Sonntag, 8. November 2015

Kurzanalyse: Bayern München - VfB Stuttgart 4:0

Der VfB verliert gegen den Tabellenführer. Mit einer asymmetrischen Mischformation versucht Alex Zorniger die offensiven Möglichkeiten seiner Elf zu forcieren, geht damit gegen gut aufgelegte Bayern jedoch gnadenlos unter.

4-3-3 oder 4-4-2? Beides.


Zu Beginn des Spiels sah alles danach aus, dass der VfB seine Raute mit 4-3-3-Pressing beibehalten würde. Kostic und Werner bildeten eine Linie mit Didavi, während dahinter Klein, Die und Gentner die Mittelfeldreihe bildeten. Das Ganze war als mittelhohes Pressing angelegt.

Allerdings offenbarte diese Herangehensweise direkt Probleme, da der VfB keinen Zugriff auf den Aufbau der Bayern entwickeln konnte. Dazu trug unter anderem der bekanntermaßen für die U23 des VfB viel zu schlechte, für die Bayern-Startelf allerdings gerade so ausreichende Joshua Kimmich seinen Teil bei. Vor dem Spiel hatte Zorniger seine Formationswahl damit erklärt, dass er der Dreierkette des Gegners mit Gleichzahl begegnen wollte. Da sich Kimmich allerdings sehr präzise vor der Schnittstelle Alaba-Boateng bewegte, wurde aus dem erhofften 3-gegen-3 ein 3-gegen-4, das die Gastgeber gut auflösen konnten.

Anschließend suchten sie oft den Weg über die Flügel. Da die Stuttgarter Halbspieler recht herausrückend und ins Zentrum gerichtet agierten, war der Passweg auf den Flügel oft frei. Dort trat Bayern dann mit einer sehr aggressiven doppelten Flügelbesetzung auf, indem sich die beiden Zehner weit nach außen fallen ließen. Da Robben und Coman Insua und Schwaab banden, konnten Müller und Costa anschließend ohne Druck in Angriffssituationen überleiten.

Ein Problem war auch das Abwehrpressing am eigenen Strafraum. Da die Offensivspieler, abgesehen von vereinzelter guter Rückarbeit von Didavi, sich nicht beteiligte, hätten sich die Sechser und Abwehrspieler sehr gut positionieren müssen, um Bayern sauber zu verteidigen. Allerdings gingen die Achter häufig in den Strafraum, während die restlichen Mittelfeldspieler keinen wirklichen Kontakt mehr zueinander hatten und auseinandergerissen wurden. Das sorgte für die eine oder andere brenzlige Situation aus dem Rückraum.

Allerdings hatte der VfB auch ein paar Offensivansätze. Da wegen Bayerns Flügelfokus ein Loch im Zehnerraum war (siehe auch oben in der Formationsgrafik) und die Sechser zu Beginn des Spiels (das heißt vor allem Vidal) erst verzögert nachrückten, hatte der VfB im ersten Moment nach Ballverlust des Gegners Raum. Über den pressingresistenten Die und die spielstarken Verteidiger konnte dann der Konter initiiert und im Optimalfall durch die Schnittstellen von Bayerns offensiv besetzten Dreierkette weitergetragen werden. So entstanden auch ein paar gefährliche Ansätze, die noch deutlich mehr zum Vorschein hätten treten können, wenn das Pressing nicht so schlecht und Balleroberungen nicht dementsprechend selten gewesen wären. Da Bayern dieses Loch bald mit einem höheren Vidal und einem zentraler agierenden Costa schloss, versiegte diese Gefahrenquelle auch relativ schnell. Abgesehen von einer kurzen Phase, in der der VfB zwei hohe Ballgewinne hintereinander verzeichnen konnte, fehlte danach die Grundlage, um selbst nach vorne zu kommen.

Aus dieser überlegenen Phase ging Bayern mit einer Zwei-Tore-Führung heraus. Dem 1:0 ging eine ungeschickt bis planlos ausgeführte Ecke des VfB voraus, während das 2:0 wegen der (allerdings sehr knappen) Abseitsfehlentscheidung auch etwas glücklich war

Zornigers Umstellung


Bereits vor den Toren schien Zorniger eine Planänderung vorgenommen zu haben, denn Kostic ließ sich nun häufiger zu beiden Seiten des Dreiermittelfelds fallen und stellte so eine Art 4-4-1-1 her, das allerdings durch seine inkonsequente Defensivarbeit und sein explosives Aufrücken nach Ballgewinn sehr asymmetrisch daherkam. Es folgte eine chaotische Phase beim VfB, in der nicht klar schien, wer sich wo zu positionieren hatte. So war es teilweise gar Didavi, der sich provisorisch als Flügelspieler betätigte, oder es gab merkwürdige 4-3-2-1-Staffelungen mit Kostic und Didavi als Doppelzehn.

Erst als das 4-4-1-1 nach dieser meinem Eindruck nach etwas arg langen Umstellungsphase klarer hergestellt wurde, fand der VfB zu mehr Stabilität. Phasenweise positionierten sich die beiden Spitzen nun gut nebeneinander und durch die breitere Mittelfeldkette waren die Flügel nicht mehr ganz so offen.

Bayern reagierte darauf, indem sie (auch im Zuge der oben schon erwähnten Rollenveränderung von Costa und Vidal) nun im ersten Aufrücken eher den Weg durchs Zentrum suchten. Das klappte dann recht gut, wenn der VfB wieder unsauber wurde. Beispiele dafür:

  • Kostic schob ab und zu wieder ins 4-3-3 und der einfache Passweg in den Raum hinter ihm konnte vom ebenfalls häufig nicht optimal positionierten Gentner nicht geschlossen werden. Das 3:0 fiel aus einer solchen Situation, wobei das Verwerten dieses Raumes auch eine tolle Doppelpasskombination benötigte.
  • Werner versuchte mehrmals allein ins Pressing zu gehen, während das Mittelfeld tief blieb.
  • Didavi und Werner standen einige Male katastrophal zueinander und ließen den Sechserraum offen, so zum Beispiel bei Bayerns Eröffnung vor dem 4:0.

Fazit


Die grundsätzlich unsauberen defensiven Abläufe und die zwar durchdacht wirkende, aber in der Ausführung und in den Umformungen letztlich zu chaotische Formation waren an diesem Tag nicht genug, um den stark spielenden Bayern etwas entgegenzusetzen. Das Spiel legte diese Probleme deutlich offen und so ging der VfB in der ersten Hälfte, trotz unglücklicher Abseitsentscheidungen, bei 3:23 Schüssen (das ist ein gegnerischer Schuss alle zwei Minuten!), verdient unter.

Es mag sein, dass in der zweiten Hälfte noch interessante Dinge passierten, aber im Rahmen dieser kurzen Analyse belasse ich es bei den spielstandsrelevanten Vorgängen.

4 Kommentare:

  1. Die Kompaktheit in eigenen Drittel gibt einem echt zu denken mit dem Verhalten der Mittelfeldspieler. Zu oft lassen die den Raum vor dem Strafraum unbesetzt, während im Strafraum selber zu viele sich tummeln (und trotzdem wenig hinbekommen), frag mich langsam, weshalb Zorniger da entgegenarbeitet, da dass schon seit langem der Fall ist.

    Auch war gestern das Verhalten nach zweiten Bällen problematisch. Wie vor dem 4:0, da können die Bayern zwei solche Bälle direkt im Fünfer sich holen. Sowas geht nicht, erst recht nicht gegen Bayern.

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  2. Man sollte ernsthaft mal probieren, wieder mit Libero zu spielen. Man sieht das so oft, daß die Mannschaften von schnellen Spielern überlaufen werden, Hier abzusichern, was soll daran verkehrt sein? Das mag "alt" sein, aber wenn sonst nichts funktioniert? Beispiel: gestern das zweite Tor von Hertha gegen Hannover, wäre da ein Libero konsequent in der eigenen Hälfte geblieben, wäre das Tor nie gefallen.

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  3. Es ist zum Haare raufen, wenn jetzt in den Medien wieder gesprochen wird von Zorniger habe zu viel gewollt mit der offensiven Spielweise. Dafür, dass lediglich das 2:0 (und das war Abseits) aufs Konto einer zu hohen Abwehrkette geht, dafür interessiert sich niemand. Frag mich, ob den Spielern langsam die Köpfe gewaschen werden durch die ganze Medienberichte, so wie sich Gentner und Werner äußerten.

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    1. Naja, man die Aussagen auch so interpretieren, dass die Mannschaft nicht in der Lage war, die taktischen Anweisungen des Trainers nicht umzusetzen. Gerade vor dem 1:0 wollte Zorniger wohl den Eckball nicht so ausgeführt sehen. Ist aber irgendwo auch verständlich, die Mannschaft tut sich ja immer noch schwer, das Grundkonzept auf den Platz zu bringen, da sind Feinjustierungen wie zusätzliche Absicherungen momentan wohl noch nicht drin.

      Unterm Strich muss man aber sagen, dass die Mannschaft in einem Entwicklungsprozess ist, und da gehört es eben auch dazu, dass man mal eine Klatsche bekommt, um daraus dann zu lernen. Als Vergleich dazu Frankfurt letzte Woche: Die haben mit Glück und Hilfe des Schiedsrichters einen Punkt geholt, aber hat das die Mannschaft weitergebracht? Denke nicht, aber das ist auch gar nicht der Anspruch unter Veh, die wollen sich einfach weiter so durchwurschteln. Da ist mir eine langfristige Perspektive mit einem klaren Konzept allemal lieber. Und der eine Punkt gegen die Bayern wird uns am Ende auch nicht wehtun.

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