Schwaches Aufbauspiel gegen abwartendes Angriffspressing
In der ersten Halbzeit entwickelte sich zunächst ein etwas kontrollierteres Match als man es von Spielen gegen die Pressingmaschine Leverkusen gewohnt ist. Die Gäste gingen zwar weit vorne drauf, positionierten sich aber erst mal etwas abwartender und schoben dann in günstigen Szenen kollektiv nach und isolierten das Stuttgarter Spiel nach außen. Teilweise rückte dazu auch einer der Sechser auf den zurückfallenden Die, ohne aber dessen Bewegungen bis in die Abwehrreihe zu verfolgen.
Dadurch geriet der VfB immer wieder unter Druck, wurde zurückgedrängt und musste gelegentlich auch unkontrolliert eröffnen. Um Leverkusens Pressing strukturiert entgegenzuwirken, hätte man bessere Bewegungen im Spielaufbau gebraucht, aber hier enttäuschte der VfB, wie schon seit Wochen, auf ganzer Linie. Es war das übliche Bild: Serey Die fiel weit zurück, Gentner rückte auf, Rupp und Didavi füllten nicht oder nur halbherzig das Zentrum. Das Resultat: Viele Spieler hinter dem gegnerischen Mittelfeld aber kaum Präsenz im eigenen Sechserraum. Dadurch fällt die Last des Aufbauspiels vor allem auf individuelle Aktionen von Schwaab und Die, die mit Dribblings versuchen müssen, sich gegen den Pressingdruck zu behaupten und ohne Umwege die vorderen Ballungen anzuspielen. Wenn sie dabei Fehler machen, bedeutet das oft direkte Gegenangriffe durch das Loch im Zentrum.
Dieses Spiel demonstrierte die Instabilität dieser Taktik ganz gut: Normalerweise reichen die spielerischen Fähigkeiten von Die und Schwaab, um den Ball zumindest in sichere Zonen zu befördern und Konter zu vermeiden. Allerdings kam gerade Schwaab, was seine Pässe angeht, nicht so gut ins Spiel wie sonst. So fiel dem VfB sein schlecht strukturierter Aufbau schon in der elften Minute auf die Füße: Ein hohes Zuspiel von Schwaab gerät zu kurz, Die muss in den weit offenen Raum im Zentrum herausrücken um Druck zu machen, die Abwehr wird von Bayers Offensivreihe zurückgedrängt, Bellarabi bedient Brandt aus dem dadurch geöffneten Zwischenraum.
Riskant und erfolgreich gegen Kostic
Nach vorne kam der VfB eher, wenn er sich in offeneren Situationen mal aus dem hohen, aber manchmal etwas plump ausgeübten Druck des Gegners lösen konnten. Da das Spiel meist über die aus VfB-Sicht rechte Seite lief und Bellarabi außerdem aggressiver in die Spitze schob als Brandt, boten sich Verlagerungen auf die linke Seite an. Der wegen Verletzungsproblemen als Rechtsverteidiger aufgebotene Benjamin Henrichs verteidigte dort relativ unorthodox und sehr antizipativ. Anstatt an seinem Gegenspieler kleben zu bleiben und ihn ständig im Auge zu behalten, konzentrierte sich Henrichs eher darauf, die Passwege zu Kostic oder zum hinterlaufenden Insua zu schließen. Das war nicht ohne Risiko, klappte aber ganz gut und nahm der linken Stuttgarter Seite einiges an Gefährlichkeit.
Allerdings leistete sich der VfB auch ungewohnte technische Schwächen im Ausspielen dieser Szenen und versuchte außerdem zu eindimensional die Abläufe auf der linken Seite mit dem ausweichenden Didavi zu bedienen. Eine Flanke von der Seitenlinie ist eben nur eine Flanke von der Seitenlinie und in der Erfolgswahrscheinlichkeit nicht vergleichbar mit einer kontrollierten Abschlusssituation im Zentrum. Auf witzige Weise veranschaulicht wurde dieser Sachverhalt durch die Entstehung von Werners Torchance in der 40. Minute, die eigentlich nur deshalb zustande kam, weil Rupps eigentlich für den hinterlaufenden Insua gedachter Pass geblockt wurde und der VfB daraufhin den Angriff weiter durch Zentrum tragen „musste“.
Offensivpräsenz vs Konter in der zweiten Hälfte
Dem Rückstand hinterherlaufend wurde der VfB nach der Pause immer offensiver. Kaum hatte sich der VfB an die Aufholjagd gemacht, folgte jedoch schon der nächste Nackenschlag: Ein Gleichzahlkonter im Anschluss an ein etwas unbalanciertes Stuttgarter Aufrücken besorgte Leverkusen eine komfortable 2:0-Führung. Darauf folgten die üblichen Präsenzwechsel von Kramny: Kravets kam als zweite Spitze, später brachte er Maxim als „Sechser“ für Serey Die. Leverkusen wurde, auch mit der Führung im Rücken, etwas zurückgedrängt und der VfB suchte nun konsequent die noch praller gefüllten vorderen Zonen. Es entstand ein wesentlich schnelleres Spiel als noch vor der Pause mit Wucht und langen Bällen auf der einen und Leverkusener Kontern auf der anderen Seite. Gerade nach dem zweiten Wechsel mit Gentner und Maxim als Nicht-wirklich-Doppelsechs hatte Bayer noch ein paar sehr gute Möglichkeiten im Umschalten. Der VfB konnte zwar durch die extremen Überladungen noch ein paar Angriffe durchziehen, war aber letztlich zu unstrukturiert und simpel, um noch einmal ranzukommen.
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