Sonntag, 27. September 2015

Rückblick auf die Englische Woche

Erste Punkte, weitere Pleiten und taktisch war auch ein bisschen was los. Die vergangenen drei Spiele in der Übersicht.

VfB Stuttgart – FC Schalke 04 0:1


Den Anfang macht die Partie gegen Schalke, die in einer angesichts der vielzitierten 26 Torschüsse sehr unglücklichen Niederlage endete.

Ein Schlüssel zu dieser Überlegenheit lag in der Schwäche von Schalkes Pressing. Die Knappen versuchten punktuell immer wieder hoch zu attackieren, hatten dabei aber keinen Zusammenhang zwischen Angriff und Mittelfeld. Das sah dann häufig so aus, dass ein, zwei Schalker isoliert versuchten, Druck zu machen, aber dahinter nicht richtig nachgeschoben wurde und der VfB vor allem dank der spielstarken Innenverteidigung problemlos hinter die erste Linie gelangen konnte. Zwar nutzt der VfB im Aufbau viele lange Bälle, aber deshalb zu denken, man müsse sich im Pressing nicht anstrengen, ist ein gefährlicher Trugschluss.

Im Anschluss an das so gesicherte Aufrücken war Schalke oft etwas unkompakt, da Goretzka noch etwas aufgerückt dastand und Sané das Zentrum kaum unterstützte. Die Halbräume neben Geis und dabei vor allem der aus Schalker Sicht rechte waren dementsprechend anfällig. Passenderweise konzentrierte der VfB seine Mechanismen eben auf diese Seite, wo Maxim hindriftete, Insua und Gentner aufrückten, Werner kombinativ bis gestaltend zurückfiel und Kostic als simple Anspielstation bereitstand. Auf diese Weise wurde Schalke immer wieder auseinandergespielt - entweder durch Maxims Schnittstellenpässe hinter die Abwehr oder Flanken von Kostic. Nur das Tor wollte, trotz klarer Chancen einfach nicht fallen.

Defensiv setzte Zorniger wieder auf das übliche 4-4-2, das durch Maxims Aufstellung allerdings eine sehr deutliche Asymmetrie in der Qualität der Defensivarbeit verpasst bekam. Der linke Flügel- und Halbbereich war durch die typischen Gentner- und Kostic-Fehler recht offen, während rechts etwas mehr Kompaktheit und Absicherung herrschte. Genau unpassend dazu war allerdings die Aufteilung von Schalkes Sechsern, Goretzka stieß halblinks vor und war dort leichter zu verteidigen, während auf der anderen Seite eher mit leichtem Einrücken von Sané gearbeitet wurde. Der junge Rechtsaußen konnte allerdings, selbst wenn er mal in einer Lücke den Ball erhielt, meist noch isoliert werden (wozu auch seine Mitspieler beitrugen). So richtig viel Kapital konnte Schalke dementsprechend nicht aus diesen Unsauberkeiten des Gegners schlagen.

Goretzka ist bei Maxim und Die in guten Händen. Gentner kann wiederum Geis pressen, bzw. in diesem Fall den etwas ungenauen Pass von Goretzka erlaufen. Auch zu sehen: Schalkes unverbundene Offensivstaffelung.

Demenstprechend blieb Königsblau offensiv auf ein paar Konter, seltene Halbraumangriffe und die eine oder andere Aktion nach langen Bällen, wo sie vereinzelt die ungewöhnlich passive Stuttgarter Viererkette bespielen konnten, beschränkt. Dabei profitierten sie das eine oder andere Mal von der gewohnt mutigen bis einfach nur schlechten Staffelung des VfB-Mittelfelds im Abwehrpressing.

Für das Siegtor brauchten die Schalker letztendlich ein wenig Glück, um sich im Gegenpressing zu lösen und konterten den weit aufgerückten Gastgeber aus. Dabei kam ihnen Breitenreiters Umstellung zu Gute, Meyer auf die Zehn zu schieben, der von dort aus die Vorlage für Sané gab. Davon abgesehen änderte diese Umstellung nicht viel an den grundsätzlichen Kräfteverhältnissen. Kurios übrigens in diesem Zusammenhang: Die Zahl der Torschüsse beider Teams war pro Halbzeit genau gleich, nämlich 13:5.

Hannover 96 – VfB Stuttgart 1:3


Einige Tage später traf der VfB gleich auf die nächste Mannschaft mit Problemen im Aufbau. Das Spiel nahm allerdings einen deutlich anderen Verlauf, nicht nur weil die Gäste am Ende als Sieger vom Platz gingen, sondern auch weil sie nicht ganz die Überlegenheit erreichten wie gegen Schalke und Hannover doch teilweise überraschend mithalten konnte.

Das lag nicht zuletzt an ihrer ungewöhnlichen Mischformation, die wohl am ehesten als 4-3-2-1 zu beschreiben ist. Im Pressing positionierte sich die offensive Dreierreihe versetzt vor dem eher zentrierten Mittelfeld, aus dem die Halbspieler wiederum vereinzelt weit ausbrachen. Die Formation war außerdem ihrem Mischcharakter entsprechend recht flexibel und verwandelte sich manchmal in eine Raute oder gar ein enges 4-2-3-1.

Insgesamt sah das Ganze allerdings eher unharmonisch und ziemlich wechselhaft aus, sodass sich eine große Spannweite zwischen Pressingerfolgen mit passendem Zugriff auf den Seiten und hoher Kompaktheit einerseits und andererseits auch absurden Lücken einstellte. So geschehen beispielsweise beim Stuttgarter Ausgleich als Sakai und Marcelo gleichzeitig in den vom Mittelfeld ungedeckten Raum auf der Seite mannorientiert herausgerückt waren und mit einem einfachen Pass überspielt werden konnten. Der VfB konnte solche Fehler aber nicht wirklich konstant provozieren, da sie gerade zu Beginn einen zu eindimensionalen Aufbaurhythmus anschlugen und häufig in die Kompaktheit des Gegners hineinliefen.

Offensiv versuchte 96 vor allem durch Überladungen auf den Flügeln, bevorzugt rechts, zum Erfolg zu kommen. Dazu pendelten Karaman und Kiyotake gemeinsam mit Sobiech weit auf die jeweilige Seite, wo sie von einem weit aufrückenden Außenverteidiger, dem ballnahen Achter und dem leicht ausweichenden Sané unterstützt wurden. Der ballferne Achter hielt sich derweil für Vorstöße bereits, was gut zum dynamischen Andreasen passte.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Gegnern des VfB arbeitete Hannover also nicht mit frühzeitigem Auffächern und der Suche nach der Verlagerung, sondern probierte über Kombinationen auf dem Flügel und Kompaktheit im Gegenpressing den Ball zu sichern und Konter des Gegners zu vermeiden. Das klappte zunächst auch ganz gut und deckte vor allem die enormen Unsauberkeiten des VfB auf dessen linker Seite auf, wo die Sechser und Kostic oft zu tief oder mit falscher Orientierung positioniert sind. Die Hausherren machten sich aber ihre gelegentlichen Ansätze meist mit übertriebener Hektik zunichte, indem sie zu eindimensional in den Strafraum nachrückten oder im Zusammenhang damit nach Verlagerungen nicht raumnutzend genug agierten, was dann auch die Präsenz im Gegenpressing ein wenig beschädigte.

Insgesamt war der VfB zwar durch sein überlegenes Pressing und seine Offensivkraft die bessere Mannschaft, kam aber aus den genannten Gründen nicht ganz so stark zur Geltung wie in anderen Spielen schon. Das änderte sich auch durch Frontzecks Umstellungen nicht entscheidend. Der Wechsel auf ein relativ enges 4-4-2 mit Kiyotake auf dem rechten Flügel reichte immer noch aus, um dort die eine oder andere Lücke zu finden, während die nach den Einwechslungen von Klaus und Saint-Maximin deutlich breiter interpretierte Formation zwar für tendenziell schwächere Gegenpressing-Staffelungen sorgte, aber zumindest numerisch durch tiefere Außenverteidiger noch einigermaßen abgesichert werden konnte. Für ein Tor reichte es bei Hannover aber so oder so nicht mehr.

VfB Stuttgart – Borussia Mönchengladbach 1:3


Gegen die interimsweise von André Schubert übernommenen Gladbacher setzte es kurz darauf die nächste Niederlage bei optischer Überlegenheit. Davon abgesehen gab es in dieser Partie ein paar mehr oder weniger gute taktische Anpassungen vor und im Spiel selbst.

Die normalerweise immer recht ähnlichen Pressingabläufe (isolierende Läufe der Stürmer nach außen und meist diagonales Nachschieben der ballfernen Spitze auf den Sechser, aggressives Nachrücken dahinter), wurden diesmal ein wenig verändert, wenn auch mehr schlecht als recht. So spielte Gentner noch deutlicher als sonst vertikal versetzt vor Die und übernahm einen Gladbacher Sechser. Außerdem gab es vom ansonsten recht simpel am Außenverteidiger orientierten Filip Kostic ein paar Mal Pressingläufe auf den Innenverteidiger zu sehen, was allerdings mannschaftlich nicht richtig unterstützt wurde und eher fehl am Platz wirkte. Zu den besseren Änderungen wiederum gehörten ein paar gute einengende Pressingläufe Didavis in Gladbachs Sechserraum hinein.

Die wegen der vertikalen Staffelung der Sechser tendenziell offenen Halbräume nutzte Gladbach mit flachen Eröffnungen der aufgefächerten Innenverteidger. Dort bot sich häufig eine der beweglichen, zurückfallenden Spitzen, oder auch ein leicht eingerückter Flügelspieler an. Gerade über links konnten sie auf diese Weise auch den gut spielenden Dahoud ein paar Mal in Szene setzen. Allerdings entwickelten sie das Spiel vom Flügel aus meist nicht mutig genug weiter und kamen nicht an die ganz wertvollen Räume im Zentrum heran.

Der VfB wiederum hatte zu Beginn mit ein paar Problemchen im Gegenpressing zu kämpfen, da sie ein wenig zu sehr auf den Strafraum fixiert waren und die Sechser gerade bei Kontern und Schnellangriffen relativ schlecht zum Ball standen (oft zu tief) und dementsprechend nach Ballverlusten keinen Zugriff entwickeln konnten. Wenn dann Didavi auch noch gerade nicht in Ballnähe war, fiel es der Borussia leicht, sich aus dem gegnerischen Druck zu befreien. Zusammen mit dem Fehlen von Ballgewinnen aus dem wechselhaften Pressing, sorgte das für eine eher ausgeglichene Anfangsphase, aus der Gladbach mit einer Zwei-Tore-Führung (ein Freistoß, ein Eigentor) herausging.

Gegen Ende der ersten Hälfe stellte Zorniger dann auf eine Raute um, was die vorherigen Probleme bei den Bewegungen von Kostic und Gentner ein wenig beseitigte. Aus der neuen Pressingformation heraus bildete der VfB nun ein paar gute isolierende Staffelungen gegen die Gladbacher Mittelfeldspieler, behielt aber zunächst seine vorherige Halbraum-Anfälligkeit wegen der aggressiven Besetzung der Achterpositionen bei. Im Laufe des Spiels bekam der VfB das aber durch den Deckungsschatten der nach außen schiebenden Spitzen und einzelne mannorientierte Rückfallbewegungen von Didavi immer besser in den Griff.

Die in der Folge zwar immer noch pressenden, aber in der letzten Linie deutlich weiter zurückfallenden und damit an vertikaler Kompaktheit einbüßenden Gladbacher wurden nach der Pause von einem immer offensiver werdenden VfB mit langen Bällen malträtiert (möglicherweise kam dieser Fokus daher, dass der VfB sich nach dem Wiederanpfiff in der ersten Aufbaureihe zwei, drei Fehlpässe ohne Druck leistete). Die Stuttgarter Offensivgewalt kam so noch einige Zeit lang zum Tragen und hätte auch noch locker ein, zwei Tore hervorbringen können. Wegen Pech, Hektik, bedrängten Abschlusspositionen oder einer wie auch immer gewichteten Mischung aus allem passierte das allerdings nicht und Gladbach entschied die Partie letztlich mit einem typischen Schlussphasenkonter.

1 Kommentar:

  1. Mittlerweile bin ich ob der Abschlussschwäche einfach nur sprachlos. Da hockt man hinten drin mit nur 3 Punkten, obwohl 9 mehr fast schon Pflicht wären. Die Mannschaft ist grad ordentlich dabei wieder mal nen Trainer zu verschleißen...

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