</div>
JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-47976705710930627612017-10-03T13:00:00.000+02:002017-10-03T13:00:26.387+02:00Wolfs Systemumstellung gegen Frankfurt<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-hAAsWz6rF_k/WdNe8Ms4VqI/AAAAAAAABMI/UiD9G_kZbLcwdQUr2K28LIhwOLa_KqjyACLcBGAs/s1600/sgevfbbb.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="974" data-original-width="1600" height="150" src="https://1.bp.blogspot.com/-hAAsWz6rF_k/WdNe8Ms4VqI/AAAAAAAABMI/UiD9G_kZbLcwdQUr2K28LIhwOLa_KqjyACLcBGAs/s300-c/sgevfbbb.png" width="150" /></a></div>
Im Spiel gegen die Eintracht konnte der VfB im 3-4-2-1 gegen einen durchaus anfälligen Gegner lange nicht genügend Durchschlagskraft erzeugen, zeigte aber in der Schlussphase ein riskantes und phasenweise sehr wirkungsvolles Alternativsystem.<br />
<a name='more'></a><br />
Stunde vorbei, 0:1 hinten, der Ball geht raus zum Eckball für Stuttgart. Wolf wechselt ungewohnt offensiv, bringt Brekalo und Terodde für Beck und Ascacibar. Terodde verwertet die Ecke unmittellbar zum 1:1. Es folgen spektakuläre 30 Minuten mit einem Platzverweis für Frankfurt, Chancen auf beiden Seiten und einem etwas glücklichen Siegtreffer für die Eintracht. Dass der bis dahin eher ausgeglichene Spielrhythmus ohne viele Highlights so kippte, war vor allem dieser Umstellung Wolfs zuzuschreiben.<br />
<br />
<h4>
Risikopressing im 5-1-Raute</h4>
<br />
Zunächst einmal mögen die puren Wechsel (also offensiver Flügelspieler und Stürmer für Sechser und Außenverteidiger) ein bisschen nach panischer Brechstange aussehen. Sie waren aber Ausgangspunkt eines durchdachten, planvollen Systemwechsels, insbesondere das Ballbesitzspiel betreffend. Durch das prompte Ausgleichstor konnte Frankfurt allerdings nicht mehr nur hinten drin stehen. Sie versuchten also weiterhin Offensivpräsenz aufzubauen - selbst in Unterzahl später.<br />
<br />
Dadurch rückte auch Stuttgarts Pressing nach der Umstellung in den Fokus, womöglich ein wenig stärker als erhofft. Dieses stellte sich als eine Art 5-1-Raute dar (wobei die Raute ein bisschen nach links gekippt war, Donis tiefer als Terodde). Gegen Frankfurts 3-1-Aufbaustaffelung presste die "Stürmerraute" Mann-gegen-Mann und machte so früh Druck. Dahinter stand Pavard allein im Mittelfeld vor der Fünferkette. In tieferen Pressingphasen stellte Akolo losen Kontakt nach hinten her, meist waren die sechs Defensiven jedoch auf sich allein gestellt, wenn Frankfurt nach vorne kam.<br />
<br />
Vor dem Platzverweis griff Frankfurt in einem 3-1-4-2 an. Weil die beiden Stürmer Stuttgarts drei Innenverteidiger banden, bekamen die Achter links und rechts neben Pavard große Freiräume und Frankfurt konnte sich mit langen Bällen leicht kontrolliert lösen. Die Folgeangriffe spielten sie aber nicht ordentlich zu Ende - und rannten aus diesem Grund keine drei Minuten nach dem Ausgleich in den Konter, der Falettes rote Karte (und beinahe einen Elfmeter) zur Folge hatte.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-saJtsGvRqrg/WdNceELSvSI/AAAAAAAABL4/f4NZM5nttHo8UqxE-jRzWbMYcYHeHuvdACLcBGAs/s1600/sgevfb_01.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1186" data-original-width="1600" height="237" src="https://3.bp.blogspot.com/-saJtsGvRqrg/WdNceELSvSI/AAAAAAAABL4/f4NZM5nttHo8UqxE-jRzWbMYcYHeHuvdACLcBGAs/s1600/sgevfb_01.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Die extremste Pressingszene des Spiels, da Pavard gegen Abrahams Andribbeln unterstützt. Im Mittelfeld bleibt niemand übrig, der nach dem langen Ball Druck auf Gacinovic und Boateng machen kann...</td></tr>
</tbody></table>
<br />
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://2.bp.blogspot.com/-nzo_g88nOHk/WdNceghaoRI/AAAAAAAABL8/grjurYlriWMNAjEXHp3gtTnr7hw7593iQCLcBGAs/s1600/sgevfb_02.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1256" data-original-width="1600" height="251" src="https://2.bp.blogspot.com/-nzo_g88nOHk/WdNceghaoRI/AAAAAAAABL8/grjurYlriWMNAjEXHp3gtTnr7hw7593iQCLcBGAs/s1600/sgevfb_02.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">... Gacinovic wählt jedoch den vorschnellen Ball in die Tiefe auf Rebic, welcher von Kaminski abgefangen wird. Der spielt anschließend den schwierigen Ball an drei Frankfurtern vorbei in die im Vorfeld aufgegangene und vom VfB belagerte Schnittstelle. Der VfB ist frei durch, Falette zieht nach Ginczeks Pass auf Terodde die Notbremse.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
<h4>
3-2-1-4 in Ballbesitz</h4>
<br />
Mit diesem "Game state" (gibt es einen etablierten Begriff, der nicht nur Spielstand, sondern auch Unter-/Überzahlverhältnisse erfasst?) schlüpfte der VfB rasch wieder in die Rolle des dominanten Teams. Dieser Rolle wurde er mal mehr mal weniger gerecht. Im eigenen Ballbesitz hatte der VfB bis kurz vor Schluss aber sehr dominante und torgefährliche Phasen.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-wmopc8We5NE/WdJ3Ro7rFLI/AAAAAAAABLg/xFtY-Sf1ohUkA0gKaKs6zoUIldcud_AwgCLcBGAs/s1600/sgevfbbb.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="974" data-original-width="1600" height="194" src="https://1.bp.blogspot.com/-wmopc8We5NE/WdJ3Ro7rFLI/AAAAAAAABLg/xFtY-Sf1ohUkA0gKaKs6zoUIldcud_AwgCLcBGAs/s1600/sgevfbbb.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Konstellation bei Ballbesitz VfB</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Der VfB gestaltete sein Ballbesitzspiel in einer klar definiterten 3-2-1-4-artigen Positionsstruktur, die insbesondere die Flügel öffnen sollte und eine massive Strafraumbesetzung bei trotzdem stabiler Absicherung ermöglichte. Aogo rückte als zusätzlicher Sechser neben Pavard ein, sodass ein gut verbundener 3-2-Block entstand (vereinzelt noch ergänzt durch Akolo), in dem der VfB den Ball gut laufen ließ. Frankfurts Achter machten erst auf die Sechser Druck, also waren Baumgartl und Kaminski frei und konnten als sichere Stationen gesucht werden.<br />
<br />
Die ganze Struktur war zudem stark asymmetrisch. Links spielte Kaminski breiter und hatte deutlich mehr Raum vor sich als Baumgartl, in den er mit Ball auch konsequent hineinstieß. Teilweise ging er sogar bis auf die Außenstürmer-Position nach vorne. Akolo spielte seine übliche, Ungleichgewicht schaffende halbrechte Rolle, während Isolationsdribbler Donis links sehr breit und mit deutlich weniger Unterstützung agierte - <a href="http://spielverlagerung.de/2017/09/18/mittelgrosse-fussballrevolution-beim-vfb/">vergleichbar mit der Asymmetrie, die man schon beim 3-3-1-3/3-Raute-3 gegen Wolfsburg gesehen hat.</a> In der Spätphase von Angriffen gingen er und Akolo schnell in den Strafraum und stellten bei den Flanken gemeinsam mit Terodde und Ginczek Frankfurts Endverteidigung auf die Probe. Die beiden Stürmer orientierten sich ansonsten eng aneinander, versuchten zu kreuzen und Läufe in die Tiefe anzubieten. Terodde war hier etwas präsenter und klinkte sich ein paar Mal in die Abläufe auf rechts ein.<br />
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In den ersten Minuten nach dem Platzverweis ergab sich aus Frankfurts organisatorischer Reaktion eine klare Route, mit der Stuttgart Torgefahr erzeugen konnte. Tawatha rückte für Falette auf die linke Halbverteidiger-Position und der eigentliche offensive Flügelspieler Rebic spielte einen behelfsmäßigen Flügelverteidiger, rückte aber nicht immer in die Kette mit ein. Dadurch tendierte Frankfurts 5-3-1 zu einem 4-4-1 mit einer relativ zur Verteidigung nach links versetzten Mittelfeldreihe. In dieser Anordnung wurde Frankfurts Abwehr ganz einfach von den fünf Angreifern überladen: Brekalo fand problemlos Raum hinter Rebic und konnte über den zahlreich und sauber besetzten rechten Halbraum angebunden und in Szene gesetzt werden. Folglich musste Tawatha rausschieben und in der Box verteidigten drei Frankfurter gegen drei bis vier Stuttgarter.<br />
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Bevor Schlimmeres passieren konnte, schloss Kovac aber seinen linken Flügel, indem er mit Willems einen passenderen Spielertypen für Rebic brachte. Dadurch wurde die Situation für den VfB schon schwieriger. Die überladene rechte Seite bot zwar theoretisch eine gute Ausgangsstruktur, um mit kleinräumigeren Angriffen den Gegner zu destabilisieren, aber so richtig klappen wollte das gegen das solide Frankfurter 5-3-1 nicht. Gruppentaktisch wurde diese Seite etwas zu fad ausgefüllt, obwohl durchaus Mechanismen da waren und Pavard vielseitig ankurbelte. Rechtsfuß Brekalo war etwas an die Seitenlinie gefesselt und kam nicht so dynamisch in seine diagonalen Dribblings wie auf links. Daher konnte auch Akolo nicht mit ihm kreuzen. Zudem löste der VfB das Spiel etwas zu frühzeitig von der rechten Seite, sodass sich komplexere Abläufe gar nicht erst entwickelten und die von Pavard angestoßenen Rochaden nur unverbindlich Unordnung stiften konnten.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://4.bp.blogspot.com/-Mt67Z_ryHbg/WdNle2AXakI/AAAAAAAABMY/DkiJOeZNGCUec88n4TzUaGxPMV_2lkhpwCLcBGAs/s1600/sgevfb_03.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="956" data-original-width="1600" height="191" src="https://4.bp.blogspot.com/-Mt67Z_ryHbg/WdNle2AXakI/AAAAAAAABMY/DkiJOeZNGCUec88n4TzUaGxPMV_2lkhpwCLcBGAs/s1600/sgevfb_03.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Typische Rautenbildung auf rechts. Mehr als ein Raumöffnen für Terodde macht der VfB hier nicht daraus.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
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Die Gegenpressingbereitschaft der Offensivspieler war derweil auf hohem Niveau. Da zehn Frankfurter nach Ballgewinn gegen den 3-2-Block keine direkten Möglichkeiten zum Durchbruch hatten, konnte die intensiv zurücklaufende Angriffsreihe den Raum im Mittelfeld schnell auffressen. So wurde der VfB im Anschluss an die Positionsangriffe kein einziges Mal ausgekontert (nach Standards wiederum schon, so entstand auch Frankfurts größte Chance in dieser Phase).<br />
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<h4>
Wie Frankfurt dagegenhielt</h4>
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Und doch: Frankfurt fand schließlich Mittel, um nach vorne zu kommen. Sie konzentrierten sich nun stark auf die linke Seite und schickten Willems mit langen Bällen in Kopfballduelle mit Brekalo (manchmal gingen die Bälle auch zu Haller, der ein wenig auf diese Seite rückte). Willems konnte diese Bälle konstant festmachen und wurde in der Folge gut unterstützt. Insbesondere Tawatha - wohlgemerkt Halbverteidiger! - rückte weit mit auf, bot eine breite Option wenn Willems diagonal startete oder vorderlief den Niederländer. Mithilfe von Haller als Wandspieler oder Gacinovic als Raumöffner konnte die Eintracht gar nicht mal ungefährliche Diagonalangriffe fahren. So kam Frankfurt zu Ecken und blieb torgefährlich. Der VfB zeigte sich in der Zone um Willems herum besonders anfällig, da Brekalo naturgemäß in den direkten Duellen unterlegen war und Baumgartl beim Herausrücken nicht sauber absicherte.<br />
<br />
Als Reaktion auf diese Instabilität brachte Wolf in der 81. Minute Ofori für Akolo und stellte im Pressing die alte 5-2-2-1-Ordnung wieder her. Stabiler wurde der VfB aber nicht, weil ein paar andere Effekte diese Umstellung negierten. Zunächst mal erwischte Ofori natürlich keinen guten Tag und machte viele Fehler. Allerdings beging die gesamte Mannschaft in dieser Phase zu viele unnötige Fouls, bekam Situationen trotz lokaler Überzahl nicht sauber verteidigt. Selbst Freistöße tief in der eigenen Hälfte spielten Frankfurt in die Karten, weil sie diese Bälle viel leichter auf den linken Flügel schlagen konnten, als aus dem laufenden Spielaufbau heraus, wenn die Spieler dauernd angelaufen wurden.<br />
<br />
Gleichzeitig wurde das Ballbesitzspiel nach diesem Wechsel nicht mehr so straff durchgezogen und die Positionsstruktur aufgeweicht, obwohl der VfB nach dem Wechsel gar nicht mal defensiver spielte: Aogo rückte nicht mehr ein, sondern schob eher in die Breite, dafür ging Donis frühzeitig in den Sechzehner. Ofori und Pavard spielten höher. Die Zirkulationszeiten wurden kürzer. Die Bälle flogen früher aus dem Halbfeld in den Strafraum. Zudem verbaselten Ofori und Kaminski in der Endphase jeweils einen Angriff mit einem Fehlpass ohne Druck. So schwand auch mehr und mehr die Stuttgarter Dominanz.<br />
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<h4>
Schwierige Bewertung</h4>
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Wie bewertet man also diese ganze Umstellung? Das ist knifflig, nicht zuletzt weil die geschilderte taktische Konstellation der beiden Teams zu dem Zeitpunkt als Wolf die Umstellung tätigte, so überhaupt nicht absehbar war. Anstelle des Platzverweises für Falette hätte Frankfurt auch die Freiräume des 5-1-3-1 zum Führungstreffer verwerten können. Hätte Gacinovic vor dem Konter eine andere Entscheidung getroffen oder Kaminski den Ball nicht perfekt in die Schnittstelle gebracht, wer weiß wie das Spiel dann 11 gegen 11 gelaufen wäre. Bei so einer instabilen Gemengelage entscheiden oft Kleinigkeiten. Dass dann auch noch ausgerechnet der linke Halbverteidiger Rot sah und dadurch aus VfB-Sicht der überladene rechte Flügel geöffnet wurde, machte das anfängliche Glück des VfB perfekt.<br />
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Umgekehrt war Frankfurts Konzentration auf den linken Flügel schon eine wirkungsvolle Reaktion von Kovac und auch der Mannschaft. Es ist kaum vorstellbar, dass Tawatha die Anweisung hatte, als Halbverteidiger wie ein offensiver Außenverteidiger aufzutreten.* Er spielte einfach so, wie er es gewohnt ist. Ohne dessen Aufrücken hätte der VfB diese Szenen womöglich trotz der Brekalo-Problematik stabiler verteidigt bekommen. Mit einer individual- und gruppentaktisch griffigeren und saubereren Verteidigung hätte der VfB sogar in die Räume hinter Tawatha reinkontern können und wir würden uns heute vielleicht darüber unterhalten, wie Frankfurt in Unterzahl nur so viel Personal nach vorne werfen konnte. Kleinigkeit halt.<br />
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Was man in Hinblick auf die Zukunft festhalten kann ist, dass das 3-2-1-4 keine Probleme in der Absicherung hatte, und bei gutem Gegenpressing auch einem Gegner in Gleichzahl standhalten müsste. Lediglich das geordnete Pressing ist für den "Normalbetrieb" wohl zu riskant. Mit einem Zurückfallen des rechtsseitigen Zehners und einer etwas tieferen Ausrichtung der gesamten Offensive könnte man aus dem 5-1-Raute/5-1-3-1 aber prinzipiell auch das gewohnte 5-2-2-1 herstellen.<br />
<br />
Im Spiel nach vorne stellt dieses System eine Positionsordnung, die gar nicht so weit weg ist von dem was man schon vom VfB gesehen hat. Legt man das aktuelle 3-4-2-1-Standardsystem daneben, wird der linke Zehner lediglich durch eine zweite Neun ersetzt und die Flügelverteidiger spielen höher. Im Vergleich zum 3-Raute-3 gegen Wolfsburg spielt ein weiterer Stürmer statt eines Sechsers. Auch das 4-2-3-1 mit Insua als einrückendem Linksverteidiger und das 4-1-0-4-1 aus dem Frühjahr waren ähnlich aufgebaut. Mit diesen Anpassungen kann Wolf die Struktur verändern, ohne die Mannschaft aus ihrer gewohnten Organisation zu reißen. Die nahtlosen Umstellungen, die damit während des Spiels möglich sein sollten (wie auch in dieser Partie angedeutet), sind erst einmal eine spannende Sache und könnten den VfB in Zukunft sehr variabel machen.<br />
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Die verschiedenen Systemvariationen machen aber nicht nur die Mannschaft flexibler, sondern gehen auch einher mit präziser auf die Spieler zugeschnittenen Rollen. Zum Beispiel war Aogo als Pendler zwischen Sechs und Flügelverteidiger gut aufgehoben, Kaminski konnte in einer Linksverteidiger-haften Rolle seine Schnelligkeit und seine Vorstöße mit Ball einbringen und Terodde fand halbrechts seine Ausweichräume. Ginczek wirkte hingegen als reiner Stürmer ohne großartiges Zurückfallen fast ein wenig vergeudet. Interessant wäre ja, ihn mal in der Akolo-Rolle einzusetzen mit vielen Verbindungen um sich, von wo aus er kreative Bälle in die Spitze verteilen könnte. Insgesamt kommt aber gerade sein hervorragendes Direktspiel in der gruppentaktisch etwas trägen Umgebung noch nicht so gut zur Geltung.<br />
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Mal schauen, was sich aus Wolfs Systemexperimenten noch so ergibt. Und hoffen wir, dass der Verlauf der Schlussphase nicht zu einem allzu großen Rückzug zur Stabilität führt.<br />
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_____<br />
* Interessante Randnotiz: Die aus VfB-Sicht rechte Seite war in der zweiten Halbzeit von den Trainerbänken abgewandt. Dadurch war es natürlich schwer für Kovac und Wolf dort zu coachen. Was wohl passiert wäre, wenn die Seitenwahl anders gelaufen wäre und die Trainer den spielentscheidenden Feldbereich direkt vor sich gehabt hätten?JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-55953696375180786652017-09-11T19:19:00.001+02:002017-09-11T19:19:23.589+02:00Toranalyse: Kleinigkeiten und Tedescos UmstellungEigentlich möchte ich Toren bei den Analysen nicht zu viel Bedeutung beimessen. Man ist versucht, Situationen, die zu Toren (auch: zu Abschlüssen) führen höher zu gewichten als vergleichbare Situationen, die ähnlich gefährlich für die verteidigende Mannschaft sind, aber nicht zum Tor oder nicht mal zu einem Abschluss führen. Das kann aber Gründe haben, die unabhängig von der verteidigenden Mannschaft sind, sei es weil der Gegner Mist baut, wegen einer falschen Abseitsentscheidung oder was auch immer.<br />
<a name='more'></a><br />
Das führt insbesondere dazu, dass unscheinbare Fehler in Situationen, die durch "Glück" nicht auffallend gefährlich werden, übersehen werden. Umgekehrt werden Fehler in Situationen, <i>die</i> gefährlich werden systematisch überbewertet. Dadurch dass Tore im Fußball seltene Ereignisse sind, gleicht sich das auch nicht immer aus, denke ich. Ein Spieler, der bei einem Gegentor "nicht gut aussah" kann also trotzdem ein sehr gutes Spiel gemacht haben, während ein Abwehrspieler, der in den Highlights total unauffällig ist, trotzdem viele Fehler gemacht haben könnte.<br />
<br />
Da einzelne Szenen zu analysieren aber trotzdem interessant sein kann, auch ohne sie in den größeren Kontext einzuordnen und da Tore das zweitwichtigste Ereignis im Fußball sind (nach frühen roten Karten), schauen wir uns an dieser Stelle trotzdem mal relativ isoliert die Tore vom gestrigen Spiel Schalke-Stuttgart an.<br />
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<h4>
0:1 - Nicht nur Schalke war passiver als sonst</h4>
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Die Situation, die zum frühen Elfmeter führte, ist eigentlich gar keine zwingende Situation, da sie durch einen verunglückten Befreiungsschlag von Brekalo entstand und völlig vermeidbar war. Trotzdem ist der Vorlauf der Szene interessant, weil sie Schalkes Ballbesitzpotential gegen Stuttgarts 3-4-2-1 zeigt.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-hCVCofwZWnM/WbZ5xXvfyLI/AAAAAAAABJ0/EhpcanO7jXAvxJSZ_OzP9wSv8YsXE0dkwCLcBGAs/s1600/11.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="480" data-original-width="640" height="240" src="https://1.bp.blogspot.com/-hCVCofwZWnM/WbZ5xXvfyLI/AAAAAAAABJ0/EhpcanO7jXAvxJSZ_OzP9wSv8YsXE0dkwCLcBGAs/s1600/11.png" width="320" /></a></div>
</div>
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Der VfB verteidigte also, <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/09/die-pressingschlacht-gegen-mainz.html">wie schon gegen Mainz</a>, im 3-4-2-1, tat das aber ein Stückchen passiver. Das lag vielleicht auch daran, dass der Pressingplan an sich gegen Schalkes Dreierkette nicht so gut passt wie gegen Mainz' Viererkette. Gegen Mainz war die Zuordnung in solchen Flügelsituationen wie im Bild klar: Flügelverteidiger gegen Außenverteidiger, die beiden Zehner gegen die Sechser und der Stürmer gegen den ballnahen Innenverteidiger. Wer verteidigt aber jetzt den Halbverteidiger in der Dreierkette? Tut es der ballnahe Zehner, wird, wie in der Szene, ein Sechser frei. Für den Flügelverteidiger ist der Weg zu weit und er müsste den gegnerischen Flügelverteidiger "überlaufen". Zusätzlich steht Gentner in einer tiefen Mannorientierung auf Meyer und rückt nicht auf den Sechser heraus, wie es gegen Mainz zumindest teilweise noch gemacht wurde.<br />
<br />
Nach dem Pass auf Goretzka, spielt dieser den Ball auf Konoplyanka, auf den Pavard dann weit rausrückt. Brekalo geht erst mit dem aufrückenden Goretzka mit und unterstützt dann Pavard gegen Konoplyanka. Schalke drängt den VfB nach hinten.<br />
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<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-VeDgPPGc86Q/WbZ7VvxY6jI/AAAAAAAABKA/NisR6GXZDtELPhw1FkK2-ffSd3XMPfV4QCLcBGAs/s1600/12.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="480" data-original-width="640" height="240" src="https://3.bp.blogspot.com/-VeDgPPGc86Q/WbZ7VvxY6jI/AAAAAAAABKA/NisR6GXZDtELPhw1FkK2-ffSd3XMPfV4QCLcBGAs/s1600/12.png" width="320" /></a></div>
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Kehrer rückt dann klug auf und kann Aogo nach hinten ziehen, der dadurch Raum auf dem Flügel aufgeben muss. Harit bewegt sich dort rein und holt den zweiten Ball. Der Angriff versandet aber anschließend ein bisschen, weil Meyer den Angriff recht unambitioniert zum Flügel weiterspielt. Dort kommt Brekalo dann energisch zurück und erobert den Ball. Den Rest habt ihr ja gesehen.<br />
<br />
<h4>
1:1 - Schalkes holprige Umstellung auf 4-3-3</h4>
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Als Reaktion auf die Passivität seiner Mannschaft wechselte Tedesco vom 3-4-3 in ein 4-3-3 <a href="http://spielverlagerung.de/2017/09/11/tes-bundesliga-check-zwischen-mentalitaet-und-taktik/#comments">(dieses Thema Umstellung und Passivität in Schalkes Pressing gibt es bei Spielverlagerung schön aufgedröselt)</a>. Ein Spieler mehr im Mittelfeld, kürzere Distanzen und hoffentlich mehr Zugriff. So ganz ging das allerdings nicht auf, wobei Tedescos frühzeitige Reaktion, ohne dass erst ein Gegentor fallen musste, an sich lobenswert ist.<br />
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<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-HYcieo3fIQg/WbavXBPf3NI/AAAAAAAABKQ/3q5jS72lw4MgtDR1e5hUmE911AUi1ZxQACLcBGAs/s1600/21.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="480" data-original-width="640" height="240" src="https://3.bp.blogspot.com/-HYcieo3fIQg/WbavXBPf3NI/AAAAAAAABKQ/3q5jS72lw4MgtDR1e5hUmE911AUi1ZxQACLcBGAs/s1600/21.png" width="320" /></a></div>
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Hier bekommt Schalke im 4-3-3 keinen Zugriff im Sechserraum. Die Sechser halten sich eher zurück, die Stürmer wollen eigentlich Druck auf die gegnerische Abwehr machen, müssen aber immer wieder die Lücke hinter sich mitverteidigen. In dieser Szene gehen Mittelfeld und Stürmer alle so ein bisschen drauf aber niemand ganz konsequent. Schalke zieht sich zusammen, ohne Druck auf den Ball zu bekommen - Brekalo kann die Situation mit einem Pass auf den rechten Flügel auflösen.<br />
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<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-4c4fPNg9ClM/WbawlKXSvsI/AAAAAAAABKY/Yf6PRUFXE7g3rVYteMHmHYIbYdVXqB9IACLcBGAs/s1600/22.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="480" data-original-width="640" height="240" src="https://3.bp.blogspot.com/-4c4fPNg9ClM/WbawlKXSvsI/AAAAAAAABKY/Yf6PRUFXE7g3rVYteMHmHYIbYdVXqB9IACLcBGAs/s1600/22.png" width="320" /></a></div>
<br />
Schalkes Viererkette schiebt weit zum Flügel raus. Oczipka stellt direkt Beck, der auf Brekalo weiterlegt. Nastasic schiebt - halbverteidigerhaft, und in dieser Situation unnötig - weit raus, um Brekalo aufzunehmen. Dadurch bleiben Naldo und Kehrer im Strafraum zu zweit gegen Terodde und Akolo. Ganz hinten lauert noch Aogo, also eigentlich sogar Unterzahl. Bentaleb geht dann nicht richtig hin und Brekalo kann die Flanke bringen, Akolo ist knapp vor Kehrer am Ball und macht ihn rein. Wäre die Flanke durchgerutscht, hätte Aogo völlig frei abschließen können. Ein schönes Beispiel dafür, wenn eine Abwehr die Umstellung von Fünfer- auf Viererkette nicht nahtlos hinbekommt.<br />
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<h4>
2:1 - Mangelhafte Aufteilung beim Freistoß</h4>
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Die Entstehung des Freistoßes ist interessant, weil Schalke dort im Pressing mehr Zugriff bekommen hat als vor der Pause und mannorientiert viel Druck machen konnte. Aber schauen wir uns mal den Freistoß selbst an.<br />
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<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-hqIG_uizRL0/WbazEJsxzEI/AAAAAAAABKo/brSNG79Vumccl6Ye5RghUpw6g49oVJEDgCLcBGAs/s1600/3.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="480" data-original-width="640" height="240" src="https://2.bp.blogspot.com/-hqIG_uizRL0/WbazEJsxzEI/AAAAAAAABKo/brSNG79Vumccl6Ye5RghUpw6g49oVJEDgCLcBGAs/s1600/3.png" width="320" /></a></div>
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Erst einmal steht der VfB recht hoch, gefühlt etwas höher als bei dieser Distanz üblich. Zudem ist Naldo augenscheinlich kein Gegenspieler zugeordnet. Das Bild ist ein bisschen pixelig, aber ich hoffe man siehts: Naldo ist der mittlere von den drei Schalkern, die im Abseits stehen. Sein Gegenspieler Baumgartl ist aber wohl eigentlich Burgstaller zugeordnet, der sich geschickt zum langen Pfosten wegschleicht. Baumgartl versucht die Bewegung mitzugehen, löst sich von Naldo, kommt aber nur bis zu Nastasic (die 5), der damit von zwei Leuten verteidigt wird, während Burgstaller frei einlaufen kann. Außerdem frei ist Naldo, der das 2:1 köpft. Abseits ist es nicht, weil die drei Schalker einen Tick später einlaufen als die Stuttgarter, die schon während Oczipkas Anlauf anfangen, sich fallen zu lassen. Insgesamt ist die letzte Linie nicht flach genug gestaffelt. Es stehen zu viele Spieler funktionslos in dieser Traube da rum, dadurch sind die Manndecker effektiv in Unterzahl. Das ist ein bisschen analog (wenngleich mit den schwerwiegenderen Auswirkungen) zu den Ecken, wo gegen Mainz beispielsweise einzelne Gegenspieler nicht zugeordnet werden konnten, weil 3-4 zusätzliche Raumdecker im Fünfer platziert wurden.<br />
<br />
<h4>
3:1 - Viele Kleinigkeiten</h4>
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Das 3:1 fiel kurz darauf nach einem Kampf um den Ball im Mittelfeld, in dem beide Mannschaften gut sortiert sind. Harit löst sich herausragend aus der Enge und spielt den Ball in den linken Halbraum auf Konoplyanka. Der spielt weiter auf den Flügel zu Oczipka und vorderläuft ihn.<br />
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<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-NrHMcqCanf4/Wba32gpecYI/AAAAAAAABK0/hLrRrnzq2lsAGTOPchUDhP2wOyLA9oCwQCLcBGAs/s1600/41.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="480" data-original-width="640" height="240" src="https://1.bp.blogspot.com/-NrHMcqCanf4/Wba32gpecYI/AAAAAAAABK0/hLrRrnzq2lsAGTOPchUDhP2wOyLA9oCwQCLcBGAs/s1600/41.png" width="320" /></a></div>
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Konoplyanka beeinflusst mit diesem Lauf gleich drei Gegenspieler und öffnet entscheidend Raum für Oczipkas diagonales Dribbling. Obwohl Pavard mannorientiert folgt, lässt Mangala sich absichernd in den Raum fallen und kriegt daher keinen Zugriff auf Oczipka. Beck ist wohl ein bisschen irritiert von Konoplyankas Lauf, der eng an ihm vorbeirauscht und wird von Oczipka erst mal abgehängt. Der geht ins Dribbling und trifft auf Mangala, der nicht richtig in den Zweikampf kommt und auch noch den Passweg auf Burgstaller offen lässt.<br />
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<div class="postbreite" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://4.bp.blogspot.com/-Pscl_A_SGwc/Wba5fCEvD5I/AAAAAAAABLA/k4pqCL8raXkzDhN9ZUukzSnmgu5_TZLAACLcBGAs/s1600/42.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="480" data-original-width="640" height="240" src="https://4.bp.blogspot.com/-Pscl_A_SGwc/Wba5fCEvD5I/AAAAAAAABLA/k4pqCL8raXkzDhN9ZUukzSnmgu5_TZLAACLcBGAs/s1600/42.png" width="320" /></a></div>
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Nach Oczipkas Pass auf Burgstaller rückt Baumgartl zu plump auf den Österreicher heraus, anstatt einfach zu verzögern und die kompakt stehenden Kollegen Druck machen zu lassen. Dadurch öffnet sich Raum hinter der unsortierten Abwehr (Pavard und Beck kommen aus Mannorientierungen mit einem Positionswechsel). Kaminski bemerkt die Gefahr anscheinend, hat aber auch noch den zunächst ungedeckten Passempfänger Harit im Auge und versucht aus seiner Zwischenposition den Pass abzufangen. Beck hat eigentlich den optimalen Überblick über die Situation: Er sieht Baumgartls Fehler und auch dass Burgstaller wegen Aogos Position nicht abseits stehen wird, bleibt aber einfach stehen, anstatt Burgstallers Lauf aufzunehmen. Letztlich geht Harits Pass denkbar knapp durch die Schnittstelle Baumgartl-Kaminski und Burgstaller macht das 3:1.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-13103183025934153342017-09-01T12:07:00.000+02:002017-09-01T14:08:58.295+02:00Die Pressingschlacht gegen Mainz<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-mdLqQPbXf_Q/WafMKAljJGI/AAAAAAAABHo/NKiYiWXG1BYz_a9XmVD3brFSfJVQR7MTQCLcBGAs/s1600/vfbpres4231.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1278" data-original-width="1600" height="150" src="https://3.bp.blogspot.com/-mdLqQPbXf_Q/WafMKAljJGI/AAAAAAAABHo/NKiYiWXG1BYz_a9XmVD3brFSfJVQR7MTQCLcBGAs/s300-c/vfbpres4231.png" width="150" /></a></div>
Das Duell Wolf gegen Schwarz bot hochklassiges Pressing auf beiden Seiten. Der VfB setzt mit Publikum im Rücken und 3-4-2-1 ein überraschendes Ausrufezeichen, während das Mainzer Offensivspiel ihrem Dominanzanspruch erneut nicht ganz gerecht werden kann.<br />
<a name='more'></a><br />
<h4>
Stuttgarts Pressing-Quantensprung</h4>
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Der Auftakt in die Saison war aus VfB-Sicht ein bisschen enttäuschend gelaufen. Das kompakte, mit Sechser-Mannorientierungen versehene Pressing der Hertha hätte eigentlich viel Angriffsfläche für die diagonalen Rochaden der Achter und die direkte Grundspielweise der Stuttgarter geboten, wurde aber erst nach dem Rückstand gezwungenermaßen besser ausgenutzt. Gestartet war der VfB in einem ordentlich ausgeführten, aber auch unambitionierten 4-4-2-Mittelfeldpressing, das den Berlinern kaum Spielanteile streitig machen konnte.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div style="text-align: right;">
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-l3zUe4sVY4M/WafdA6DdhoI/AAAAAAAABH4/NAYm4gv-y3YoqbGivacxo1LPAuxbtpdZACLcBGAs/s1600/1718_vfbm05.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://2.bp.blogspot.com/-l3zUe4sVY4M/WafdA6DdhoI/AAAAAAAABH4/NAYm4gv-y3YoqbGivacxo1LPAuxbtpdZACLcBGAs/s1600/1718_vfbm05.png" width="257" /></a>Daher konnte man nicht unbedingt erwarten, dass der VfB gegen Mainz ein aggressiveres und in einer wesentlich mächtigeren Grundordnung organisiertes Pressing auf den Platz bringen würde. Der VfB startete in einem 3-4-2-1 mit zwei "Halbzehnern" hinter einer Spitze, einer Dreierkette hinten, zwei Sechsern und zwei Flügelläufern, die weniger defensiv ausgerichtet waren als es die Besetzung vielleicht vermuten lässt. Mit so einer Formation hat man fünf Spieler, die das zentrale Mittelfeld zustellen können und viele Spieler in Zwischenpositionen, über die man (dynamisch oder per geringfügiger Umstellung) in andere Formationen wechseln kann. Zum Beispiel kann relativ leicht ein flächendeckendes, auf den Flügeln präsenteres 3-4-3 oder ein defensives, kompaktes 5-4-1 hergestellt werden.<br />
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Beim VfB wechselte die Ausgangsordnung zwischen 3-4-2-1 und 5-2-1-2, die Flügelverteidiger waren weder klar dem Mittelfeld noch der Abwehr zuzuordnen, sondern wechselten ständig zwischen beidem. Die Pressinghöhe variierte zwischen einem Angriffspressing und einem mal höheren, mal etwas tieferen Mittelfeldpressing. Brekalo, Terodde und Akolo bildeten vorne ein enges Dreieck, das durch die kurzen Abstände zueinander flexibel Druck auf die Inennverteidiger, die Sechser und den Torwart von Mainz machen konnte. In der Grundordnung standen die beiden Zehner erst tief und versperrten die Wege in den Sechserraum, liefen dann aber bei Bedarf den ballführenden Innenverteidiger an, woraufhin sich Terodde fallen ließ, um den freigewordenen Sechser aufzunehmen. So entstand eine 1-2-Staffelung. Manchmal war es auch Terodde, der das Anlaufen startete und den ballführenden Innenverteidiger anlief, dann orientierte sich der Zehner, auf dessen Seite Terodde auswich, stärker am Sechser und es entstand erneut eine 1-2-Staffelung, mit der der VfB in den Szenen, in denen Mainz mit einem Sechser in der Schnittstelle vor den Innenverteidigern aufbaute, besonders gut mannorientiert Druck machen konnte.<br />
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Da sich diese drei Spieler überwiegend auf das Zentrum konzentrierten, waren die Mainzer Außenverteidiger erst einmal frei. Kamen Donati oder Brosinski an den Ball und konnte nicht direkt durch den ballnahen Zehner unter Druck gesetzt werden, übernahm der Flügelverteidiger diese Aufgabe nach einer weiten Herausrückbewegung, während sich der ballferne Flügelverteidiger in die Abwehr fallen ließ. Auf diese Weise erzeugte der VfB immer wieder 4-2-3-1-Stellungen, die kompakter waren als das was man mit einem normalen 4-2-3-1-Pressing so erreicht: Da der ballnahe Zehner im VfB-System ballorientiert nicht komplett bis zum Flügel durchschieben muss, kann er nach der anschließenden Verlagerung (nach der er ja wiederum der ballfernste Spieler seiner Pressinglinie ist) einen weiteren Weg gehen als der klassische 4-2-3-1-Flügelspieler.<br />
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In diesem engen 4-2-3-1 stellten die Stuttgarter auf dem Flügel massiv Optionen zu: Die beiden Zehner blockierten meist die beiden Sechser, während Terodde den Rückpass zumachte. Wichtig war weiterhin, dass der ballnahe Halbverteidiger den Raum hinter dem Flügelverteidiger sicherte. Vor allem Baumgartl rückte immer wieder weiträumig auf Quaison heraus. Dabei bestand durchaus das Risiko, dass Muto den Raum hinter Baumgartl ausnutzte, aber praktisch schob er nicht weit genug auf den Flügel raus, um dem bombenstarken Holger Badstuber zu entwischen. Wenn nötig rückte noch der ballnahe Sechser mit auf und übernahm einen zurückfallenden Gegenspieler oder einen Sechser, wenn Brekalo bzw. Akolo gerade nicht zur Stelle war. Ansonsten konnten Mangala und Gentner sehr tief verteidigen. Teilweise rückten die beiden bis auf wenige Meter an die Abwehr ran (vor allem bei Gentner oft in Verbindung mit einer Mannorientierung, etwa gegen Frei oder Maxim) und unterstützten direkt die Verteidiger. Durch das Zustellen sämtlicher Optionen am Flügel, die hohe Präsenz im Zentrum und die hohe Intensität, die der VfB ging, war das alles extrem schwer zu bespielen.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-mdLqQPbXf_Q/WafMKAljJGI/AAAAAAAABHo/NKiYiWXG1BYz_a9XmVD3brFSfJVQR7MTQCLcBGAs/s1600/vfbpres4231.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1278" data-original-width="1600" height="255" src="https://3.bp.blogspot.com/-mdLqQPbXf_Q/WafMKAljJGI/AAAAAAAABHo/NKiYiWXG1BYz_a9XmVD3brFSfJVQR7MTQCLcBGAs/s1600/vfbpres4231.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Stuttgarts Übergang von 5-2-1-2 in 4-2-3-1 in der tiefen Variante. Pavard orientiert sich erst an Quaison, rückt dann beim Pass auf Brosinski raus. Baumgartl schiebt weit nach und übernimmt Quaison, dafür reiht sich Aogo ballfern ein. Gentner kann in seiner tiefen Position die Kette bei Abprallern unterstützen. In dieser Szene zockt Brekalo ein bisschen, normalerweise machte er noch konseqeuenter den Verlagerungsweg über Frei zu. Brosinski spielt den langen Ball, der in den Händen von Zieler landet. Den gleichen Mechanismus nutzte der VfB auch im Angriffspressing.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<div class="postbreite">
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<h4>
Mainz findet keine Räume</h4>
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Kritik am Offensivspiel der Mainzer ist demnach immer unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass der Gegner sehr, sehr gut verteidigte. Trotzdem hätten sie einige Sachen besser machen können. Mainz ist eine Mannschaft, die zwar Ballbesitzphasen haben will, sie nutzen diese aber nicht wirklich dafür, den Gegner laufen zu lassen und die eigenen Angriffe gezielt vorzubereiten. Der Gedanke ist wohl eher, dass man möglichst viele Angriffe spielen will, um das starke Gegenpressing möglichst oft ins Spiel zu bringen. <a href="http://www.niemalsallein.de/2017/08/mainz-05-96-01/">Schon im Spiel gegen Hannover</a> konzentrierte sich Mainz dabei auf die linke Seite. Dieses Mal war dieser Fokus aber auch ein bisschen aufgezwungen, weil der VfB viel über rechts auf zweite Bälle spielte. So wurde Brosinski zum präsentesten Spieler im Mainzer Aufbau, was schon mal nicht ganz so günstig ist.<br />
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<blockquote class="twitter-tweet" data-lang="de">
<div dir="ltr" lang="de">
Passmaps & xGplot for VfB Stuttgart against Mainz. <a href="https://twitter.com/hashtag/passmap?src=hash">#passmap</a> <a href="https://twitter.com/hashtag/xGplot?src=hash">#xGplot</a> <a href="https://twitter.com/hashtag/autotweet?src=hash">#autotweet</a> <a href="https://t.co/5uJlH6oCOr">pic.twitter.com/5uJlH6oCOr</a></div>
— 11tegen11 (@11tegen11) <a href="https://twitter.com/11tegen11/status/901468583422812160">26. August 2017</a></blockquote>
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<script async="" charset="utf-8" src="//platform.twitter.com/widgets.js"></script>
Einige gute Ansätze zeigte Mainz durch Verlagerungen, wenn sie vom VfB scheinbar auf den Flügel festgedrückt wurden. Diese waren zwar gegen den nachschiebenden VfB-Block nicht einfach zu spielen, aber wenn zum Beispiel Pavard mal etwas tiefer stand (was gelegentlich vorkam), war durchaus genug Zeit und Raum für den Verlagerungsball. Mainz versuchte allerdings eher, die Angriffe über die Seite durchzudrücken. Frei und Latza, die eingebundenen werden mussten, um einen lockenden Effekt gegen Stuttgarts Zehner zu erzielen, zeigten beide strategische Schwächen und konnten ihre Ballsicherheit kaum nutzen, um den Pressingrhythmus des VfB zu stören.<br />
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<h4>
Exkurs: Maxims Wandlung</h4>
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Bevor wir das Zusammenspiel der Mainzer Offensive besprechen, schweifen wir mal kurz ab. Alexandru Maxim machte während seiner Zeit unter Wolf eine bemerkenswerte Entwicklung durch. <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2015/05/alexandru-maxim.html">Er war bislang ein umtriebiger Spieler gewesen, der sich weit von der Zehnerposition löste, um Räume zu füllen, Bewegungen seiner Mitspieler anzustoßen und auszugleichen oder auch selbst das Spiel zu gestalten.</a> In Wolfs Positionsspiel funktioniert die Offensive aber vor allem über Dribblings und klar definierte Mechanismen, <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2016/12/kurz-betrachtet-maxim-und-der-pragmatismus.html">sodass Maxims Balancieren und seine Kombinationsstärke nicht so sehr gebraucht wurden. Zudem war Maxim unter Druck nicht besonders stabil und suchte eher die riskant-produktive als die sichere Lösung.</a> Der VfB brauchte aber wegen seiner hohen Offensivpräsenz den sicheren Ball, um keine Konter zu riskieren.<br />
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Im letzten Saisonviertel kam Maxim dann zurück, entweder als Zehner oder als Linksaußen, und das deutlich gewandelt. Er war weniger unterwegs als früher und hielt eher seine Position oder balancierte großräumiger. Phasenweise spielte er einen breiten Linksaußen, der an der Seitenlinie auf den Ball wartete und nur gelegentlich einrückte. Als Zehner versuchte er vor allem sich zwischen den Linien anspielbar zu machen, anstatt die Interaktionen mit den Flügelspielern zu suchen oder sich den Ball im Aufbau abzuholen. <a href="https://twitter.com/vfbtaktisch/status/856574936902717441">Dafür wirkte er in seinen Aktionen konzentrierter und effektiver</a>, zeitweise war er als Linksaußen so dribbelstark wie wohl noch nie in seiner Karriere. In seinen letzten 7 Spielen für den VfB sammelte er noch 5 Scorerpunkte.<br />
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<h4>
Ohne Breite, ohne Tiefe, ohne Druck</h4>
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Diese Entwicklung scheint sein Wechsel nach Mainz zumindest nicht völlig rückgängig gemacht zu haben. Gegen den VfB ging Maxim zwar oft in die Halbräume oder ließ sich etwas fallen, aber beide Bewegungen waren nicht allzu weiträumig. Oft war er eher in ballfernen Räumen zu finden und positionierte sich dort vorausschauend für die Verlagerung. Aber weil Mainz es eben selten schaffte zu verlagern, bekam er da wenig Bälle. Auf seiner Grundposition gab es für ihn gegen die massive Stuttgarter Zentrumsverteidigung keinen Raum. Öztunali, der einen linearen, etwas eingeschobenen Rechtsaußen spielte, war durch Mainz' Linksfokus ebenfalls isoliert und konnte kaum Kontakt mit dem Mittelfeld herstellen.<br />
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Was erschwerend hinzukam, war die grundsätzliche Staffelung im Mainzer Angriff und die Unterstützung aus den hinteren Positionen. Mainz griff permanent ohne Breite und oft auch mit wenig Tiefe an. Der etwas unbedacht wirkende und in der Raumbesetzung lasche Quaison rückte zum Beispiel immer wieder leicht ein, was insofern problematisch war, als er sich damit bereitwillig in den Zugriffsbereich von Baumgartl hineinbewegte und damit die VfB-Abwehr nicht so weit auseinanderzog wie es möglich gewesen wäre. Die beiden Außenverteidiger standen auf mittlerer Höhe, bewegten sich von dort aber praktisch überhaupt nicht in die letzte Linie. Daher konnte die Stuttgarter Dreier- bis Fünferkette eng zusammenschieben. Aogo ignorierte ballfern Donati und heftete sich an Öztunali, wodurch Kaminski und Badstuber weiter verschieben konnten. Wenn Donati mal an den Ball kam, versuchte er vor allem diagonale Spielzüge einzuleiten und bewegte sich im Anschluss auch selbst in die Mitte. Aogo verteidigte in solchen Szenen dann einfach von außen ins Zentrum mit. Ähnlich war es bei Brosinski, der ja als Rechtsfuß sogar invers aufgestellt war. Der fehlende Druck von den Außenverteidigerpositionen hing auch damit zusammen, dass die Sechser weniger abkippten als bei Mainz üblich. Das wiederum könnte daran liegen, dass ihre Ballbesitzphasen zu kurz waren und zu tief stattfanden.<br />
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Dazu kam dann noch die fehlende Tiefe. Wenn der Gegner mit nur mit drei Mann konstant die letzte Linie sichert, können Läufe in die Spitze besonders effektiv sein. Von Mainz war davon aber wenig zu sehen, was zur Folge hatte, dass sie nach Verlagerungen und über lange Bälle hinter die letzte Linie wenig Gefahr ausstrahlten. Quaison, Öztunali und Maxim gingen selten druckvoll in die Tiefe, die Außenverteidiger wie erwähnt ebenfalls nicht. Auch die Sechser, die eigentlich beide im Vorstoßen ihre Qualitäten haben, konnten das nicht leisten. Vor allem Frei traute sich auch in Situationen, in denen seine Läufe sehr effektiv gewesen wären, nicht so richtig nach vorne und wollte eher hinter dem Ball bleiben. Möglicherweise hängt das mit der flexiblen Aufgabenteilung zwischen den beiden Sechsern zusammen, in dem Sinne, dass sich der eine nicht ohne Nachzudenken darauf verlassen kann, dass der andere gerade absichert. Eine Erklärung, die auf die ganze Mannschaft anwendbar ist, wäre ein psychologischer Effekt durch das Auswärtsspiel und Stuttgarts Pressing. Womöglich hat sich hier eine Grundtendenz der Mannschaft durch hohen Pressingdruck, den "Auswärtsnachteil" und die Besetzung in unangenehmer Weise verstärkt.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://2.bp.blogspot.com/-iBp4FOLXAPI/WafrHLbZILI/AAAAAAAABIU/WrPNNZco_98q2VlgmINT8UrYsKq0P9DMwCLcBGAs/s1600/mainzfrei.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1171" data-original-width="1600" height="234" src="https://2.bp.blogspot.com/-iBp4FOLXAPI/WafrHLbZILI/AAAAAAAABIU/WrPNNZco_98q2VlgmINT8UrYsKq0P9DMwCLcBGAs/s1600/mainzfrei.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Hier ist Mainz mal die Verlagerung gelungen, Donati spielt den Ball an Brekalo vorbei auf Öztunali und startet einen unorthodoxen Lauf durch die Innenbahn und geht dann wieder zum Flügel. Weil sich die VfB-Zehner ja eben nicht mit nach hinten fallen lassen, muss Donati von irgendjemandem aufgenommen werden. Frei war in dieser Szene aufgerückt und von Gentner mannorientiert verfolgt worden. Nach dem Ball auf Öztunali lässt er sich aber einfach fallen, obwohl Latza die Szene bereits absichert. Dadurch kann Kaminski ohne Probleme den Lauf von Donati abfangen und Öztunali sieht sich nach seiner Drehung gegen Aogo einer 2-gegen-3-Unterzahl gegenüber. Man beachte, dass Aogo und Pavard wegen Mainz' enger Staffelung die Halbräume mitverteidigen können.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
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Die drucklose Raumbesetzung und die wenig raumgreifenden Ballzirkulation übertrug sich übrigens auch auf die (relativ seltenen) offensiven Umschaltmomente. Mainz war in diesem Spiel recht konterschwach.<br />
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<h4>
Mainz fällt im Pressing nicht ab</h4>
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Während es mit Ball einige Mängel gab, war das Pressing von Mainz die meiste Zeit über sehr stark. In ihrem Angriffspressing spielten sie 4-2-3-1. Muto versuchte entweder, direkt den Torwart bei Rückpassen zu pressen oder den Ball auf die Seite zu lenken und den Halbverteidiger nach außen zu isolieren. Da der VfB in einer Dreierkette aufbaute, war letzteres gar nicht so einfach, weil Muto beim Anlaufen den Rückpass zum Torwart und zum mittigen Innenverteidiger zumachen musste. Wurde Mutos Lauf überspielt kam Maxim als zweite Spitze dazu und machte Druck auf den Empfänger des Passes. Dann rückte zusätzlich einer der beiden Sechser auf und übernahm Maxims Grundposition im Stuttgarter Sechserraum. Hatte Muto gerade keinen Zugriff auf den Halbverteidiger, wurde dieser vom Flügelspieler angelaufen. Überspielte der VfB auch diesen rückte der ballnahe Außenverteidiger konsequent auf den Flügelverteidiger nach, wenn nötig ging sogar der Innenverteidiger noch hinterher. In jedem Fall konnte der in diesen Situationen zuverlässig auf der Zehn positionierte Maxim wiederum die Wege ins Zentrum zustellen. Meist stand der ballferne Flügelspieler dann auch noch balancierend tiefer. Die übliche Aufteilung war: Muto isoliert nach links, Öztunali rückt auf und Quaison bleibt tief. Insgesamt funktionierte das alles ziemlich gut.<br />
<br />
Insbesondere war wichtig, dass Mainz in den 4-4-2-Phasen (also mit hohem Maxim) nur einen Sechser ins Zentrum nachzog, obwohl Stuttgart ja mit Doppelsechs spielte. Gentner und Mangala schalteten sich aber ohenhin überhaupt nicht in den Spielaufbau ein (sieht man schön in der Passmap: Beide erhielten kaum Pässe von der Dreierkette und Zieler). Der manchmal freie "zweite Sechser" des VfB machte sich kaum anspielbar, sodass weder über ihn aufgebaut werden konnte, noch Mainz' zweiter Sechser herausrücken musste (vielleicht hätte das aber eh der Flügelspieler gemacht, weiß ich nicht). War Mainz im Angriffspressing ließ der VfB den Ball entweder gar nicht oder kurz laufen, um die angesprochenen Aufrück- und Umformungsbewegungen bei Mainz zu provozieren. Den anschließenden langen Ball, der fast immer auf die rechte Seite geschlagen wurde, bekam Mainz mit der Viererkette und dem tiefen Sechser aber gut verteidigt. Gewann Stuttgart den zweiten Ball war der aufgerückte Sechser schnell zur Stelle. Hatte der VfB Maxim nicht in die erste Linie gezogen, war auch er bald zurück. Auch Muto überzeugte im Rückzugsverhalten.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://2.bp.blogspot.com/-uuJuijlK9zc/Waj640dTiRI/AAAAAAAABJc/85vmm15F82YfKGMBkIgZ9V4OHmVkA4NigCEwYBhgL/s1600/m05ap.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1541" data-original-width="1600" height="308" src="https://2.bp.blogspot.com/-uuJuijlK9zc/Waj640dTiRI/AAAAAAAABJc/85vmm15F82YfKGMBkIgZ9V4OHmVkA4NigCEwYBhgL/s1600/m05ap.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Mainz im Angriffspressing. Die Szene wäre deutlich interessanter, wenn Gentner sich in der Lücke zwischen Badstuber und Kaminski anspielbar machen würde. Sonst bemerkenswert: Mainz' Probleme mit der Zwischenposition der Zehner (hier Akolo).</td></tr>
</tbody></table>
</div>
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<span style="text-align: center;">Zum Teil problematisch waren die Szenen, in denen der VfB den Ball direkt ins Zentrum auf die Sechser abgelegt bekam. Hatte das Mainzer Mittelfeld dort keinen unmittelbaren Zugriff, konnte Stuttgart den Ball weiter nach links verlagern. Aogo hatte keinen festen Gegenspieler, da Öztunali ja den Halbverteidiger gepresst hatte und Donati eng bleiben musste um eventuelles Herausrücken der Innenverteidiger abzusichern. Mehr als einige harmlose Flankenbälle von weit außen sprangen auf diese Weise aber nicht heraus.</span><br />
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<h4>
Unproduktive Gegenpressingkiller mit Potential für mehr</h4>
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Mainz war nicht nur im geordneten Pressing gut, sondern auch im Gegenpressing. Hier zahlten sich einige Sachen, die ich bei Mainz als Schwächen dargestellt habe, doch noch positiv aus. Mit den eng formierten Offensivspielern, hatte Mainz nach Ballverlust kurze Wege. Dadurch dass die Spieler wenig in die Tiefe gingen, konnten sie sich schnell umorientieren und mussten nicht erst ihren Lauf abbrechen. Zusätzlich hatte Mainz mit den Sechsern und Außenverteidigern, die sich fast immer hinter dem Ball befanden, viel Personal zum Nachrücken (oder Absichern). Mit dem kleinen strukturell-vorbereitenden Makel, dass sie die Verzahnung zwischen den Sechsern und dem Angriff nicht immer optimal hinbekamen, war auch das Gegenpressing auf hohem Niveau.<br />
<br />
Für Mainz funktionierte das Gegenpressing (und auch das normale Pressing) in diesem Spiel aber nur als defensives Mittel. Das "Gegenpressing als Spielmacher" zu nutzen, gelang ihnen kaum. Aufgrund der fehlenden Breite im Offensivspiel konnte der VfB den ersten Ball manchmal einfach zur Seite spielen. Mainz schiebt zu, Stuttgart bolzt, keine Umschaltchance. Außerdem hatte der VfB mit Pavard und Mangala pressingresistente Spieler im Hauptzielraum der Mainzer Angriffe. Vor allem Mangala war schwer vom Ball zu trennen, suchte stets die sichere Lösung und schaffte es so, den Ballverlust zu vermeiden. War der Druck zu hoch, vermied der VfB riskante Pässe durchs Zentrum und spielte risikolos den Flügel entlang.<br />
<br />
Das Mainzer Gegenpressing sorgte dafür, dass der VfB wenig aussichtsreiche Umschaltchancen bekam. Gleichzeitig war aber auch das Nachrückverhalten beim VfB zu vorsichtig, um aus den paar interessanten Szenen was zu machen. Weil die Sechser im ersten Moment überhaupt nicht aufrückten, und auch von den Flügelverteidigern nicht der allerletzte Zug nach vorne ausging, sahen die Konterangriffe des VfB ähnlich schwach aus wie bei Mainz. Die drei Offensivspieler waren, manchmal zusammen mit einem Flügelverteidiger, überwiegend auf sich allein gestellt und konnten die Angriffe gegen Mainz' gute Absicherung kaum zu Ende spielen. Durch Stuttgarts Konter-Zurückhaltung waren auch Gegenkonter kein Thema für Mainz.<br />
<br />
Grundsätzlich bot das 3-4-2-1 für den VfB aber eine exzellente Grundstruktur für eigene Angriffe. Neben den Flügelverteidigern waren auch die beiden Zehner schwierig zu greifen: Die Mainzer Außenverteidiger mussten in ihrer Zurodnung immer wieder zwischen Flügelverteidiger und Zehner wechseln, die Innenverteidiger zwischen Mittelstürmer und Zehner und die Sechser zwischen Sechser und Zehner. Da war es fast unvermeidlich, dass Brekalo und Akolo nicht immer bei der Ballannahme schon gestört werden konnten. Bei längeren Ballbesitzphasen rückte zusätzlich Gentner weit nach vorne und rochierte diagonal nach außen, was von den Mainzer Sechsern oft mannorientiert verfolgt wurde und das Zentrum für inverse Dribblings öffnete. Dieser Mechanismus fand vor allem auf links statt, mit Brekalo und Asano nach dessen Einwechslung als Profiteuren. Auf rechts kreuzte Akolo eher mit dem ausweichenden Terodde und überließ die kreativen Aufgaben auch mal Pavard.<br />
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Auch wenn diese beiden Mechanismen auf den Flügeln recht isoliert voneinander stattfanden, war der VfB bei seinen Angriffen gefährlich, aber erst wenn man überhaupt einmal ins Aufrücken kam. Und das verhinderte Mainz eben lange Zeit ziemlich gut. Bis zum 1:0 in der 53. Minute, das nach einer Ecke fiel.<br />
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<h4>
Ecken</h4>
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Das war so ein Tor, das sich zwar nicht unbedingt andeutete, aber auch nicht ganz aus der Luft gegriffen war. Beide Mannschaften hatten in diesem Spiel ihre Problemchen mit der Verteidigung von Eckbällen. Der VfB hatte für die Ecken eine simple Strategie: Ein, zwei Spieler standen in der Nähe des kurzen Pfostens und gingen teilweise dem Ball entgegen, der Rest startete von der hinteren Hälfte des Strafraums einfach Richtung Tor. Der Ball sollte dann entweder in diese Zone verlängert werden oder kam direkt dort rein. Durch die Möglichkeit der Verlängerung war die Situation immer etwas unübersichtlich. Die manndeckenden Mainzer orientierten sich nicht eng genug an ihren Gegenspielern und wurden beim Einlaufen oft abgehängt, so auch bei Badstubers Tor.<br />
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Mainz war bei den Ecken etwas weniger brachial. Auch sie besetzten zwar dynamisch den kurzen Pfosten, dahinter kamen sie aber nicht so sehr über ihre Wucht, sondern versuchten vielmehr untereinander zu kreuzen, um sich ihren Gegenspielern zu entziehen. Der VfB verteidigte grundsätzlich auch in Manndeckung, hatte aber noch 1-2 Raumdecker tief im Fünferraum und zusätzlich (!) noch 1-2 Spieler an den Pfosten. Das heißt, es fielen pro Ecke immer 3-4 Spieler für die Manndeckungsaufgaben weg. Und das merkte man: Während Mainz mit exakt einem Raumdecker und einem Mann am Pfosten immer alle Stuttgarter zugeordnet bekam (wie gesagt: Mainz verlor dann halt eher die direkten Duelle), fehlte dem VfB ständig irgendwo ein Mann. Einmal macht keiner die kurze Option zu, manchmal fehlte jemand im Rückraum und manchmal war ein Mainzer im Strafraum ohne Gegenspieler. Mal schauen, ob das langfristig in der Form funktioniert.<br />
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<h4>
Nach dem 1:0</h4>
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Nachdem der VfB die ersten Minuten nach dem Führungstor noch Angriffspressing spielte, zog er sich danach sukzessive in ein tieferes 5-2-2-1-Mittelfeldpressing zurück, das Mainz immer noch nicht mit der letzten Effektivität bespielen konnte. Sie eierten nach wie vor ein bisschen zu viel in tiefen, seitlichen Räumen und im Zentrum herum. Die Mitte war aufgrund von Stuttgarts Fünfeck vor der Fünferkette und des immer noch starken Rückzugsverhaltens der Offensivspieler nicht weniger gut geschützt als zuvor. Ein druckvoller Flügelfokus wäre gegen die einfache Flügelbesetzung und das nachlassende Verschieben des VfB in dieser Phase vielleicht die bessere Variante gewesen. Andeuten konnte das der eingewechselte Fischer, der sich in ein paar Situationen breit positionierte und zusammen mit Brosinski Pavard überladen und einfache Flügeldurchbrüche erzeugen konnte.<br />
<br />
Insgesamt zeigte Mainz aber zu viele der bereits erwähnten Probleme, um aus den ungestörteren Ballbesitzphasen, die sie jetzt hatten, mehr zu machen. Im Gegenteil: Der VfB hatte in dieser Phase eine ganze Reihe an guten Chancen. Mainz konnte die hohe Intensität nicht ganz halten und musste sich ebenfalls etwas zurückziehen. Die Kohärenz zwischen offensivem und defensivem Mittelfeld ging im Pressing öfter verloren, weil die Sechser tief standen und nötige Herausrückbewegungen nicht mehr machten. So konnte der VfB einen Sechser freispielen oder sich über die Seite nach vorn kombinieren.<br />
<br />
Ordentlich Torgefahr entstand nun auch aus Kontern des VfB. Teilweise schoben Mainz' Außenverteidiger nun etwas höher, ohne den ganz großen Druck zu entfalten. Gleichzeitig bekamen die Sechser im Gegenpressing keinen Zugriff mehr, teilweise stand Frei merkwürdig tief, wenn Latza aufrückte, sodass in der Mitte viel Raum aufging. Im Anschluss suchte der VfB zielstrebig einen der, wie gesagt, schwer zuzuordnenden Zehner und konnte dann auch ohne großartiges Nachrücken teilweise in Gleichzahl kontern. Ein Schlüssel für die Überlegenheit des VfB in dieser Phase war also, dass sie die Zehner hoch und zentral stehen ließen und sich nicht etwa in ein 5-4-1 zurückzogen.<br />
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<h4>
Fazit</h4>
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Der Sieg für den VfB war ohne Zweifel verdient. Dafür hatten sie durch Wolfs geschickt gewähltes System zu viele taktische Vorteile gegenüber Mainz. Dass trotzdem ein Standard für das Tor des Tages herhalten musste und der VfB erst danach eine klare Überlegenheit erzielen konnte, zeigt, dass auch Mainz im Pressing viel richtig gemacht hat. Die Mannschaft von Sandro Schwarz wird aber noch die eine oder andere Idee im Spiel nach vorne brauchen, sei es im Umschalten oder bei den Positionsangriffen. Noch ist ihr Angriffsplan zu leicht durchschaubar.<br />
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Von der anderen Seite aus betrachtet kann man konstatieren, dass der VfB nach vorne viel Potential hat, aber noch nicht in der Lage ist, auch mal ein Tor zu erzwingen. Mal einen Konter zu setzen, obwohl der Gegner gut sortiert ist. Mal den Ball hinten raus zu spielen, obwohl der Gegner hoch presst. Das wird wohl auch in Zukunft noch zu Spielen führen, in denen der VfB sein Potential nicht komplett ausschöpfen kann. Umso entscheidender könnte sein, dass Wolf häufiger als bisher das Pressing an den Gegner anpasst. Auf jeden Fall unterstrich dieses Spiel, dass er in dieser Disziplin schon verdammt gut sein kann.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-43623200135708384742017-08-17T16:48:00.001+02:002017-08-17T16:50:39.448+02:00Vorschau: Hertha BSC - VfB Stuttgart<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://4.bp.blogspot.com/-3fGkwUxRjSY/WZWP-KG5ZVI/AAAAAAAABGA/pBtV0f-NUuwTkjXVUDkEIj-oLQmOnosrgCEwYBhgL/s1600/vfbhertha_pres.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1109" data-original-width="1600" height="150" src="https://4.bp.blogspot.com/-3fGkwUxRjSY/WZWP-KG5ZVI/AAAAAAAABGA/pBtV0f-NUuwTkjXVUDkEIj-oLQmOnosrgCEwYBhgL/s300-c/vfbhertha_pres.png" width="150" /></a></div>
Zum Start der neuen Saison erwartet den VfB mit Hertha BSC ein im Aufbauspiel sehr unangenehmer, aber im Pressing vielleicht ganz passender Gegner.<br />
<a name='more'></a><br />
<h4>
Herthas Spielaufbau</h4>
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Das Markenzeichen von Pal Dardais Hertha ist ein sehr geduldiges, kontrolliertes Aufbauspiel mit vielen Kurzpässen. Dazu formen sie ihre 4-4-2-Grundordnung in ein 3-1-5-1 um, indem ein Sechser abkippt, die Flügelspieler in die Achter- oder Zehnerräume einrücken und die Außenverteidiger auf mittlere Höhe aufrücken. Die erste Aufbaureihe lässt dann unter Einbindung der häufig in die Halbräume zurückfallenden Flügelspieler den Ball laufen und wartet bis der Gegner eine Lücke offenbart.<br />
<br />
Die massive Besetzung des Zentrums zeigt, dass Hertha diese Lücken gerne in der Mitte sucht. Allerdings konzentrieren sich die meisten Mannschaften im Pressing eben auch vorrangig auf das Zentrum. Hertha hat zudem vorne eher Tempospieler am Start, anstatt kreative, engenstarke Akteure, die so ein Pressing vielleicht aushebeln könnten. Dazu kommt, dass die Berliner sich das Zentrum mit engen, unbalancierten Überladungen manchmal selbst zu eng machen und dann zu wenig in die Halbräume ausweichen. Zentrumsangriffe sind also möglich, sollten aber für eine solide Bundesligamannschaft auch zu verteidigen sein.<br />
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Spielt Hertha den Ball auf den Flügel, verschiebt die Mannschaft logischerweise mit und Herthas Zentrumsüberladungen werden in Halbraum- und Flügelüberladungen umgewandelt. Wichtigster Ausgangspunkt, um diese Struktur zu bespielen ist Mitchell Weiser (sofern er Rechtsverteidiger spielt), der mit Pässen oder Dribblings druckvolle diagonale Angriffe einleiten kann. Im Anschluss kann zum Beispiel Ibisevic kreative Bälle auf Leckie oder Esswein durchstecken oder ballfern Kalou für Dribblings gesucht werden. Alternativ spielt Hertha manchmal auch die Linie entlang, um sich risikolos akutem Pressingdruck zu entziehen. Lange Bälle spielen sie ohne Druck nur vereinzelt, um die potentiell präsente letzte Linie direkt einzubinden.<br />
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<h4>
Herthas Pressing</h4>
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Defensiv spielt Dardais Mannschaft üblicherweise ein in alle Richtungen sehr kompaktes 4-4-2-Mittelfeldpressing und versucht den Gegner damit aus dem Zentrum rauszuhalten. Gerade die Mittelfeldreihe steht und verschiebt sehr kompakt und lässt durch die gute Defensivarbeit vor allem von Skjelbred, Darida und Leckie wenig Lücken. Die Sechser suchen sich gerne Mannorientierungen, und schieben so Überladungen zu oder machen Druck auf zurückfallende Gegenspieler. Die beiden Spitzen blockieren vor allem den Sechserraum und vernachlässigen dafür tendenziell etwas die komplette Breitenabdeckung.<br />
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Auch ein Angriffspressing hat die Hertha im Repertoire. Das findet in einem 4-1-2-1-2 statt: Ein Sechser schiebt weit nach vorne auf den tiefsten Sechser des Gegners, die Flügelspieler nehmen Zwischenpositionen ein und übernehmen ballnah den Außenverteidiger. Die Stürmer stehen wie im Mittelfeldpressing recht eng und versuchen dann nach außen zu isolieren. Dahinter wird eng mannorientiert nachgeschoben und der Zugriff gesucht. Ich hab noch zu wenig von Hertha gesehen um einschätzen zu können, wie flüssig die Abwehr zwischen aggressivem Herausrücken im Angriffspressing und ihrer eigentlich eher passiven Verhaltensweise im Mittelfeldpressing wechselen kann. Könnte ein Problemherd sein, muss aber nicht.<br />
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Zuletzt stimmt bei Hertha auch das Rückzugsverhalten, wenn sie überspielt sind oder das Gegenpressing nicht greift. Die Mannschaft lässt sich diszipliniert und aufmerksam wieder ins 4-4-2 fallen, gerade die beiden Sechser konzentrieren sich gleichzeitig darauf, dem Gegner die Optionen zu nehmen. Dazu passt, dass das Gegenpressing selbst bereits so eine Mischung aus dem aggressivem Nachsetzen, das man üblicherweise mit Gegenpressing assoziiert, und aktivem Zurückfallen ist.<br />
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<h4>
Wie der VfB verteidigen könnte</h4>
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<a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/08/pressingsorgen-gegen-betis.html">Der VfB hatte zuletzt im Test gegen Betis noch Probleme mit einer speziellen 4-4-2/4-2-3-1-Variante im Pressing gehabt</a>. Im Pokal gegen Cottbus probierte Wolf etwas anderes aus und stellte auf ein hohes 4-1-4-1-Pressing um. Interessanterweise blieb dabei der Mittelstürmer zentral oder setzte sich sogar etwas ballfern ab, während die beiden Achter zusammen weit verschoben, der ballnahe Achter ging auf den Innenverteidiger am Ball und der ballferne Achter ging auf den zentralen Sechser. Projiziert auf Herthas 3-1-5-1 könnte das etwa so aussehen:<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-3fGkwUxRjSY/WZWP-KG5ZVI/AAAAAAAABF8/gpo_2mskMxAhC7JKOv9Rw5ZwqwrP4E_UQCLcBGAs/s1600/vfbhertha_pres.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1109" data-original-width="1600" height="221" src="https://3.bp.blogspot.com/-3fGkwUxRjSY/WZWP-KG5ZVI/AAAAAAAABF8/gpo_2mskMxAhC7JKOv9Rw5ZwqwrP4E_UQCLcBGAs/s1600/vfbhertha_pres.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">4-1-4-1-Pressing aus dem Cottbus-Spiel gegen Herthas 3-1-5-1</td></tr>
</tbody></table>
</div>
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Damit könnte man ordentlich Druck auf das Aufbauspiel der Hertha machen. Der Nachteil dabei: Man verbraucht ganze drei Spieler, um die vier Herthaner in den ersten zwei Linien zu pressen. Das ist erst einmal nicht besonders effizient. Im Optimalfall stellt Donis hier Kalou in den Deckungsschatten, Akolo bockiert den Pass auf Plattenhardt und Ofori und Brekalo positionieren sich balanciert. Das sind aber schon eine ganze Menge Bewegungen, die da passen müssen, zumal man gerade von Gentner und Akolo keine konstante Unterstützung des Sechserraums erwarten kann, wenn man überspielt wird. Möglich also, dass die Berliner hier zu viele Räume für ihre Zentrumsangriffe finden würden.<br />
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Die naheliegende Alternative wäre das übliche, zugegeben ziemlich langweilige 4-4-2-Mittelfeldpressing. Damit wäre das Zentrum besser geschützt und der VfB könnte Hertha wohl recht zuverlässig auf die Flügel abdrängen. Allerdings könnte Hertha dann gegen die Doppelspitze komfortabel 4-gegen-2 aufbauen und sich mit ihrem geduldigem Passspiel ein deutliches Ballbesitzplus sichern. Das Mindeste wäre, dass sie die Zugriffsversuche des VfB gut umschiffen sollten, sodass sie keiner allzu großer Kontergefahr ausgesetzt sind. Dann könnte es passieren, dass der VfB nicht mehr viel vom Ball sieht, und zu wenig eigene Angriffsversuche starten kann.<br />
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Die Abwägung zwischen tiefem oder hohem Verteidigen scheint mir wegen Herthas ruhigem Aufbauspiel bei gleichzeitig ordentlichem Potential für Schnellangriffe und Stuttgarts Grund-Mittelmäßigkeit im Pressing besonders pikant zu sein. Das Spiel schreit geradezu nach <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/05/die-ruckrunde-201617.html">einer coolen Pressinganpassung von Wolf</a>.<br />
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<h4>
Wie der VfB angreifen könnte</h4>
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Wenn der VfB in eigene Ballbesitzphasen findet, kann er mit seiner wuchtigen, extrem dribbelstarken Offensive der Hertha prinzipiell sehr gefährlich werden. Wie gut der Gegner das Zentrum verteidigt, interessiert den VfB ohnehin nicht so besonders, weil man eher weiträumig und flügellastig aufbaut, und versucht die Dribbler mit direkten Bällen einzusetzen. Die zuletzt mit dem kreativen Akolo besetzte halbrechte hängende Spitze sollte Hertha zwar gut unter Kontrolle bekommen, über die Flügel könnte der VfB aber entscheidende Vorteile herausholen.<br />
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Dafür würde sich eine Reaktivierung des 4-1-(0-)4-1 aus dem vergangen Frühjahr anbieten (das 4-1-4-1 gegen Cottbus war deutlich konventioneller und näher an einem 4-2-3-1 dran). Der VfB hätte damit fünf Angreifer in den Schnittstellen von Herthas Viererkette lauern und könnte diese Überzahlsituation mit Direktangriffen bespielen, zum Beispiel über weite Verlagerungen, die gegen Herthas kompaktes Verschieben immer mal wieder funktionieren.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://4.bp.blogspot.com/-nbjD9kLoxwQ/WZWa7p_5r8I/AAAAAAAABGQ/cZZqRsnyHVc4E6DZ1dNpsvYpLyQAtBUpwCLcBGAs/s1600/vfbhertha_angr1.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1010" data-original-width="1600" height="202" src="https://4.bp.blogspot.com/-nbjD9kLoxwQ/WZWa7p_5r8I/AAAAAAAABGQ/cZZqRsnyHVc4E6DZ1dNpsvYpLyQAtBUpwCLcBGAs/s1600/vfbhertha_angr1.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Diagonalball mit anschließendem Dribbling zwischen die Linien. Läufe in die Tiefe binden die Abwehrkette.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
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Außerdem könnten die Achter die Mannorientierungen von Herthas Sechsern ausnutzen und mit diagonalen Vorstößen nach außen Räume im Zentrum öffnen. Solche Läufe sind von Viererketten immer schwierig aufzunehmen, weil sich der Außenverteidiger meist am Flügelspieler und die Innenverteidiger am Mittelstürmer orientieren. Daher werden das bei Hertha wahrscheinlich umso mehr die Sechser machen. Gerade auf rechts könnte man so Situationen schaffen, in denen der Rechtsverteidiger diagonal andribbeln oder der Sechser angespielt werden kann.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://4.bp.blogspot.com/-KDyh0wOMTOY/WZWkEtKyE3I/AAAAAAAABGg/A8j__x0sK5c2i_50KJZisr_9cjPM20otwCLcBGAs/s1600/vfbhertha_angr2.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="962" data-original-width="1600" height="192" src="https://4.bp.blogspot.com/-KDyh0wOMTOY/WZWkEtKyE3I/AAAAAAAABGg/A8j__x0sK5c2i_50KJZisr_9cjPM20otwCLcBGAs/s1600/vfbhertha_angr2.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Achter-Vorstoß öffnet den Halbraum</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
Sowohl Pavard als auch Zimmermann können beispielsweise solche Situationen nutzen, um direkte Bälle hinter die Abwehr zu spielen. Passenderweise würde man mit einem Fokus auf die rechte Seite auch den defensivstarken Leckie umgehen.<br />
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So vielversprechend die Möglichkeiten in der Offensive aussehen, muss man in der einzelnen Situation immer noch irgendwie an der Abwehr vorbeikommen. Und da kann dann auch viel von Kleinigkeiten abhängen. Schafft es der VfB, ein frühes Führungstor zu schießen, hätte man einen großen Vorteil für den Rest des Spiels, weil man nicht mehr unbedingt den Ball haben müsste. So oder so wird es wohl ein eher unproduktives Spiel werden, in dem aber beide Mannschaften gleichermaßen das Potential haben, sich phasenweise oder vielleicht sogar über das ganze Spiel hinweg ein klares Übergewicht zu erarbeiten.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-55263075973451994102017-08-08T17:44:00.001+02:002017-09-01T12:11:26.791+02:00Pressingsorgen gegen BetisIm letzten Testspiel vor dem Saisonauftakt gegen Energie Cottbus traf der VfB auf das von Ballbesitztrainer Quique Setien trainierte Real Betis. Dementsprechend wurde die Generalprobe vor allem zu einer Testlauf des Pressings. Im Spiel gegen den Ball war der VfB letzte Saison eher durchschnittlich unterwegs gewesen, wobei das Pressing vereinzelt, in Form von Gegneranpassungen, auf ein überraschend hohes Niveau gehoben werden konnte. Da der VfB in der Bundesliga wohl nicht so viel Ballbesitz haben wird wie in der Zweiten Liga scheint es jedoch notwendig, auch das Grundniveau des Pressings zu steigern. Gegen Betis sah man in dieser Hinsicht zumindest schon mal Ideen, doch besonders gut klappte es nicht.<br />
<a name='more'></a>
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Grundsätzlich spielte der VfB ein recht normales 4-4-2-Mittelfeldpressing, aus dem heraus man aber auch in ein deutlich interessanteres höheres Mittelfeld- bis hin zu einem sehr hohen Angriffspressing aufrücken konnte. Sehen wir uns mal eine Szene an, die ganz gut zusammenfasst, wie das aussah.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/228774407" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="float: right; margin-left: 1em; text-align: right;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://1.bp.blogspot.com/-JKbqhtraJ5Y/WYlk35vGtPI/AAAAAAAABFg/Mu2VgVvHceMQCPaN64aUl61zCh5C8CVZQCLcBGAs/s1600/betistest.png" imageanchor="1" style="clear: right; margin-bottom: 1em; margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-JKbqhtraJ5Y/WYlk35vGtPI/AAAAAAAABFg/Mu2VgVvHceMQCPaN64aUl61zCh5C8CVZQCLcBGAs/s1600/betistest.png" width="258" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Aufstellung gegen Betis</td></tr>
</tbody></table>
Bei 13:12 wird das Pressing durch den Pass auf den Außenverteidiger ausgelöst. Terodde rückt raus und geht auf den Rückpassweg, Akolo läuft den Außenverteidiger im Bogen an, sodass dieser keinen Linienpass spielen kann. Ginczek bleibt tiefer, damit im gegnerischen Sechserraum kein Loch entsteht und Brekalo schiebt als ballferner Außen schon mal leicht nach vorne, um die mögliche Kontersituation aufzuwerten. Die ballnahen Ofori und Pavard gehen aggressive Manndeckungen ein und mit etwas mehr Glück hätte Ofori nach dem Pass auf seinen Gegenspieler auch direkt den Ball erobert.<br />
<br />
In der Szene sieht man ein derartiges Rausschieben gleich drei Mal hintereinander und bei jedem Mal zieht sich die Mannschaft nach dem misslungenen Ballgewinn wieder ins 4-4-2 zurück, anstatt mit aller Macht weiter den Zugriff zu suchen. Wir haben es also mit einer einstudierten Variante zu tun, die in einem klaren Rahmen, insbesondere aus einer klaren Ausgangslage heraus stattfinden soll. Allgemeiner kann man beim VfB die Neigung beobachten, im Zweifel (etwa wenn die einstudierten Abläufe nicht greifen) eher abwartend zu verteidigen und den geordneten Rückzug zu suchen.<br />
<br />
Das ist erst einmal nichts Negatives. Wenn eine Pressinglinie überspielt ist und man keinen Zugriff auf den Gegner hat ist es meist sinnvoller sich aufmerksam fallen zu lassen, den Angriff abzubremsen und sich neu zu sortieren. Andererseits habe ich den Eindruck, dass diese Rückzugstendenz auch die Quailtät des Pressings beschädigt, weil notwendige Herausrückbewegungen zum Teil nicht oder halbherzig ausgeführt werden werden. Beispiel diese Szene, Ginczeks Zögern ab 15:00.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/228773731" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Oder hier Pavard ab 48:20.<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/228773791" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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In der letzten Szene ist auch zu erkennen, dass die Grundkompaktheit nicht sonderlich stark war. Bei 48:36 ist ein riesen Raum zwischen den Linien offen. So konnte das Herausrücken der Sechser nicht immer gut abgesichert werden, auch weil die Flügelspieler gerne schon auf den Ballgewinn spekulierten (gerade Akolo hatte noch große Probleme dabei, eine gute Balance in seiner Positionierung zu finden). Der übrige Sechser hatte dadurch viel Raum abzudecken. Manchmal hätten die Sechser aber auch schlicht weiter verschieben müssen. Zwei Beispiele dazu:<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/228773823" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/228773838" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Ein letzter Aspekt betrifft die beiden Pressingspitzen Terodde und Ginczek. Während die klare Aufgabenteilung (Ginczek meist Pressingzehner hinter Terodde) ein durchaus positiver Punkt war, schienen die beiden dennoch nicht optimal zu harmonieren. Beide sind eher die Rolle als Keilstürmer gewohnt und bringen offenbar nicht so viel Verantwortungsbewusstsein für den gegnerischen Sechserraum mit. Gegen Betis orientierten sich in ein paar Szenen beide gleichzeitig nach vorne und ließen damit Raum offen. Hier zum Beispiel:<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/228773864" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Das klingt nun alles sehr negativ, aber man muss auch noch einige Sachen bedenken: Zunächst einmal ging der VfB womöglich noch nicht ganz die volle Intensität und kann in den Pflichtspielen noch ein bisschen zulegen. Mit höherer Intensität werden automatisch die Abstände kleiner und manche Probleme sollten dadurch abgeschwächt werden.<br />
<br />
Außerdem muss man den Gegner berücksichtigen. In der Bundesliga gibt es außer Bayern und Dortmund wahrscheinlich keine Mannschaft, die so guten und konsequenten Spielaufbau betreiben kann wie Betis. Insofern wird man gegen die meisten Gegner auch mal Zugriff bekommen, selbst wenn man nicht alle Optionen perfekt unter Kontrolle hat. Und in den Szenen, in denen sich der Gegner doch freispielen kann, steht man durch das gute Rückzugverhalten zumindest nicht völlig offen.<br />
<br />
Trotzdem muss man festhalten, dass es gegen den Ball noch einigen Nachholbedarf gibt. Legt man zum Beispiel Schalkes letztes Testspiel gegen Crystal Palace daneben, sieht man schon einen deutlichen Qualitätsunterschied. Eine konstant sehr gute Pressingmannschaft wird der VfB nach diesen Eindrücken wohl auch in der kommenden Saison eher nicht sein.<br />
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<h4>
Und sonst so?</h4>
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- Wer etwas umfassendere taktische Eindrücke aus den Testspielen haben will, <a href="https://taktikstueble.wordpress.com/2017/08/07/die-vorbereitung-des-vfb/">den verweise ich auf das Taktikstueble.</a><br />
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- Offenbar wird der VfB von nun an auch über rechts versuchen, Fußball zu spielen. Die hängende Spitze ließ sich in den Tests oft in den rechten Halbraum fallen, um von da aus kreative Aktionen zu starten. In dieser Rolle könnten Ginczek oder Özcan ihre Passstärke oder Donis seine Tempodribblings einbringen.<br />
<br />
- Zimmermann spielte in einem Test die Insua-Rolle auf rechts hinter Zimmer. Das sah ziemlich gut aus mit vielen Positionswechseln und so, bietet aber nach vorne natürlich nicht so viel Potential.<br />
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- Akolo hat zwar noch Probleme beim Verteidigen, ist aber ansonsten krass.<br />
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- Betis macht Spaß.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-53019409685266782017-06-18T11:12:00.000+02:002017-06-18T11:12:45.103+02:00Emiliano Insúa<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://4.bp.blogspot.com/-C53tRpWBGKE/WUZDteAxZJI/AAAAAAAABFA/Fj4rhkkSic490uTyXDwAxwg0ThTJf_KWACLcBGAs/s1600/bitmap.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="464" data-original-width="431" height="150" src="https://4.bp.blogspot.com/-C53tRpWBGKE/WUZDteAxZJI/AAAAAAAABFA/Fj4rhkkSic490uTyXDwAxwg0ThTJf_KWACLcBGAs/s300-c/bitmap.png" width="150" /></a></div>
Es sollte mehr Fußballer wie Emiliano Insua geben.<br />
<a name='more'></a><br />
Auf den ersten Blick ist Insua ein robuster, zuverlässiger, relativ kompletter Linksverteidiger mit Geschwindigkeitsdefiziten. Im Gegensatz zu vielen Kollegen auf seiner Position lässt er sich aber nicht so richtig als offensiver oder defensiver Spieler deklarieren, sondern bringt in beide Richtungen Qualität mit.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://4.bp.blogspot.com/-7Un_fHI_2uA/WUY3otmiKRI/AAAAAAAABEo/91ozfr0fgOc1ynagOoSc3twBdOW5jEF0wCLcBGAs/s1600/Insua-Radar.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="592" data-original-width="984" height="192" src="https://4.bp.blogspot.com/-7Un_fHI_2uA/WUY3otmiKRI/AAAAAAAABEo/91ozfr0fgOc1ynagOoSc3twBdOW5jEF0wCLcBGAs/s1600/Insua-Radar.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Hier Insuas Netzdiagramm aus <a href="http://emalsallein.de/2017/06/zweitliga-aussenverteidiger/">dem lesenswerten Statistikartikel von Niemals Allein über die Außenverteidiger der zweiten Liga</a>. Abgesehen von den eh nicht so wichtigen Klärungen alles überdurchschnittlich und ausgewogen verteilt.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />
<h4>
Offensivaktionen</h4>
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/222064356" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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<i>(Wem die Videos zu langatmig sind: Der Zusammenschnitt gegen Bielefeld ganz unten reicht eigentlich zum angucken.)</i><br />
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Nach vorne dürften seine Flanken in der vergangenen Saison am meisten Eindruck hinterlassen haben. Dabei spielt er wegen seiner geringen Endgeschwindigkeit eigentlich gar nicht so häufig die klassische Flanke aus dem Lauf, sondern schlagt sie eher aus einer engen Position aus dem Halbfeld heraus. Auffällig ist, dass er sich dafür günstige Situationen heraussucht und den Ball dann gedankenschnell in die richtige Zone bringt, wenn er eine gefährliche Konstellation im Strafraum erkannt hat. Das war besonders im Stuttgarter System eine wichtige Qualität, weil der VfB in kurzer Zeit immer viel Strafraumpräsenz, vor allem am langen Pfosten herstellen konnte. So waren 7 seiner 8 Torvorlagen in der vergangenen Saison Flanken, obwohl seine Hereingaben technisch gar nicht mal konstant gut sind und auch mal eine auf Kniehöhe angeflogen kommt.<br />
<br />
Im Passspiel sieht es ähnlich aus: Ausführung mittelmäßig, aber dank richtiger Ideen trotzdem gut. Neben seinen überwiegend kurzen und sinnvoll beruhigenden Pässen kann er das Spiel auch mit strategisch gut gewählten Diagonalbällen beschleunigen. Heraushebenswert sind außerdem seine starken diagonalen Dribblings von außen ins Zentrum, wo ihm dann aber in schwierigen Situationen ein bisschen die hochwertige Anschlussaktion fehlt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sicher einen Haufen Außenverteidiger gibt, die am Ball spielstärker, dynamischer oder kreativer sind. Aber schon bedeutend weniger, die so gute Entscheidungen treffen wie Insua.<br />
<br />
<h4>
Positionierung</h4>
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/222065082" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
<br />
Einzelaktionen sind aber ohnehin nicht der Grund, warum Insua so ein essenzieller Spieler für das Offensivspiel des VfB ist. Und damit nähern wir uns seiner vielleicht spektakulärsten Qualität – nämlich dem Bewegungsspiel. Was einem beim Schauen von VfB-Spielen sofort ins Auge fällt, ist, dass er sich ungewöhnlich oft vom linken Flügel löst und stattdessen im offensiven und defensiven Halbraum unterwegs ist. Anders als zum Beispiel bei Guardiola-Teams ist das vermutlich kein primär vom Trainer verursachtes Phänomen (schließlich spielte er sogar unter Kramny so) und wurde auch nicht durch klares Positionsspiel vereinfacht, sondern ergab sich ganz natürlich aus den Eigenheiten des Spielers (und auch denen des traditionellen VfB-Systems, Stichwort: unterbesetzter Sechserraum und breite Flügel).<br />
<br />
Wenn Insua ballfern ist, steht er meist schon etwas eingerückt da und orientiert sich dann während der Verlagerung in unterschiedliche Räume. Welche Räume das sind, war in den vergangenen zwei Jahren immer unterschiedlich und hing vor allem von seinen Mitspielern und vom genauen System ab. Hinter dem linearen, defensivfaulen Flankendribbler Kostic konzentrierte er sich neben seinen Defensivaufgaben vor allem auf gezieltes Vorderlaufen und öffnete seinem Vordermann somit den Flügel oder den Rückpassweg ins Zentrum. In der Anfangsphase unter Wolf, als Maxim vor ihm einen weit einrückenden Linksaußen spielte, stand Insua konstant breiter, ebenso als er als Flügelverteidiger in einer Fünferkette aufgeboten wurde. Spielte der VfB 4-1-4-1 war vor allem das absichernde Einrücken prägend und wichtig, um den einzigen Sechser bei der Raumabdeckung zu unterstützen. Zuletzt spielte Insua wieder hinter Maxim, der zwischen tiefem Spielmachen, hohem Einrücken und einer klassischen Dribblerrolle pendelte. So wurden auch Insuas Aufgaben komplexer und es entstand eine sehr stimmige, vielfältige linke Seite.<br />
<br />
Faszinierend an dieser für einen Außenverteidiger so ungewöhnlichen Rolle Insuas ist, dass sie gar nicht so richtig aufzufallen scheint. „Insuas Positionierung ist heute aber wieder verrückt!“ gehört nicht unbedingt zu den meistgehörten Sätzen an VfB-Spieltagen. Vielleicht liegt diese Unauffälligkeit zum Teil an der wunderbar nahtlosen Art und Weise, wie sich Insua in das taktische Geschehen einfügt und daran anpasst. Es passiert einfach kaum, dass er einrückt und plötzlich gibt es außen keine Anspielstation mehr, oder dass seine Seite zu offen ist und im Konter überrannt wird. Dank seiner guten Orientierung und seines Spielverständnisses macht Insua in der Positionierung kaum Fehler. Steht der Linksaußen tief und breit, bleibt er eng. Fehlt jemand, der Breite gibt, schiebt er auf die Außenbahn raus. Ballfern rückt er zuverlässig in freie Räume ein, teilweise füllt er sogar den Zehnerraum auf. So sorgt er nicht nur für eine ausgewogene Struktur, sondern auch für eine sehr gute Konterabsicherung. Wenn Insua spielt, funktioniert die linke Seite einfach. Und das unabhängig von der übrigen Besetzung. Wie viele Außenverteidiger gibt es im Spitzenfußball, die das leisten können?<br />
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<h4>
Defensivspiel</h4>
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/222065615" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
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Für die Arbeit gegen den Ball gilt vergleichbares. Hier hat er natürlich eine engere Bindung zu seiner Grundposition, welche aber nicht zum Selbstzweck ausgeübt wird. So sieht man von Insua viele herausrückende Läufe, die teilweise extrem weit gehen, wenn die Situation es zulässt. Seine Orientierungsfähigkeit hilft ihm dabei, diese Läufe sehr balanciert zu gestalten und immer auch Gefahren in seinem Rücken zu erkennen und zu berücksichtigen. Wenn er zum Beispiel den gegnerischen Rechtsaußen (ohne Ball) nach innen verfolgt und der Rechtsverteidiger gerade überläuft, registriert er das schnell und schafft es meistens rechtzeitig zurück auf seine Grundposition, um den Lauf abzufangen.<br />
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Gleichzeitig ist seine Antizipation extrem stark und sauber. Oft schiebt sich Insua im genau richtigen Moment vor den möglichen Passempfänger, wenn der Ballführende gerade unter Druck gerät und ihm die Passmöglichkeiten ausgehen. Auf diese Weise braucht Insua gar nicht erst in den Zweikampf zu gehen und kann im ersten Moment ohne direkten Gegnerdruck den Konter einleiten. Sein auf den ersten Blick durchaus riskioreiches Herausrücken wird dadurch sehr erfolgsstabil. Gleichzeitig ist Insua aber auch ein guter Zweikämpfer, der seine sehr gute Physis mit einer guten Zweikampftechnik verbindet.<br />
<br />
An dieser Stelle hätte ich ihm aus meinem Seheindruck heraus einen Hang zu Fouls, insbesondere taktischer Natur unterstellt, wohl weil seine Geschwindigkeitsdefizite im Umschaltmoment mehr zu Buche schlagen. Der Blick auf sein Radar zeigt allerdings, dass Insua sogar weniger Fouls begeht als der durchschnittliche Zweitligaaußenverteidiger und ein weiterer Blick auf die Statistik zeigt, dass er sogar nur zwei gelbe Karten in der gesamten Saison bekommen hat, und das obwohl er praktisch keine Spielminute verpasst hat. Beide Karten gab es übrigens für taktische Fouls. Wenig Fouls und davon vermutlich viele im Umschaltmoment, ich denke das unterstreicht ganz gut die Sauberkeit seiner Defensivarbeit im geordneten Pressing (wenngleich er auch und gerade im defensiven Umschalten hervorragend ist).<br />
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<iframe allowfullscreen="" frameborder="0" height="281" mozallowfullscreen="" src="https://player.vimeo.com/video/222005426" webkitallowfullscreen="" width="500"></iframe> <br />
<br />JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-70773006588585155482017-05-30T16:58:00.000+02:002017-05-30T16:59:38.962+02:00Die Rückrunde 2016/17<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://2.bp.blogspot.com/-pj9_cSfEh3o/WS1___gtHrI/AAAAAAAABDw/LUPANra1jsIOvKHLnMD7qDJ-FkhIjvFyQCLcB/s1600/auepres.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1245" data-original-width="1600" height="150" src="https://2.bp.blogspot.com/-pj9_cSfEh3o/WS1___gtHrI/AAAAAAAABDw/LUPANra1jsIOvKHLnMD7qDJ-FkhIjvFyQCLcB/s300-c/auepres.png" width="150" /></a></div>
Das hier soll der zweite Teil einer taktischen Rückschau auf die VfB-Saison 2016/17 sein. <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/01/die-hinrunde-201617.html">Im ersten Teil</a> ging es um die Hinrunde unter Jos Luhukay, Olaf Janßen und mit den ersten Spielen von Hannes Wolf. Der zweite Teil der Saison kam mit etwas weniger taktischen Highlights daher, bot aber zwei interessante, ungewöhnliche Systeme und ein bisschen Chaos zwischendrin. Verlinkt sind außerdem einzelne Spielanalysen zu allen 17 Partien.<br />
<a name='more'></a><br />
<h4>
Phase 1: Das 4-1-0-4-1</h4>
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<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-gegen-st-pauli-vfb-offensive-hat-zu-wenig-torgefahr.d9a5c3da-b5bc-4030-9895-4286cc2bf258.html">18. Spieltag: FC St. Pauli – VfB Stuttgart 0:1</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-gegen-duesseldorf-richtige-massnahmen-gegen-schwachen-gegner.e5ceb535-fe63-45ad-92b8-c6031ce4cf77.html">19. Spieltag: VfB Stuttgart – Fortuna Düsseldorf 2:0</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-gegen-sandhausen-wolf-packt-die-brechstange-aus.ce9ce6f4-5cac-4396-818c-33ca16e5cee7.html">20. Spieltag: VfB Stuttgart – SV Sandhausen 2:1</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-in-heidenheim-wie-der-vfb-gegen-das-heidenheimer-pressing-bestehen-konnte.19189a4c-4cdd-428e-a308-0b3b5036eab2.html">21. Spieltag: 1. FC Heidenheim - VfB Stuttgart 1:2</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zur-vfb-gegen-kaiserlautern-ein-geduldspiel-fuer-die-stuttgarter.e364f3c1-217c-46e0-82f9-06e420557882.html">22. Spieltag: VfB Stuttgart – 1. FC Kaiserslautern 2:0</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-braunschweig-gegen-vfb-stuttgart-ohne-asano-fehlt-durchschlagskraft.371b00c9-3e58-4c57-8188-a85347b9e66b.html">23. Spieltag: Eintracht Braunschweig – VfB Stuttgart 1:1</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-gegen-bochum-kampf-der-stuttgarter-gegen-die-bochumer-wand.630f8b96-b66f-4226-845a-237c1c787961.html">24. Spieltag: VfB Stuttgart – VfL Bochum 1:1</a><br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://4.bp.blogspot.com/-Pt6CyhXQ2t4/WLB9R868T4I/AAAAAAAABDI/OwpsLkhcQqg-QeeuRyoVuwHOJj8dZ7-hgCPcB/s1600/sys.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://4.bp.blogspot.com/-Pt6CyhXQ2t4/WLB9R868T4I/AAAAAAAABDI/OwpsLkhcQqg-QeeuRyoVuwHOJj8dZ7-hgCPcB/s1600/sys.png" width="258" /></a></div>
Über das 4-1-0-4-1 habe ich <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2017/02/kurz-betrachtet-warum-das-4-1-0-4-1-funktioniert.html">hier</a> schon einmal kurz was geschrieben. <a href="https://twitter.com/halbraumrandale/status/835222956418682882">Wie vom geschätzten Kollegen halbraumrandale richtig festgestellt</a>, ähnelte Hannes Wolfs Strategie zum Rückrundenstart der von Thomas Tuchel: Es gab in der Offensive eine sehr klare Raumaufteilung, die über mehrere Spiele hinweg konstant blieb. Diese beinhaltete fünf hoch und breit stehende Offensivkräfte, sowie vier Spieler, die klare absichernde Aufgaben hatten und dafür sorgten, dass man Konter stets in Überzahl verteidigen konnte. Insua war als Linksverteidiger eine Art Scharnierspieler und konnte seine Komplettheit nach vorne, nach hinten und vor allem in einer sehr diagonalen Rolle einbringen. Dafür spielte der Rechtsverteidiger tiefer (Großkreutz hier bis zu seinem Aus von unterschätzter Wichtigkeit in einer für ihn schwierigen Rolle), der linke Innenverteidiger breiter und der linke Achter etwas höher als der rechte.<br />
<br />
Diese asymmetrische und doch klare 4-1-0-4-1-Struktur brachte vor allem gegen die DFB-Lehrbuchmannschaften Vorteile, also Teams mit Mittelfeldpressing, Viererkette und Fokus auf Kompaktheit. Dadurch dass das zweite Drittel vom VfB ohnehin nicht besetzt war und überspielt wurde, kam die Kompaktheit dieser Mannschaften im Mittelfeld kaum zum tragen. Stattdessen war die Viererkette gegen Stuttgarts fünf Angreifer in Unterzahl und konnte die Läufe der Achter in die Schnittstellen nur umständlich verteidigen. Außerdem ließ die spielstarke und breit gestaffelte Innenverteidigung des VfB den Ball in der ersten Linie laufen und spielte sich gegen tiefe Gegner gemütlich Raum für direkte Bälle nach vorn frei. Hier war auch Anto Grgics hervorragendes Bewegungsspiel auf der Sechs wichtig, um Räume für Kaminski und Baumgartl zu öffnen.<br />
<br />
Auch vorne passte die Taktik zum (eingesetzten) Personal: Die klaren Positionsprofile hatten zur Folge, dass die Offensivspieler oft ähnliche Situationen zu bewältigen hatten und das Verhalten der Mitspieler einigermaßen vorhersehbar war. Vor allem Terodde profitierte massiv von diesem Umstand und konnte klare und extrem wirksame Heuristiken in seinem Spiel nutzen, ebenso funktionierten lineare Spieler wie Green und Asano gut. Das kreative Potential von Spielern wie Ginczek, Brekalo und Maxim blieb dafür jedoch noch unausgeschöpft.<br />
<br />
Mit dieser Strategie holte der VfB in den ersten fünf Partien Stabilitätssiege gegen die 4-4-2/4-2-3-1-Mittelfeldpresser St. Pauli, Kaiserslautern, Heidenheim, Sandhausen und Düsseldorf. Letztere schlugen sich mehr oder weniger selbst mit einem seltsamen mannorientierten Mischsystem, mit dem sie Grgic nicht zugestellt bekamen. Heidenheims starker Übergang ins Angriffspressing sorgte hingegen ebenso für ein etwas knapperes Spiel wie Sandhausens gut ausgeführtes 4-2-3-1-Pressing.<br />
<br />
Im Laufe der Rückrunde sollte sich allerdings herausstellen, dass die zweite Liga mehr als nur Viererkette und Mittelfeldpressing zu bieten hat. Das ist nicht zuletzt eine recht kurzfristige Entwicklung, weil eine ganze Palette von Teams im Laufe der Saison neue Trainer bekamen, die sich eher vom taktischen Standard wegorientierten (Saibene, Radoki und Köllner seien mal genannt). Die Spiele gegen Bochum und Braunschweig waren ein erster Vorgeschmack darauf: Verbeeks Bochumer spielen im Pressing bekanntlich fast schon Manndeckungsfußball, was gegen die klare Raumaufteilung des VfB sehr übersichtliche Aufgaben für die einzelnen Verteidiger zur Folge hatte. Bochums zur Fünferkette tendierende Grundordnung half außerdem bei der Zuteilung der Gegenspieler. Braunschweig wiederum überraschte mit einer Raute, um die Freiräume im Zentrum zu bespielen, was Wolf, ein bisschen zulasten der eigenen Offensivstärke, mit einer konservativeren Ausrichtung kompensieren musste.<br />
<br />
Mit der Aussicht, dass das wohl nicht die letzten gut angepassten Gegner sein würden, verschwand das 4-1-0-4-1 für den Rest der Saison in der Schublade.<br />
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<h4>
Phase 2: Ein unsanfter Übergang</h4>
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<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-gegen-fuerth-zu-wenig-kollektivitaet-beim-vfb.bfbc8e72-fcfc-4053-93fb-229bd49133f2.html">25. Spieltag: Greuther Fürth – VfB Stuttgart 1:0</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-stuttgart-gegen-dynamo-dresden-erfolgreiche-aufholjagd-durch-brutale-intensitaet.88681a7f-9d96-405a-8648-5b6ffa60f760.html">26. Spieltag: VfB Stuttgart – Dynamo Dresden 3:3</a><br />
<br />
Der Weg zu einem neuen, ebenso stabilen System war geprägt von starken Gegnern und kuriosen Spielverläufen. Gegen Fürth probierte Wolf ein 5-2-3 aus, was aber gegen einen taktisch einigermaßen überragenden Gegner und mit der problematischen Doppelsechs Gentner-Zimmermann komplett nach hinten losging und zu einer Serie von Systemumstellungen (auf beiden Seiten) führte. Zudem war das Gegenpressing in diesem Spiel schwächer als zuvor, als die Offensivspieler noch mit vielen Sprints die Konterräume zugelaufen hatten. Gegen die aufbaustarken Dresdener war es vor allem das schwache Pressing, das für Probleme sorgte. Besonders auf Dresdens Achter bekam der VfB wegen einer zu vorsichtigen und reaktiven, teils an Mannorientierungen gebundenen Spielweise zu wenig Zugriff. Die aberwitzig intensive Aufholjagd in der zweiten Halbzeit machte das ganze schließlich zum zweiten Freak-Spiel hintereinander und komplettierte den unsanften Riss aus der taktischen Monotonie der vergangenen Wochen.<br />
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<h4>
Phase 3: 4-2-3-1, Linksfokus und Insua-Diagonalität</h4>
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<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-stuttgart-gegen-1860-muenchen-muenchener-fuenferkette-zieht-wolfs-elf-den-zahn.80aa118b-15a0-45d5-94fe-1c0167d60f6b.html">27. Spieltag: VfB Stuttgart – 1860 München 1:1</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-stuttgart-gegen-karlsruher-sc-vfb-behaelt-die-kontrolle-ueber-das-spiel.5e45c281-349e-4a7d-928f-e91695de3c1c.html">28. Spieltag: VfB Stuttgart – Karlsruher SC 2:0</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanyalse-zum-vfb-spiel-in-bielefeld-so-hat-sich-hannes-wolf-den-vfb-sieg-geholt.597e56cb-3681-43c9-8b91-ad1980ac7d2a.html">29. Spieltag: Arminia Bielefeld – VfB Stuttgart 2:3</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-stuttgart-gegen-union-berlin-vfb-nutzt-schwaechen-des-gegners-systematischer-aus.23042786-6753-45a7-ba91-3cb658438ecb.html">30. Spieltag: VfB Stuttgart – Union Berlin 3:1</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-stuttgart-in-nuernberg-vfb-trainer-wolf-findet-das-richtige-mittel.59038464-6e3d-41b6-a505-7da07a913bfa.html">31. Spieltag: 1. FC Nürnberg – VfB Stuttgart 2:3</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-vfb-stuttgart-der-vfb-zeigt-sein-bestes-gesicht.8365a5c6-44cd-456e-9121-eb83568a940e.html">32. Spieltag: VfB Stuttgart – Erzgebirge Aue 3:0</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-stuttgart-in-hannover-vfb-ist-stabil-aber-harmlos.031a729b-68cd-4e23-9e48-adc12a3ce9c7.html">33. Spieltag: Hannover 96 – VfB Stuttgart 1:0</a><br />
<a href="http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.taktikanalyse-zu-vfb-gegen-wuerzburg-stuttgart-kontert-sich-bequem-zum-41.29f5768d-978f-493a-9d23-7a9a07cf106c.html">34. Spieltag: VfB Stuttgart – Würzburger Kickers 4:1</a><br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://4.bp.blogspot.com/-bzB802m6Obw/WS1_fjVN0UI/AAAAAAAABDo/yoKgfXm-YMgVSLETW2el0o01hLNN-SVswCLcB/s1600/1617_vfb4231.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1423" data-original-width="923" height="400" src="https://4.bp.blogspot.com/-bzB802m6Obw/WS1_fjVN0UI/AAAAAAAABDo/yoKgfXm-YMgVSLETW2el0o01hLNN-SVswCLcB/s1600/1617_vfb4231.png" width="258" /></a></div>
Nichtsdestotrotz wurde das 4-2-3-1, das Wolf gegen Dresden ausgepackt hatte, zur neuen Stammformation. Das Insua-Einrücken war hier noch krasser und konstanter als zuvor, sodass der VfB offensiv praktisch ein schiefes und linkslastiges 3-Raute-3 spielte. Während der Zehner noch aus einer halbrechten Grundposition spielte, setzte sich die folgende Asymmetrie nicht bis zur Doppelsechs fort. Der rechte Sechser spielte gerade in den ersten Spielen genauso tief wie der linke, was auf rechts zu strukturellen Schwierigkeiten führte. So wurde der ohnehin immer latent vorhandene Linksfokus im Stuttgarter Spiel noch extremer.<br />
<br />
Mit der sehr tiefen Doppelsechs, auf der zunächst spielstarke Akteure wie Ofori, Grgic und Özcan statt Gentner oder Zimmermann eingesetzt wurden, wurde der Aufbau und die Konterabsicherung noch besser. Mit der überragend spielstarken Aufbaudreierkette Kaminski-Baumgartl-Pavard und zwei ballsicheren Sechsern in den Schnittstellen, war der VfB schwierig zu pressen, auch wenn man das letzte Risiko etwas scheute. Prinzipiell war es sogar möglich, vor einer 3-2-Absicherung die alte offensive Fünferstruktur herzustellen, wenn Insua als linker Halbstürmer aufrückte. Dennoch war es fürs erste ein großes Problem, dass der Abzug eines Offensivspielers im Rahmen des genutzten Stabilitätsfokus' nicht kompensiert werden konnte.<br />
<br />
So gab es gegen die Fünferkette von 1860 einen unschönen Auftritt zu sehen, während eine Woche später gegen den schwachen KSC die wenigen entscheidenden Durchbrüche gelangen. Seit diesem Spiel war auch Maxim als Linksaußen zurück in der Mannschaft und bildete mit Insua fortan ein blendend harmonierendes Duo, das in der Lage war, den Linksfokus besser auszugestalten als zuvor. Nach wie vor limitierten jedoch die schlechte Verbindung innerhalb der flachen Angriffslinie, hohe Direktheit und mäßige Präsenz die Möglichkeiten in der Chancenerarbeitung. Der Fokus lag ganz klar darauf, das Spiel zu kontrollieren, keine Konter zuzulassen und nach vorne über Quantität statt Qualität zum Erfolg zu kommen.<br />
<br />
Nach dem Sieg gegen die Pressingmannschaft Bielefeld, bei dem der VfB deren schwache Abseitsfalle nutzte und sonst viele lange Bälle schlug, rückte Maxim gegen Union auf die Zehn und Brekalo kam auf dem Flügel in die Mannschaft. Damit gab es nun zwei kreative Gefahrenherde beim VfB anstatt einen. Zudem funktionierten Wolfs Einwechslungen in dieser Phase gut, obwohl sie eigentlich immer hauptsächlich darin bestanden, auf ein 4-4-2 mit Ginczek-Terodde vorne umzustellen. Gegen Nürnbergs kompaktes aber gegen Offensivpräsenz etwas anfälliges 4-5-1 und Bielefelds problematische Endverteidigung war das aber genau das richtige Mittel.<br />
<br />
Was hingegen gar nicht gut funktionierte war das Pressing. Die Abwehr spielte recht vorsichtig und ließ sich früh zurückfallen, während eigentlich oft Angriffspressing auf dem Plan stand. Dadurch litt die Kompaktheit in der Vertikalen und horizontal sah es meistens nicht viel besser aus. Der zweite Höhepunkt dieser Problematik nach dem Spiel gegen Dresden war vermutlich <a href="https://www.youtube.com/watch?v=7xpjEGLAcX8#t=1m13s">das absurde Tor zum 0:1 gegen 1860</a>. Solange die Intensität stimmte, fiel das aber kaum ins Gewicht, weil die meisten Gegner in dieser Saisonphase über kein strategisches und weiträumiges Aufbauspiel verfügten, und daher nicht systematisch genug in die Lücken im VfB-Verbund reinkamen. Gaetan Krebs gelang das mal im Alleingang einige Phasen lang, aber sonst keinem so wirklich.<br />
<br />
Dementsprechend war aus Taktik- und VfB-Sicht das Spiel gegen Domenico Tedescos spielstarke Auer besonders prekär. Wolf zauberte aber für dieses Spiel eine exzellente Pressing-Anpassung aufs Parkett: Zwischen den vier Angreifern installierte er einen Ziehharmonika-Mechanismus, der Aues Spielaufbau extrem effizient verhinderte – teilweise verteidigten 4 Stuttgarter quasi 7 Auer plus Torwart. Besonders die balancierten Positionierungen von Klein und Maxim in der zweiten Linie waren dafür wichtig, aber auch das extrem aggressive Nachrücken der Außenverteidiger Insua und Pavard half enorm und eliminierte die Kompaktheitsprobleme der Vorwochen. Aues Fokus auf schnelle Vertikalpässe verhinderte, dass sie das Pressingquartett des VfB laufen lassen konnten. Nach diesem wirklich hervorragenden Spiel verlor man noch gegen sehr gut aus Zwischenpositionen heraus pressende Hannoveraner und konterte sich zu einem lockeren 4:1 gegen selbst mit zu vielen Problemen kämpfende Würzburger und machte damit den Aufstieg perfekt.<br />
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<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://2.bp.blogspot.com/-pj9_cSfEh3o/WS1___gtHrI/AAAAAAAABDw/LUPANra1jsIOvKHLnMD7qDJ-FkhIjvFyQCLcB/s1600/auepres.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1245" data-original-width="1600" height="249" src="https://2.bp.blogspot.com/-pj9_cSfEh3o/WS1___gtHrI/AAAAAAAABDw/LUPANra1jsIOvKHLnMD7qDJ-FkhIjvFyQCLcB/s1600/auepres.png" width="320" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Die <a href="https://4.bp.blogspot.com/-YGbhqC09rFw/WHEvWKzlRTI/AAAAAAAAA9I/UySpW4tYjmUjfECxVnm21DZRgXe3zBx4ACLcB/s1600/r%25C3%25BCckschau_5212.png">(zweit-?)</a>beste Pressingleistung der Saison gegen Aue.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<br />JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5323744970826025204.post-997359179698735682017-02-24T20:26:00.001+01:002017-03-10T11:15:42.081+01:00Kurz betrachtet: Warum das 4-1-0-4-1 funktioniert<div class="hidepic" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://3.bp.blogspot.com/-zQjwPobgO1I/WLB0euga1aI/AAAAAAAABCo/CmOIK4eRyFAtnyoGYddgUkFrTE7hfRdxwCLcB/s1600/sys_raumaufteilung.png" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="150" src="https://3.bp.blogspot.com/-zQjwPobgO1I/WLB0euga1aI/AAAAAAAABCo/CmOIK4eRyFAtnyoGYddgUkFrTE7hfRdxwCLcB/s300-c/sys_raumaufteilung.png" width="150" /></a></div>
In seinen ersten Wochen und Monaten als neuer VfB-Trainer zeigte sich Hannes Wolf, womöglich auch aus der Not heraus, als Anpassungscoach, der verschiedene Systeme ausprobierte und ein paar hervorragende, aber auch mal nicht ganz so gute Gegneranpassungen probierte und seiner Mannschaft gleichzeitig zu Stabilität verhalf. In der Winterpause war dann endlich Zeit, über mehrere Wochen hinweg, taktisch zu arbeiten, und das wurde offensichtlich getan. Das Resultat davon ist quasi die Extremversion des alten VfB-4-1-4-1/4-2-3-1-Huts.<br />
<a name='more'></a><br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://1.bp.blogspot.com/-Pt6CyhXQ2t4/WLB9R868T4I/AAAAAAAABDA/Z20PXfwBGr4I5I41Xb887m9BZ82UfVEDACLcB/s1600/sys.png" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" height="400" src="https://1.bp.blogspot.com/-Pt6CyhXQ2t4/WLB9R868T4I/AAAAAAAABDA/Z20PXfwBGr4I5I41Xb887m9BZ82UfVEDACLcB/s1600/sys.png" width="258" /></a></div>
Das Mittelfeldzentrum war noch nie* der beste Freund des VfB. Ansätze, kreativen Fußball durchs Zentrum zu spielen, stellten sich meistens als zu instabil heraus und sorgten dafür, dass man in der deutschen Konter- und Pressingliga ständig auf die Mütze bekam. Deshalb waren die meisten halbwegs erfolgreichen Systeme eher pragmatisch angelegt mit Flügelspiel, Kontern, Mannorientierungen und einem markanten 4-1-4-1/4-2-3-1-Mix, der typischerweise von der offensiven Sechserrolle Christian Gentners verursacht wurde.<br />
<br />
Diese Grundausrichtung war meiner Meinung nach immer ein bisschen alibihaft, weil es oft als Standard-Stabilisierungsmaßnahme genutzt wurde und dabei halt einigermaßen zum Kader und vor allem zu einem gewissen Kapitän passte. Diesem Status ist das neue System entwachsen. Das Rückrunden-4-1-4-1 bringt die Grundprinzipien deutlich konsequenter und in durchdachterer Form auf den Rasen - ohne frei von Problemen zu sein.<br />
<br />
In Ballbesitz sieht das wie folgt aus: Die Viererkette steht sehr tief. Der Rechtsverteidiger hat fast nur defensive Aufgaben, während Insua ein bisschen mehr unternehmen darf. Im Spielaufbau bildet der VfB mithin oft eine Dreierkette. Der Sechserraum davor wird von nur einem Spieler bearbeitet, wobei Insua sich manchmal noch mit einschaltet. Der Sechser bildet mit den spielstarken Innenverteidigern ein anpassungsfähiges Dreieck, das den Ball sicher in der ersten Linie laufen lassen soll. Davor agieren quasi fünf Stürmer in einer klar abgesteckten Raumaufteilung und definierten Ablaufmustern.<br />
<br />
<div class="postbreite">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://3.bp.blogspot.com/-zQjwPobgO1I/WLB0euga1aI/AAAAAAAABCo/CmOIK4eRyFAtnyoGYddgUkFrTE7hfRdxwCLcB/s1600/sys_raumaufteilung.png" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" height="273" src="https://3.bp.blogspot.com/-zQjwPobgO1I/WLB0euga1aI/AAAAAAAABCo/CmOIK4eRyFAtnyoGYddgUkFrTE7hfRdxwCLcB/s1600/sys_raumaufteilung.png" width="400" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Typische Aufbausituation mit ungefähren Wirkungsradien der Spieler.</td></tr>
</tbody></table>
</div>
<h4>
<br />
<span style="font-weight: normal;">Eine Frage, die ich mir gestellt hab (/immer noch stelle), um dieses System zu kapieren, ist folgende:</span><br />
</h4>
<h4>
</h4>
<br />
<h4>
Kaum Mittelfeldpräsenz - wird man da nicht ständig ausgekontert?</h4>
<br />
Ich denke der Clou ist, dass man nach Ballverlust immer vier Spieler hinter dem Ball hat. Und zwar wirklich immer. Dadurch dass die Grundräume so klar aufgeteilt sind, kommt es kaum vor, dass Raum hinter den Außenverteidigern aufgeht oder dass der Sechser den Sechserraum nicht besetzt hält. Das vereinfacht die Rollen allgemein und speziell die Absicherung enorm. Würde zum Beispiel Gentner noch zurückfallen, ein Flügelspieler einrücken oder ein Außenverteidiger aufrücken, müssten diese Bewegungen erstmal balanciert werden und das schafft Raum für Missverständnisse, bedeutet im schlechten Fall Formationslöcher und verringert den Zugriff nach Ballverlust.<br />
<br />
Dazu kommt, dass die meisten Zweitligisten (eine Ausnahme sind sicher Bernd Hollerbachs Würzburger) richtig kacke darin sind, Räume im Zentrum dynamisch auszunutzen.** Selbst eine Mannschaft wie Heidenheim, die sehr vertikal spielt und ausgezeichnete Kontermechanismen abspult schmeißt eigentlich vielversprechende Ausgangslagen mit unambitionierten Querpässen weg, wenn der direkte Ball in die Spitze nicht möglich ist. Dadurch muss der VfB die Räume um den Sechser herum gar nicht zukriegen. Es reicht wenn die vier bis fünf Absicherer den Angriff verzögern und den Achtern und Flügelspielern Zeit zum Rückwärtspressing verschaffen.<br />
<br />
Außerdem fokussiert sich der VfB selbst eher auf die Flügel, wenngleich nicht mehr so extrem wie in vielen Phasen unter Luhukay und Wolf in der Hinrunde. Findet man keinen Weg nach vorne, kommt auch mal ein billiger Pass die Linie entlang auf den breiten Flügel oder den rausrochierenden Achter. Gelegentlich murmelt man sich so über Einwürfe nach vorn und kann dem Pressing des Gegners Momentum wegnehmen. Die individuelle Klasse sorgt dafür, dass der VfB auch in engen Situationen den Ball nicht verliert. Deswegen spielen außen auch versierte Dribbler und keine verkappten Stürmer wie Asano mehr.<br />
<br />
<h4>
Was kann man dagegen tun?</h4>
<br />
<a href="https://twitter.com/vfbtaktisch/status/827142150357938176">Fünferkette spielen.</a>*** Oder sich was anderes Schlaues überlegen. Eine Erkenntnis der letzten Spiele ist, dass es eine Menge Aufwand benötigt, die Innenverteidiger und den Sechser mit nur zwei Spielern zu kontrollieren. Erst recht wenn sich der Sechser so präzise in den Schnittstellen positioniert wie <a href="http://www.vfbtaktisch.de/2016/07/neuzugang-anto-grgic.html">Anto Grgic</a>. Sandhausen hat das mit einem guten 4-2-3-1-Pressing hingekriegt. Ansonsten müsste man einen weiteren Spieler dazunehmen, läuft dann aber Gefahr gegen die Stürmer in Unterzahl zu geraten.<br />
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Eine weitere Möglichkeit: Angriffspressing. Das hat Heidenheim 45 Minuten lang gut hinbekommen und ihnen zu irren 24 Abschlüssen in einer Halbzeit verholfen. Vielleicht neigt man (und ich geh da einfach mal von der Art meiner eigenen Überlegungen aus) dazu, sich gegen offensivpräsente Gegner zu sehr darauf zu konzentrieren, wie man die Offensivpräsenz mit möglichst viel (natürlich geschickt platzierter) Defensivpräsenz kontert, anstatt einfach zu versuchen, den Gegner nicht nach vorne kommen zu lassen und vielleicht die eine oder andere theoretische Instabilität in der letzten Linie zu riskieren.<br />
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Ansonsten helfen natürlich, siehe oben, gute Konter und ein paar Schnatterers im Team zu haben. Generell dynamische, dribbelstarke, diagonale Spieler die den Ball durchs Mittelfeld treiben können. Gute Weiterleitungen. Auch hochwertiges Ballbesitzspiel könnte klappen. Das Pressing des VfB hat bislang noch keiner so richtig konsequent geprüft. Vor diesem Hintergrund tippe ich darauf, dass die Stolpersteine der Hinrunde auch in der Rückrunde wieder die schwierigsten Spiele werden. Bochum, Würzburg, Dresden, wie gesehen Heidenheim, Aue (natürlich nur, wenn wieder die coolen Jungs ran dürfen). Ach, und Braunschweig kann ja Fünferkette. Das Spiel ist schon nächste Woche...<br />
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* Freak-Ausnahmen: Das 4:0 gegen Fürth unter Wolf, das eine 0:0 gegen Mainz unter Kramny und die verrückte Veh-Phase mit 4-3-2-1 und so Zeugs. Was übrigens zeigt, dass es ohne riesen Aufwand auch anders gehen würde.<br />
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** Das wirft bei mir übrigens die Frage auf, ob "Kontermannschaften" nicht gerne mal mit Teams verwechselt werden, die intensiv pressen und Leute haben, die schnell rennen können.<br />
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*** Tatsächlich hat Düsseldorf dann so unintensives, mannorientiertes 4-2-3-1-Gedöns mit "halber Fünferkette" gespielt und wurde völlig dominiert.JBhttp://www.blogger.com/profile/16705368457050570901noreply@blogger.com0