Dienstag, 26. August 2014

1. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - VfB Stuttgart 1:1

Die Roten zeigen sich bei Vehs Bundesligacomeback verbessert, aber ringen nach wie vor um Stabilität. Favres Borussia gammelt sich durch Halbzeit eins und offenbart ihr wahres Potential erst nach der Pause.

Eindimensionale Anfangsphase


Startformationen
Beide Mannschaften bauten auf eine ähnliche Grundausrichtung im Defensivspiel. Im 4-4-2 des VfB verschoben die Pressingspitzen Didavi und Ibisevic recht passiv hin und her und kümmerten sich in erster Linie um die gegnerischen Sechser, die in zweiter Instanz auch einige Male von ihren Stuttgarter Pendants übernommen wurden. Bei den Gastgebern sah es ganz ähnlich aus, auch sie fokussierten sich in erster Linie auf ihre defensive Kompaktheit, allerdings verschoben die beiden Stürmer wesentlich intensiver auf die seitlichen Aufbauspieler und versuchten damit, den Stuttgartern das Vorwärtsspiel über die Flügel aufzuzwingen.

Im Spielaufbau fokussierte sich der VfB auf die linke Seite, entweder kippte hier Gentner heraus und verteilte das Leder, oder Rüdiger schob ein wenig auf die Seite und setzte zu seinen typischen Vorstößen mit Ball an. Auch ergaben sich hier ein paar Freiheiten für Sakai, da Hahn manchmal etwas übertrieben einrückte und die Borussia auf den Flügeln ohnehin ein wenig Raum ließ. Problematisch in dieser Aufbaustruktur war jedoch, dass der VfB nicht immer konsequent auffächerte und Gladbachs Stürmer damit recht einfach den Passweg ins Zentrum abschneiden konnten. Es schien allerdings so, dass diese Route im Aufbauspiel ohnehin nicht vorgesehen war. Stattdessen versuchten sie über links entweder direkte lange Pässe hinter die letzte Linie anzubringen, leiteten vereinzelt druckvolle Schnellkombinationen über die Flügel ein, oder verlagerten mit weiten Diagonalbällen auf die andere Seite, oft sogar direkt in den Strafraum hinein. Dieser Vorgehensweise entsprechend war auch die Offensivformation sehr stark an Gladbachs Abwehrkette orientiert und recht breit und vertikal ungestaffelt angelegt.

Gladbach pflegte ähnlich wie der VfB in diesem Spiel einen ruhigen Aufbaurhythmus und war dabei noch ein wenig geduldiger. Stranzl und Jantschke wurden dabei vom präsenten Xhaka unterstützt, während Raffael sich meist zwischen den Linien tummelte und vereinzelt zurückfiel. Davor spielten die beiden Neuzugänge auf den Flügeln sehr breit und beschränkten sich auf Läufe in die Tiefe. Gladbach versuchte zu Beginn des Spiels recht simpel diese Läufe mit dem ausweichenden Hrgota zu kombinieren und mit langen Bällen zu bedienen, was gegen die aufmerksamen Sakai und Klein nicht funktionierte. Somit ergab sich zu Anfang von beiden Mannschaften ein recht simples, ambitionsloses Abtasten ohne Torgefahr.

Frühe Umstellungen


Beide Teams passten ihre Vorgehensweise deshalb früh an: Beim VfB rückte Maxim etwa ab der 20. Minute weiter ein und erhöhte die Präsenz in der Mitte. Das verbesserte die Offensivkompaktheit und sicherte die Stuttgarter besser ab, die kurz zuvor fast die Quittung für ihre sehr hohe und etwas flache Angriffsstaffelung bekommen hätten (siehe Grafik). Grundsätzlich war dies aber kein so großes Problem, wie noch gegen Bochum, da die Stuttgarter zumindest konsequenter defensiv umschalteten und Gentner öfter ein wenig tiefer spielte und von dort aus besser nachpressen konnte. Durch Maxims mittigere Präsenz ergaben sich ein paar wenige Kombinationsansätze im Zentrum, die allerdings wie so häufig nicht in den Strafraum getragen werden konnten. Der offensive Effekt seines zunehmenden Einrückens war zunächst ohnehin nicht überwältigend, da der VfB den Fokus auf einfaches Überbrücken der Gladbacher Formation weitgehend beibehielt und nur einzelne Aktionen durch die Mitte probierte.

20. Minute: Szene in Anschluss an einen VfB-Angriff, nachdem Jantschke den Ball aus dem Sechzehner geköpft hatte. Man beachte vor allem die hohen Außenverteidiger, Schwaabs unnötiges Herausrücken ins Kopfballduell und den breiten Maxim, der keinen Zugriff auf den blau markierten Raum hat. Schwaab kann den Konter am eigenen Sechzehner mit Ach und Krach noch entschärfen.

Die Gladbacher rückten von ihrer uninspirierten Taktik ebenso schnell ab und versuchten nun vermehrt, Spielmacher Raffael im Zehnerraum freizuspielen. Vereinzelt konnten die Fohlen ihre Sechser freibekommen und Romeu oder Gentner zum Herausrücken zwingen, sodass der Brasilianer gefunden werden konnte. Das gelang ihnen jedoch deutlich zu selten; Romeu und Gentner bewegten sich sehr aktiv durch den gegnerischen Zehnerraum, übernahmen Mannorientierungen und positionierten sich bewusst in gegnerische Passwege. Der Kapitän war dabei naturgemäß etwas unkonstanter als sein Nebenmann und ließ auch ab und zu mal eine Lücke offen, hatte aber dennoch einige starke Szenen beim Abfangen von Bällen. Wichtig war zudem, dass die Beiden ballnah sehr engagiert auf die Flügel mitverschoben. Dort hätte Gladbach einige Male versuchen können, sich zu dritt durchzukombinieren, aber wegen den unterstützenden Gentner und Romeu ergaben sich dafür kaum aussichtsreiche Situationen. Insgesamt konnten die Stuttgarter mit dieser Ausrichtung das Spiel der Gastgeber über weite Strecken der ersten Hälfte lahmlegen und insbesondere Raffael aus dem Spiel nehmen. Auf der anderen Seite müssen sich Stranzl & Co. aber auch vorwerfen lassen, nicht immer den richtigen Moment für das Anspiel in die Mitte gewählt zu haben.

Zweite Halbzeit


Nach dem 1:0, das im Anschluss an eine Rechtsüberladung mit Didavi, Maxim und Gentner gefallen war, war Favres Elf gefordert. Bereits zuvor schien es, als hätte der Schweizer seinem Team in der Kabine die richtigen Anweisungen mit auf den Weg gegeben. Zum einen wich Raffael nun ein wenig mehr nach rechts aus und Korb ging weiter nach vorne. Dadurch konnte der in der ersten Halbzeit kaum eingebundene Hahn etwas einrücken und kam zu ein paar mehr Szenen. Einmal konnte er so zum Beispiel in den Rücken des herausrückenden Rüdiger starten. Wichtiger war allerdings eine zweite Veränderung: Die Fohlen konzentrierten sich im Aufbauspiel nun viel mehr auf Xhaka und Nordtveit und nutzten damit die Nachteile der Stuttgarter Ausrichtung und deren nachlassende Qualität in der Ausführung. Zum einen war da der offene ballnahe Halbraum, der durch das extreme Verschieben des dafür verantwortlichen Sechsers auf die Seite entstand und von Gladbach in der ersten Halbzeit nur andeutungsweise ausgenutzt wurde. Mit Pässen über die meist nicht direkt unter Druck gesetzten Außenverteidiger und Außenstürmer konnten sie hier die nun konstanter auf den Seiten unterstützenden Sechser bedienen und so aufrücken oder das Spiel direkt nach vorne tragen. Auf der anderen Seite ließ die Stuttgarter Doppelspitze an Intensität und Aufmerksamkeit nach, zeigte kaum effektive Wechselbewegungen und ließ somit vermehrt Bereiche neben und hinter sich unbewacht, aus denen die Gastgeber frei aufbauen konnten. Auch das Herausrücken der VfB-Sechser klappte nicht mehr ganz so griffig und konstant wie über weite Phasen der ersten Halbzeit.

Was zunächst für etwas Oberwasser der Fohlen sorgte war in der Schlussphase Nährboden für klare Dominanz gegen müde (und/oder unsicher?) werdende Stuttgarter. Favre brachte später Hazard, der viel nach außen rochierte und ein paar gute Läufe an der letzten Linie zeigte, sowie Johnson und Weltmeister Kramer, der von der Sechs aus noch einmal Akzente setzte und später das Tor schoss. Veh reagierte ebenfalls und brachte Gruezo für Didavi, der fortan mit Romeu die Doppelsechs bildete. Der VfB konnte jedoch auch mit Gentner in der ersten Pressinglinie keinen Druck mehr erzeugen und ließ sich zu diesem Zeitpunkt bereits viel zu weit hinten reindrängen (Gladbach bekam im Vergleich zur ersten Hälfte locker 10-15 Meter geschenkt, und gegen Ende entstand sogar mal eine Sechserkette mit den Mittelfeldaußen. Achja, war ja beim 1:1).

Fazit


Der VfB kann mit einer guten Defensivausrichtung 45 Minuten lang Paroli bieten, findet dann aber auf fokussiertere Gladbacher keine Antwort mehr. Offensiv ist die Leistung schwierig zu bewerten, da die offensivpräsente Ausrichtung vermutlich eine Anpassung an Favres recht raumtreues 4-4-2 war und wohl zukünftig weniger extrem gespielt werden wird. Dennoch müssen die Staffelungen auch in diesem Fall besser bedient und die spielerischen Ansätze weiter kultiviert werden. Man darf gespannt sein, wie gut Veh und seinem Team das gelingt.

Die Borussen zeigen in diesem Spiel sowohl wie gut, als auch wie schlecht die Einbindung ihrer neuen Flügelzange klappen kann. Ziel muss es sein, ins Mittelfeld zu kommen und von dort aus die Läufe enger und diagonaler einzubinden. Die Anpassungen zur zweiten Hälfte machen in dieser Hinsicht Hoffnung, dass das gelingen wird.

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