Sonntag, 14. Dezember 2014

15. Spieltag: 1. FSV Mainz 05 - VfB Stuttgart 1:1

Der VfB erreicht neue Tiefen im Ballbesitzspiel und erringt einen glücklichen Punkt gegen auf Stabilität bedachte Mainzer.

Flexibler im 4-1-3-2 gegen unfokussierte Mainzer


VfB im 4-1-3-2/4-4-2
Stevens stellte seine Mannschaft wieder einmal um und begann mit einer ungewöhnlichen, breiten 4-1-3-2-Formation. Auf den Flügeln spielten die eigentlichen Außenverteidiger Hlousek und Klein, während Gentner die meiste Zeit etwas versetzt vor Romeu spielte, der als einziger Sechser vor wichtige und durchaus komplizierte  Defensivaufgaben gestellt wurde.

Gegen den Ball spielte der VfB mit den üblichen  Mannorientierungen, interpretierte diese aber ein bisschen freier als beispielsweise gegen Schalke. Klein und Hlousek klebten zum Beispiel nicht durchgängig an Brosinski und Diaz, sondern konnten vereinzelt mal ballfern einrücken oder auf die Innenverteidiger durchziehen und den Gegenspieler im Deckungsschatten verschlucken. Klein war dabei ein bisschen anpassungsfähiger als Hlousek, der dann doch meist mit dem hochschiebenden Brosinski mitging. Trotzdem war auch die Orientierung des Österreichers nicht ideal und er ließ Diaz manchmal zu offen.

Im Mittelfeld spielten Romeu und Gentner meist mannorientiert auf Malli und Park, beide gingen aber auch in raumtreuere Positionierungen über, wenn es sich anbot. Diese Konstruktion war allerdings nicht besonders stabil, so stand Gentner teilweise in völlig ungefährlichen Räumen herum, während Romeu gerade mannorientiert weggezogen wurde. In anderen Situationen spielte er dann zu statisch gegen Park und vernachlässigte seine absichernden Aufgaben. Dadurch entstanden teilweise große Räume im Mittelfeld, die der VfB nur teilweise durch Rückwärtspressing und vereinzelt gute isolierende Staffelungen der beiden Sechser noch kontrollieren konnte.

Dass diese Anfälligkeit im Mittelfeld nicht durch weitere Gegentore dokumentiert wurde, hatte auch mit der Ausrichtung von Hjulmands Mannschaft zu tun. Der dänische Coach, der im Vorfeld der Partie mehrfach vor den Stuttgarter Kontern gewarnt hatte, ließ das Spiel mit einem eher vorsichtigen Ballbesitzspiel angehen. Die Außenverteidiger, besonders Diaz, blieben recht tief und schoben allenfalls auf mittlere Höhe, während Geis zwischen die Innenverteidiger abkippte und Park die Achterräume besetzte. Mit dieser tiefen Präsenz waren sie über das gesamte Spiel gut gegen Konter abgesichert, mussten aber auch gewisse Negativeffekte in Kauf nehmen.

Die tiefe Rolle von Diaz in der ersten Aufbauphase sorgte zum Beispiel dafür, dass Klein nicht nach hinten gedrängt wurde und in Zugriffsdistanz auf Mainz' Aufbauspiel bleiben konnte. Das vereinfachte die Bewegungen der beiden Stuttgarter Spitzen, die damit nicht ganz so leicht über die Seiten ausgespielt werden konnten. Dennoch gab es auf der anderen Seite mit dem tieferen Hlousek die recht simple Möglichkeit, mit Vorstößen von Bell zu arbeiten. Problematisch war in diesem Kontext, dass Mainz manchmal einfach zu früh nach vorne spielte; besonders Geis machte strategische Fehler und spielte verfrühte lange Bälle auf isolierte oder gedeckte Spieler.

Ein weiteres Problem war, dass die Mittelfeldpräsenz durch Geis' Abkippen ziemlich dünn war. Malli und Park konnten somit recht unkompliziert von Romeu und Gentner aufgenommen werden, ohne dass die beiden allzu große Gefahr in ihrem Rücken befürchten mussten. Bewegungen der Offensivspieler in die Halbräume wurden dann meist aggressiv von Schwaab oder Niedermeier aufgenommen. Letzterer verfolgte meistens Okazaki, wenn dieser sich rechts etwas abzusetzen versuchte. Gefährliche Aktionen entstanden dann beispielsweise, wenn der Japaner den Ball direkt in die letzte Linie weiterleiten konnte, oder man mit Malli die Abwehrkette des VfB direkt überladen konnte. Diese Aktionen mussten jedoch meistens in Unterzahl ausgespielt werden und litten außerdem unter der Inkonsequenz der Mainzer Offensive, die es verpasste, die Lücken im Zentrum richtig auszunutzen.

Der VfB verweigert das Fußballspielen


Während Mainz in Ballbesitz also einen kontrollierten Offensivansatz fuhr, hatte der VfB eigentlich überhaupt keinen. Meist wurde früh der lange Ball gespielt, auf den die Offensivreihe zumindest noch recht eng und kompakt stand. Sobald der Ball allerdings im Mittelfeld gesichert wurde, stellte der VfB aberwitzige Staffelungen ohne Zehnerraumpräsenz her und produzierte ineffektiven und schlecht abgesicherten Flügelmüll.

Klassiker: Diese Offensivstaffelung aus der Hölle führt nicht nur dazu, dass Romeu keine sinnvolle Anspielstation hat, sondern bietet Mainz auch noch einen riesigen Konterraum (rot).

Viel mehr gibt es zur Offensivleistung des VfB in der ersten Hälfte eigentlich nicht zu sagen. Mainz verhinderte Konter, der VfB verhinderte Ballbesitzangriffe. Das Resultat war ein einziger Torversuch in 45 Minuten.

Zumindest hatte man durch Mainz' Ballbesitzhoheit nicht so oft die Möglichkeit, sich auskontern zu lassen. Außerdem war die Absicherung zwar strukturell Mist, aber numerisch akzeptabel, da die Außenverteidiger sehr vorsichtig aufrückten - besonders Schwaab hielt sich natürlich zurück, aber auch Sakai achtete darauf, nicht von Jairo überholt zu werden. Die Konter der Rheinhessen mussten daher meistens in Unterzahl zu Ende gespielt werden und führten zu wenig klaren Abschlüssen.

Die erste Hälfte war dementsprechend von vielen solcher Unterzahlangriffe beiderseits geprägt. Mainz erzielte 10 Minuten vor der Pause schließlich ein Quantitätstor und ging damit verdient in Führung.

Zweite Halbzeit


An den grundsätzlichen Problemen beider Teams änderte sich nach der Pause nicht viel. Der VfB versuchte aber nach und nach ein bisschen mitzuspielen und schaffte es tatsächlich, das Mainzer Pressing besser aufzulösen. Vor allem Schwaab, aber auch mal Sakai oder Baumgartl lösten sich mit kleinen Dribblings von den anlaufenden Gegenspielern und konnten den Ball danach sinnvoll ins Mittelfeld befördern. Schwaab nahm darüber hinaus mehr Einfluss aufs Spiel und verlieh seiner Mannschaft zumindest ein bisschen Konstruktivität. Aus einem tollen Vorstoß von ihm und anschließendem Initialpass entsprang auch einer der seltenen ernst zu nehmenden Stuttgarter Spielzüge, als man in der 51. Minute mit einer simplen Rochade das komplette Mainzer Mittelfeld überwinden und Ginczek freispielen konnte. Derartige, tatsächlich sinnvolle Angriffe blieben aber auch nach der Pause die Ausnahme.

In der 57. Minute stellte Stevens noch einmal offensiv um und ersetzte Romeu durch Maxim, der die Gentner-Position übernahm, während der Kapitän auf die alleinige Sechs rutschte. Diese Konstellation war in der Folge genauso instabil, wie man es vermuten würde, auch wenn die Außenverteidiger nach wie vor tief blieben und zusammen mit den Innenverteidigern viele Gleichzahlsituationen noch bereinigen konnten. Der offensive Effekt war dafür im Grunde marginal. Der ausweichende und für seine Verhältnisse eher tief spielende Maxim diente nicht als gestaltende Option im Zentrum, sondern als simple Zwischenstation auf dem Weg zur nächsten nutzlosen Flanke.

Zumindest prägender war da schon die Einwechslung von Filip Kostic nach 69 Minuten. Die Offensivreihe der 05er wirkte zu diesem Zeitpunkt etwas aufgerieben und arbeitete nicht mehr konsequent mit zurück. Das öffnete Lücken vor der Doppelsechs, in die der Serbe von rechts kommend hineindribbeln konnte. Nicht dass der VfB aus diesen Szenen irgendetwas sinnvolles gemacht hätte, aber zumindest sahen die Distanzschüsse ein bisschen so aus wie Torgefahr und man konnte noch was für die Schussstatistik tun. Achja, und irgendwann fiel noch ein Gurkentor, das mit dem Spiel nicht wirklich was zu tun hatte.

Zusammenfassung


Wieder durfte der VfB nicht kontern, wieder enttäsuchte das Ballbesitzspiel auf ganzer Linie. Dass man für diese Vorstellung noch mit einem Punkt belohnt wurde, ist eigentlich absurd. Hjulmands Fokus auf Stabilität und Kontrolle ging dagegen ordentlich auf, litt aber an ein paar Unfokussiertheiten und strategischen Schwächen im Aufbau- und Angriffsspiel, sowie natürlich an den vielen Unterzahlsituationen. So kamen die Mainzer über 90 Minuten zwar zu satten 22 Schüssen (9 aufs Tor), aber hatten dennoch nur wenige klare Chancen.

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