Sonntag, 22. März 2015

26. Spieltag: VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt 3:1

Das Duell zwischen zwei relativ instabilen Mannschaften gewinnt der VfB nicht durch seinen ursprünglich angedachten Fokus auf zweite Bälle, sondern indem er einfach mal anfängt Fußball zu spielen.

Formationen


Die Eintracht trat im Gegensatz zum Hinspiel nicht mit einer Dreierkette, sondern mit der üblichen breiten Raute an. Aus dieser heraus bildeten sie sehr breite Staffelungen, die sie mit guten, weiträumig angelegten Mechanismen füllten. Sehr oft versuchten sie bewusst, sich gegenseitig Raum zu öffnen und so zum Beispiel Aigner hinter der Abwehr oder den sehr guten Stendera in den Halbzonen frei zu bekommen. Grundsätzlich eine passende Anlage also um mal ein paar Mannorientierungen auseinander zu nehmen.

Der VfB spielte das gleiche System, wie in den letzten Wochen, nur kamen der zuvor gesperrte Harnik sowie Baumgartl für Kostic und Schwaab zurück in die Startelf. Die Herangehensweise blieb die selbe - hohes Pressing, riskant weites Verschieben auf die Flügel und anschließende Ballgewinne zum Kontern.

Dominanz durch zweite Bälle, sonst Mist


Im Spielaufbau weigerte sich der VfB, konstruktive Mittel gegen Frankfurts ebenso hohes Pressing zu suchen. Es gab praktisch keine Anbietbewegungen im Mittelfeld und auch ansonsten keine Bemühungen, dem Pressing des Gegners spielerisch etwas entgegenzusetzen - die gefühlt einzige Szene der ersten Hälfte, als der VfB in Person von Baumgartl mal zaghaft einen konstruktiven Pass anzusetzten versuchte, wurde sofort mit einem Konter bestraft. Stattdessen schlug der VfB viele lange Bälle und konzentrierte sich auf die folgenden Staffelungen.

Im Vergleich zu vorherigen Partien positionierten sich die Flügelspieler und Maxim dazu etwas höher hinter Zielspieler Ginczek, der optimalerweise den Ball direkt in die offenen Räume neben Frankfurts einzigem Sechser Hasebe ablegen sollte. Gelang das nicht, rückte der nahe Außenverteidiger zusammen mit den Sechsern nach. Auf diese Weise kam der VfB sowohl numerisch als auch physisch gerade auf der linken Seite mit Ginczek und Gentner zu deutlichen Vorteilen. Durch den Fokus auf diese Zone mied man außerdem den robusten Alex Meier. Aus solchen Szenen, wo Maxim neben Hasebe Freiräume bekam und Harnik ansatzweise in die Tiefe schicken konnte entstanden ein paar ganz vernünftige Ansätze.

Allerdings (wer regelmäßig Stuttgart-Spiele schaut und/oder diesen Blog liest, weiß was jetzt kommt) war der VfB mal wieder herausragend stark darin, die relevanten (und darüber hinaus weit offenen) Räume im Zentrum vollkommen zu ignorieren und sich stattdessen ambitionslos Richtung Eckfahne zu murmeln. Das ist zwar kein neues Problem, aber so beschissen wie in dieser ersten Halbzeit war es, glaube ich, schon lange nicht mehr. Mickrige zwei Torschüsse in 45 Minuten (beide aus der Distanz und weit neben das Tor) dokumentieren diese Schwäche sehr passend.

Erschwerend kam hinzu, dass Harnik wegen Kleins absichernder diagonaler Rolle oft die Breite geben musste und dementsprechend zu weit weg vom Tor war, um seine Läufe einzubringen. Häufig zog er dann von dort aus wiederum recht früh in die Mitte. Beides wurde nicht als raumöffnende Bewegung verstanden, sondern zu unmittelbar bespielt (an dieser Stelle ein Lob an Harnik: Auch wenn er eine schwierige Rolle ausfüllen musste und entsprechend ein bisschen unglücklich spielte - man merkte bei jeder Aktion von ihm, dass er verstanden hat, was beim VfB falsch läuft und wie man dagegen ansteuern muss.).

Darüber hinaus gab es die üblichen Löcher in den Halbzonen, die zwischen dem aufrückenden Gentner und dem diesmal wieder sehr weit ausweichenden Maxim klafften und von niemandem angegangen wurden. In höheren Bereich rückten die Stuttgarter dann auch noch zu gleichförmig in den Sechzehner und machten damit Verbindungen vom Flügel zurück ins Zentrum vollends zunichte.

Frankfurts Verlagerungsstrategie


Weil der VfB aber zumindest nach zweiten Bällen gut formiert war, funktionierte ein entscheidender Aspekt bei der Eintracht nicht. Gegen den zuletzt nach Verlagerungen anfälligen VfB versuchten sie häufig Meier und Seferovic gleichzeitig auf die ballferne Seite zu schieben, um dann zusammen mit dem breit stehenden Flügelspieler Überzahlen zu schaffen. Frankfurt konnte damit aber nicht besonders viel anfangen, weil der VfB einfach die zweiten Bälle nicht hergab, Frankfurt musste dann zurückweichen und die Verlagerungsoptionen waren nicht mehr da.

Darüber hinaus hatten sie, ähnlich wie der VfB, Probleme im Aufbauspiel. Dabei agierten sie wenigstens einen Tick ambitionierter als die Gastgeber, mussten gegen das hohe Stuttgarter Anlaufen aber doch meistens den langen Schlag wählen. Weil sie gegen die riskant verschiebende Stuttgarter Formation auch kaum einmal den Ball sichern konnten, kamen sie fast nie zu einer hohen Zirkulation, aus der heraus sie mal die Stuttgarter Mannorientierungen hätten offenlegen können. Nur vereinzelt konnten sie so mal ihre gut einstudierten Mechanismen zeigen und sich seitlich nach vorn kombinieren. Der Rest ihrer Torgefahr speiste sich vor allem aus gelegentlichen Kontern:

Preisfrage: Was unterscheidet den VfB von einer guten Kontermannschaft? Der VfB würde in 9 von 10 Fällen den vorhersehbaren Pass auf den Rechtsaußen spielen. Inklusive nutzloser Eckfahnenflanke im Anschluss.

Einfach mal Fußball spielen


Das Bild der ersten Halbzeit mit dem weitgehend ungeduldigen Hin-und-Her setzte sich auch nach der Pause fort. Die Eintracht kam mit der Zeit einen Tick besser nach vorn und markierte aus einer der seltenen Situationen, wo sie mal die Möglichkeit bekamen, die Mannorientierungen des Gegners zu bespielen, das Führungstor.

Vor dem 0:1 - die gute alte Manndeckung (kein Witz, ist genau so passiert). Toller Lochpass übrigens vorher von Hasebe, kluge Positionierung von Oczipka und gute wegziehende Bewegungen von Stendera und Inui. Dadurch kriegt Oczipka ein irrwitziges 1-gegen-1 mit Die und entscheidet es für sich.

Mit der anschließenden Auswechslung von Die für Romeu verschärfte sich das noch ein wenig, da der Spanier ein bisschen weniger brachial antizipiert und etwas absichernder spielt - dadurch kam Frankfurt etwas mehr ins Aufrücken. Auf der anderen Seite hatte der VfB jetzt einen Sechser, der sich im Spielaufbau beteiligte. Durch seine zuverlässige Positionierung und enorme Ballsicherheit gab er dem Stuttgarter Aufbauspiel und insbesondere den Innenverteidigern mehr Sicherheit.

Da die Eintracht inzwischen auch ein lascheres Zugriffsverhalten an den Tag legte (was besonders wegen der ohnehin nicht besonders gegenpressingfreundlichen, weil sehr breiten Angriffsstruktur ein Problem war) bekam der VfB mehr Platz zum Spielen - und er spielte. Beim 1:1 übte Frankfurt nach einem Einwurf keinen Druck auf Baumgartl aus und Maxim konnte dessen Pass anschließend gegen die schlecht abgestimmte SGE-Innenverteidigung direkt in den ideal angesetzten Lauf von Harnik weiterspielen. Ein paar Minuten später beschloss der VfB, sich spielerisch aus dem suboptimalen Frankfurter Gegenpressing zu lösen und konterte gegen den allein gelassenen Hasebe durch den Sechserraum. Einen überragenden Pass von Maxim später war das Spiel gedreht.

Im Anschluss zog sich der VfB ein Stück zurück und überließ den Frankfurtern das Feld. Diese zeigten sich nun durchaus bemüht, aus dem Spielaufbau heraus etwas entgegenzusetzen, aber kamen nicht wirklich nach vorne. Stendera ließ sich nun etwas nach rechts fallen, sodass dafür teilweise sogar Hasebe ein bisschen aufrückte. Dadurch wurde Gentner herausgezogen und das Zentrum leicht geöffnet. Allerdings rückte der VfB gut nach und besonders Maxim überzeugte gegen den Ball in einer tiefen mannorientierten Grundposition gegen Hasebe, von wo aus er isolierend auf die linke Seite verschob. Frankfurt reagierte darauf zu inkonsequent und spielte unsinnig linear über rechts, anstatt in die Lücke hinter Maxim zu verlagern. Die Bemühungen der Hessen waren dadurch zur Ineffektivität verurteilt und der VfB legte sogar noch das dritte Tor nach - ein Konter, bei dem er eingewechselte Kostic einfach an Chandler vorbeirannte und Madlung und Zambrano dann zum zweiten Mal den gleichen Spieler decken wollten.

Fazit


So schön es auch ist, mal wieder die Bro Hymn aus den Stadionlautsprechern zu hören und sich über herausgespielte Tore freuen zu können - um von einem Befreiungsschlag zu reden, war die erste Halbzeit und der ganze Unterbau der Offensivbemühungen viel zu schlecht. Um allzu überschwänglich auf kommende Aufgaben vorauszublicken war auch Frankfurt ein zu spezieller Gegner. Dennoch ist es positiv, dass die eigentlich sehr gefährlichen Charakteristiken der Eintracht nur phasenweise zum Tragen kamen. Wenn der VfB dann in den kommenden Wochen wieder mal Lust auf Fußball hat, könnte es sogar noch was werden mit dem Klassenerhalt.

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